„Habet Glauben an Gott“ (V. 22).
Der Ausdruck ist hier betonter als im Matthäusevangelium, und er ist auch von der schwerwiegendsten Bedeutung für die Knechte Gottes angesichts der Schuld und dem Verderben dessen, was sehr schön erschien, beziehungsweise unter den Menschen am höchsten eingeschätzt wurde. Der Feigenbaum versinnbildlichte das Volk in seiner religiösen Anmaßung, welches jetzt offensichtlich völlig wertlos war und darum von Dem gerichtet wurde, der dazu das Recht hatte und hat. Der „Berg“ (vgl. V. 20–24) soll wohl eher ihren „Ort als auch [ihre] Nation“ (Joh 11,48) kennzeichnen, für welche die Juden in ihrem Unglauben sich große Mühe gaben, um sie unter römischer Schutzherrschaft zu halten („Wir haben keinen König, als nur den Kaiser“; Joh 19,15). In jüdischen Augen stand der „Berg“ fest; für den Glauben der Jünger war er verflucht und sollte bald gewaltsam aufgehoben werden und im See der Nationen verschwinden.20 Das ist die ausdrückliche Wirkungskraft des Glaubens. Eine andere Voraussetzung für diese Wirkungskraft, die allerdings auch vom Glauben bewirkt wird, liegt in dem Geist eines gnädigen Vergebens gegen jeden, der uns Unrecht getan oder sich auf andere Weise gegen uns vergangen hat (V. 25–26). Im Matthäusevangelium findet diese Wahrheit ihren Platz in der Bergpredigt und dort insbesondere in dem Gebet. Der Gegensatz dazu, die Vergeltung, erscheint im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht (Mt 18-23-34). Im Lukasevangelium wird dieser Grundsatz auf eine andere Weise ausgedrückt.
Der nächste Besuch in Jerusalem (V. 27–33) konfrontierte den Herrn, als Er im Tempel umging, mit den Hohenpriestern, den Schriftgelehrten und den Ältesten, die Ihn fragten, in welchem Recht Er diese Dinge tue und wer Ihm das Recht gegeben habe. Jesus verpflichtete sich, über seine Autorität zu reden, wenn sie seine Frage bezüglich der Taufe Johannes‘ beantworten würden. War sie vom Himmel oder von Menschen? Das war ein Appell an das Gewissen. Doch sie hatten kein Gewissen (außer einem schlechten). Es zog sich sofort hinter Vorbehalte zurück aus Furcht, sich bloßzustellen, und fürchtete sich nicht, mit Gott und Menschen zu spielen. Denn sie überlegten miteinander, dass sie Johannes‘ Zeugnis über Jesus annehmen müssten, wenn sie die Taufe des Johannes als vom Himmel kommend anerkannten. Andererseits, wenn sie darauf bestanden, dass sie von Menschen war, verscherzten sie die Gunst des Volkes, weil Johannes allgemein für einen Propheten gehalten wurde. Sie zogen es deshalb vor, sich hinter einer scheinbar klugen Unwissenheit zu verstecken.
Wer waren sie also, um die Autorität Jesu zu bezweifeln? Wenn die einzige Antwort lautete: Fortsetzung siehe Mk 11,33
20 Der „Textus Receptus“ ist keineswegs korrekt. Der Sinaiticus und andere MSS. geben: „Wenn ihr Glauben an Gott habt, wahrlich . . . “ Doch unabhängig davon, sollte der Schluss von Vers 23, wie ich denke, folgendermaßen lauten: „ . . . sondern glauben, dass es geschieht, was er sagt, dem wird [es] werden.“ (Anm. d. Übers.: vgl. auch die überarbeitete Fassung des Neuen Testamentes der Elberfelder Übersetzung von 1996). Und Vers 24 sollte lauten: „Darum sage ich euch: Alles, um was irgend ihr betet und bittet – glaubt, dass ihr es empfangt [vgl. Fußnote in unserer Bibel!; Übs.], und es wird euch werden“ (W. K).↩︎