Behandelter Abschnitt 2. Mose 11,1-8
Der Tod der Erstgeburt
Gott aber beantwortet alle stolzen Überlegungen des Menschen und macht hochmütige menschliche Pläne zunichte. Er hat über die Natur, selbst in ihren besten Formen, das Todesurteil geschrieben. Es ist den Menschen gesetzt, einmal zu sterben (Heb 9,27). Niemand kann diesem Urteil entrinnen. Der Mensch mag mit allen Mitteln versuchen, seine Erniedrigung zu verbergen, seine Todverfallenheit durch Heldenmut zu verdecken und die letzten demütigenden Tage seiner Laufbahn mit ehrenvollen Titeln zu belegen; er mag sich anstrengen, das Sterbebett mit einem falschen Schimmer zu umgeben, die Bestattung und das Grab so aufwendig und wirkungsvoll wie möglich zu gestalten; er mag über dem verwesenden Leichnam ein Denkmal errichten und die Tugenden des Verstorbenen in goldenen Buchstaben darin eingraben lassen – und doch vermag nichts etwas anderes aus dem Tod zu machen, als was er ist: „der Lohn der Sünde“ (Röm 6,23).
Die Eingangsworte des 11. Kapitels haben diese Gedanken mit sich gebracht. „Noch eine Plage!“, sagt der Herr. Damit war das Todesurteil über die Erstgeborenen Ägyptens, über „die Erstlinge all ihrer Kraft“ (Ps 105,36) besiegelt. „Und Mose sprach: So spricht der Herr: Um Mitternacht will ich ausgehen mitten durch Ägypten; und alle Erstgeburt im Land Ägypten soll sterben, vom Erstgeborenen des Pharaos, der auf seinem Thron sitzt, bis zum Erstgeborenen der Magd, die hinter der Mühle ist, und alle Erstgeburt des Viehs. Und es wird ein großes Geschrei sein im ganzen Land Ägypten, wie nie gewesen ist und wie nicht mehr sein wird“ (Kap. 11,4–6). Das sollte die Schlussplage sein: der Tod in jedem Haus! „Aber gegen alle Kinder Israel wird nicht ein Hund seine Zunge spitzen, weder gegen Menschen noch gegen Vieh; damit ihr wisst, dass der Herr einen Unterschied macht zwischen den Ägyptern und den Israeliten“ (V. 7).
Nur der Herr kann einen Unterschied machen zwischen denen, die sein sind, und denen, die es nicht sind. Es geziemt uns nicht, zu irgendjemandem zu sagen: „Bleib für dich und nahe mir nicht, denn ich bin heilig“ (Jes 65,5). Das wäre die Sprache eines Pharisäers. Aber wenn Gott „einen Unterschied macht“, so ist es unsere Pflicht, zu untersuchen, worin dieser Unterschied besteht; und in dem vorliegenden Fall sehen wir, dass es sich um den Gegensatz von Leben und Tod handelte. Das ist der große Unterschied, den Gott macht. Er zieht eine Grenzlinie; auf der einen Seite dieser Linie ist das Leben, auf der anderen der Tod. Viele der Erstgeborenen Ägyptens mochten ebenso schön oder vielleicht noch sympathischer sein als diejenigen von Israel; aber Israel besaß Leben und Licht, und zwar aufgrund der erlösenden Liebe Gottes und bestätigt durch das Blut des Lammes. Das war die gesegnete Stellung Israels, während man in ganz Ägypten, von dem Fürsten auf dem Thron bis zu der Magd hinter der Mühle, nur Tod und Verzweiflung sehen konnte.
Gott kann den stolzen Geist des Menschen in den Staub beugen. Er kann bewirken, dass der Grimm des Menschen ihn preist; und mit dem Rest des Grimms gürtet Er sich (Ps 76,11). „Und alle diese deine Knechte werden zu mir herabkommen und sich vor mir niederbeugen und sagen: Zieh aus, du und alles Volk, das dir folgt! Und danach werde ich ausziehen“ (V. 8). Gott wird seine Ratschlüsse erfüllen. Seine Gnadenabsichten müssen um jeden Preis ausgeführt werden; und wer sich ihm widersetzt, wird beschämt werden. „Preist den Herrn! Denn er ist gut, denn seine Güte währt ewig . . . den, der Ägypten schlug an seinen Erstgeborenen, denn seine Güte währt ewig, und Israel herausführte aus ihrer Mitte, denn seine Güte währt ewig, mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm, denn seine Güte währt ewig!“ (Ps 136,1.10-12).