Behandelter Abschnitt Mk 10,2-9
Unser Herr begann jetzt seine letzte Reise, indem Er Galiläa verließ und in das Gebiet von Juda und jenseits des Jordan ging. Wenn Volksmengen Ihn besuchten, lehrte Er sie weiterhin, wie Er es bisher getan hatte. Und sein Lehren war voll sittlicher Bedeutung und göttlichem Licht. Mögen unsere Seelen seine Lehren gut beherzigen! Wir neigen dazu, einseitig zu sein. Wenn wir die besonderen Offenbarungen der Gnade Gottes in Besitz nehmen, neigen wir leicht dazu, die großen und unwandelbaren Grundsätze von gut und böse zu übersehen, zu vernachlässigen oder abzuschwächen. Andererseits, wenn wir das festhalten, was vom Anfang bis zum Ende gültig bleibt, besteht die große Gefahr, dass wir für Gottes unumschränkte Handlungsweise zu bestimmten Zeiten keinen angemessenen Raum lassen. In Christus, der Wahrheit, war das niemals so. Alle Wege Gottes hatten ihren passenden Platz. Nichts wurde zugunsten eines anderen geopfert. Dabei wurden auch keineswegs ihre Unterschiede einfach ausgeglichen. Sogar in Gott, wo alles vollkommen und harmonisch ist, haben nicht alle Eigenschaften den gleichen Platz; es gibt auch solche, die besonders hervorscheinen. Jesus, der Sohn und Knecht Gottes, hielt auf allen Seiten angesichts von Sünde und Verwirrung die Wahrheit Gottes aufrecht.
Zunächst verteidigte Er entsprechend dem ungeschwächten Licht und der zarten Güte Gottes das Eheverhältnis. Die Heirat ist der bedeutsamste Schritt im menschlichen Leben und die Säule des sozialen Gefüges. Wie dankbar sollten wir sein, dass der Herr der Herrlichkeit auf seinem Weg durch diese Welt dazu etwas sagte! Das Bedürfnis war groß. Selbst im heiligen Land unter solchen, die heftig für ihre persönliche Heiligkeit eintraten und das Gesetz Gottes vor ihren Augen hatten und seine richtig oder falsch ausgelegten Vorschriften ständig auf ihren Zungen führten – wie niedrig und locker war ihre Theorie, wie selbstsüchtig ihre Praxis!
Der Herr befand sich auf seinem Botengang der Liebe mit seinen ewigen Folgen. Und dennoch wollte Er auf seinem Weg innehalten, um das Licht des Himmels über die Wege der finster verschlagenen Menschen zu werfen und um sie an die Erschaffung des Menschen durch Gott zu erinnern. Er tat es mit gleicher Sorgfalt, wie Er den Schleier wegnahm, welcher die Jünger daran hinderte zu sehen, wie Er, der Gott war, sterben würde.
„Und es traten Pharisäer herzu und fragten ihn, um ihn zu versuchen: Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau zu entlassen? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Was hat euch Mose geboten? Sie aber sagten: Mose hat gestattet, einen Scheidebrief zu schreiben und zu entlassen. Jesus aber sprach zu ihnen: Wegen eurer Herzenshärte hat er euch dieses Gebot geschrieben; von Anfang der Schöpfung an aber machte [Gott] sie als Mann und Frau. „Deswegen wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein“; also sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“ (V. 2–9).
Allein schon die Ausführungen der Geschichtsforscher oder die Untersuchungen gelehrter Männer in den hinterlassenen rabbinischen Werken verraten die maßlose Leichtfertigkeit der Juden in Bezug auf die Ehe. Die wahren Verpflichtungen dieses Bandes waren unbekannt und die Stellung einer Ehefrau war nicht sicherer – falls überhaupt – als die eines Dienstboten. Er fragte, was Mose geboten hatte; sie antworteten, was Moses gestattete. Daraufhin zeigte unser Herr, wie offensichtlich Mose wegen ihrer Herzenshärtigkeit so schrieb.
Wahrhaftig, das Gesetz machte nichts vollkommen. Nicht nur das Evangelium, sondern auch der Anfang der Schöpfung legte Zeugnis von den wahren Gedanken Gottes ab, welcher den Menschen als Mann und Frau erschuf. Wie bewundernswert wandte der Herr sowohl die Ereignisse von 1. Mose 1 als auch die Worte von 1. Mose 2,24 auf den Fall an!
Alle anderen natürlichen Verpflichtungen, selbst die eines Kindes, müssen weichen, wie ihr eigener Pentateuch, die fünf Bücher Mose, dem Grundsatz nach bewies sowie auch die ganze Menschheitsgeschichte. Und von Anfang an war dieses neue Verwandtschaftsverhältnis unauflösbar. Sie waren nicht länger mehr zwei, sondern ein Fleisch, auch wenn sie im Geist nicht verwandt waren. Das war nicht einfach die Sprache Adams, sondern vor allem die Tat Gottes. Und wenn Er vereint, darf der Mensch nicht scheiden. So entfaltete der Herr glänzend und schön denen das Gesetz, die Nutzen aus dem zogen, was Gott für eine Zeitperiode erlaubt hatte. Die Gnade und die Wahrheit verschönern immer alles, was der gesetzliche Geist auf der einen Seite zu Selbstgerechtigkeit oder auf der anderen zu Hemmungslosigkeit verdirbt.
Im Haus, wie uns nur Markus hier berichtet, gab der Herr den Jüngern die nachdrückliche Antwort:(Fortsetzung siehe Mk 10,11)