Behandelter Abschnitt 2Kor 2-3
Im 2. Kapitel geht Paulus noch ein wenig weiter auf dieses Thema ein und zeigt seine tiefe Herzensangst ihretwegen. Wir können uns leicht vorstellen, was eine offene Tür zur Evangelisation für einen großen Prediger des Evangeliums sowie einen Apostel und Lehrer der Nationen bedeutete. Obwohl sich Paulus eine solche Gelegenheit bot und zweifellos ein starker Anreiz für sein Wirksamwerden dort war, fand er doch keine Ruhe in seinem Geist (V. 12-13). Sein Herz war beunruhigt wegen des Zustands in Korinth und jener Angelegenheit in der Mitte der Korinther, die ihm am meisten Sorgen machte. Es scheint so, als könnte er an nichts anderes denken, als gäbe es für ihn keinen dringenden Ruf in andere Gegenden, um dort zu arbeiten. Er war bereit, sich von jenem ermutigenden Werk abzuwenden, das jedem Arbeiter in dieser Welt unmittelbaren Lohn versprach. Wie kostbar auch immer die Verkündigung Christi an solche, die Ihn nicht kennen, und das Wahrnehmen der Offenbarung der Herrlichkeit Christi in denen, die Ihn erkennen, ist eine Wiederherstellung dieser Herrlichkeit dort, wo sie verdunkelt wurde, stand dem Herzen des Apostel Paulus um einiges näher. Das eine führte zweifellos zu großer Freude für elende Seelen und zum Ausbreiten der Herrlichkeit des Herrn in die Gegenden in weiter Ferne.
Aber hier wurde die Herrlichkeit des Herrn in Personen befleckt, die seinen Namen vor den Menschen trugen. Musste Paulus dies nicht tief empfinden? Was lag so dringend auf ihm? Folglich konnten weder die Anziehungskraft des Evangelisationsdienstes, noch ein verheißungsvolles und wunderbar schönes Werk, welches ihn anderswohin rief, ablenken. Er fühlte tiefste Herzensangst bezüglich der Gläubigen, wie er hier sagt, und fand keine Ruhe in seinem Geist, weil er Titus, seinen Bruder, nicht vorfand, welchen er gebeten hatte, nach ihnen zu sehen.
Außerdem lag auf ihm neben den besonderen Umständen, die sein Gemüt am meisten bedrückten, noch die beträchtliche Sorge um den Mann, den sie auf seine Anweisung hinausgetan hatten. Dazu hatte er von Gott Autorität empfangen; und die Verantwortung, ebenso zu handeln, bleibt, wie ich kaum sagen muss, in ihrer Ganzheit auch für uns bestehen. Wir befinden uns keinesfalls weniger unter jener Autorität als die Korinther damals. Aber nun hatte Gott in dem Mann, welcher der hauptsächliche und anstößigste Beweis von der Macht Satans in der Versammlung war, gewirkt. Welch ein Trost für des Apostels Herz!
Diese Sünde, welche selbst unter den Heiden unbekannt war und die sich als umso schandbarer erwies, weil sie dort auftrat, wo der Name des Herrn Jesus bekannt wurde und der Geist Gottes wohnte, gab Gelegenheit für die heilsamsten Belehrungen für die Seelen aller Gläubigen in Korinth. Denn letztere hatten gelernt, was sich für die Versammlung Gottes unter solch demütigenden Umständen geziemte. Sie hatten jener ernsten Pflicht entsprochen, die ihnen im Namen des Herrn auferlegt worden war, und den üblen Sauerteig aus der Mitte ihrer Passahfeier ausgefegt. Aber jetzt kam die Gefahr von der gesetzlichen Seite. Sie neigten dazu, genauso überstreng zu werden, wie sie früher lasch und empfindungslos waren.
Paulus wollte ihnen denselben Geist der Gnade gegen den bußfertigen Sünder einflößen, der ihn selbst erfüllte. Sie hatten sich schließlich vergegenwärtigt, welche Schande der Herrlichkeit des Herrn zugefügt worden war, und ärgerten sich über sich selbst, dass sie als Gemeinschaft, ohne von ihnen persönlich zu sprechen, seinen Namen mit einem solchen Anstoß in Verbindung gebracht hatten. Sie waren folglich langsam darin, jenem Mann, der dieses Böse verübt hatte, zu vergeben. Satan suchte sie jetzt auf entgegengesetzte Weise im Herzen von dem gesegneten Apostel zu trennen, der nach ihrem viel zu langen Schlummer wieder rechtmäßige Gefühle in ihnen geweckt hatte. So wie Paulus anfangs entsetzt war über ihre Unempfindlichkeit gegen die Sünde, so konnte er auch jetzt unmöglich unbetroffen bleiben, als ihre Seelen in Gefahr standen, nicht weniger bezüglich der Gnade zu versagen wie damals hinsichtlich der Gerechtigkeit. Nichts kann so sehr die Gnade hervorrufen, wie eine Offenbarung der Gnade; und Paulus offenbart ihnen seine eigenen Gefühle, und zwar nicht nur betreffs des Übeltäters, sondern auch ihrer selbst.
„Wem ihr aber etwas vergebet, dem vergebe auch ich; denn auch ich, was ich vergeben, wenn ich etwas vergeben habe, habe ich um euretwillen vergeben in der Person Christi, auf daß wir nicht vom Satan übervorteilt werden; denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt“ (V. 10-11).
So war sein Geist. Er spricht nicht länger ein Gebot aus, sondern sein Vertrauen auf die Erlösten. Wenn wir an das denken, was später in diesem Brief zutage tritt und immer noch unter ihnen wirkte sowie unter ihnen gewirkt hatte, sind diese Worte sicherlich ein gesegneter und schöner Beweis von der Wirklichkeit der Gnade. Sie zeigen die Wirkungen, welche letztere in dem Herzen eines Gläubigen hienieden hervorrufen können wie sie es ja auch an dieser Stelle getan haben. Was verdanken wir nicht alles Jesus!
Nachdem er diese Angelegenheit zunächst einmal erledigt hatte (denn er kommt später darauf zurück), wendet Paulus sich der Weise zu, wie er von Gott durch Prüfungen welcher Art auch immer geführt wurde. Handle es sich um das Problem jenes Mannes, der sich so weit verirrt hatte und jetzt wirklich für den Herrn wiederhergestellt war, sodass seine Brüder an ihm wieder öffentlich ihre Liebe betätigen sollten - handle es sich um das Abwenden von seiner Evangelistenarbeit aus Angst um ihretwillen er berichtet ihnen nun von dem Triumph, den der Herr überall durch ihn feierte.