Behandelter Abschnitt 2Kor 9
Noch einmal gibt hier der Apostel von der Bereitwilligkeit der Korinther Zeugnis und benutzt dasselbe, sie jetzt zu einer umso größeren Freigebigkeit zu ermuntern. Er hatte dieselbe schon früher bei den Mazedoniern gerühmt und dadurch viele zur eifrigen Nachahmung gereizt (Verse 1-2). Jetzt sendet er die Brüder voraus, um alles vorzubereiten, damit nicht, wenn er mit den Mazedoniern zu ihnen komme, sein Ruhm über sie zunichte gemacht würde, oder sie selbst in Betreff der an ihnen gepriesenen Freigebigkeit beschämt daständen. Der von ihnen im Voraus angekündigte Segen konnte dann wirklich als ein Segen zum Lob und zur Verherrlichung Gottes ausschlagen, und nicht als ein Zeugnis ihres Geizes (Verse 3-5). Zudem steht es aber auch unumstößlich fest: „Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten“ (Vers 6). So ist es im Natürlichen, so ist es auch im Geistlichen.
Hier ist die Zeit der Aussaat, dort die Ernte, und wir haben das gesegnete Vorrecht, das Irdische so verwenden zu können, dass wir droben das Himmlische dafür ernten. Was werden aber jene ernten, welche die irdischen Güter für sich benutzt haben, um sich die Wüste zu versüßen, das Leben hienieden bequem und angenehm zu machen und die Fremdlingschaft zu vergessen? Ach, das Wort selbst gibt eine ernste und feierliche Antwort: „Wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleisch Verderben ernten“ (Gal 6,8). „Ein jeder“, fährt der Apostel in Betreff des Mitteilens fort, „wie er sich in seinem Herzen vorsetzt, nicht mit Verdruss oder aus Zwang“, nicht weil er dazu genötigt wird, oder mit einem unzufriedenen, murrenden Herzen, nicht um dem Urteil der Menschen zu entgehen, oder aus bloßem Pflichtgefühl, um sein Gewissen zu beruhigen, sondern in glücklicher Freiheit des Herzens; „denn einen fröhlichen Geber bat Gott lieb“ (Vers 7).
Zum Schluss empfiehlt der Apostel die Korinther der reichen Güte Gottes: „Gott aber ist mächtig, jede Gnade gegen euch überströmen zu lassen, damit ihr in allem, allezeit alle Genüge habend, überströmend seid zu jedem guten Werk“ (Vers 8). Gott gibt nicht kärglich; auch fehlt es Ihm weder an Liebe, noch an Macht, um die Seinigen mit der Fülle Seiner Segnungen zu überschütten. Er kann sie in Umstände versetzen, um ihre guten Werke zu vervielfältigen und sie selbst zu aller Freigebigkeit reich zu machen. Nur da, wo der Unglaube im Herzen wirkt, blickt man auf sich, berechnet den Verlust und befürchtet den eigenen Mangel; aber der Glaube ruht auf Gott und nimmt aus Seiner reichen, nie sich vermindernden Schatzkammer allerlei Gaben und teilt aus mit fröhlichem und dankbarem Herzen. Wandelnd in den Fußstapfen des Christus, handelt der Glaubende gottgemäß; denn von Ihm steht geschrieben: „Er hat ausgestreut, Er hat den Armen gegeben. Seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit“ (Vers 9, Psalm 112,9). Er, der den Samen darreicht dem Sämann und das Gedeihen der Frucht, d. h. Brot zur Speise gibt, gewährt auch den Samen für jene, die im Glauben säen, vermehrt ihn sogar und vervielfältigt den Ertrag ihrer Gerechtigkeit, die Frucht ihrer praktischen Gerechtigkeit oder ihrer guten Werke, indem sie von Ihm auf alle Weise zu aller Freigebigkeit reich gemacht worden sind (Verse 10-11). Ach, wie arm und eng erscheint das menschliche Herz im Blick auf die unerschöpfliche Quelle, diese Fülle der Reichtümer Gottes, die der Apostel hier dem Auge des Glaubens eröffnet! Und Gott will uns zu Spendern Seiner Segnungen machen. Seine Liebe ladet uns ein, zu nehmen und auszuteilen; und je mehr wir zu empfangen und mitzuteilen verstehen, desto mehr will Er darreichen! Welch ein gesegnetes Vorrecht! O, möchten wir es doch besser zu würdigen verstehen!
Durch jene Bereitwilligkeit und Freigebigkeit betreffs der irdischen Güter wurden aber noch andere gesegnete Früchte hervorgebracht: „welche durch uns“, d. h. durch das Mittel des apostolischen Dienstes in dieser Sache, „Gott Danksagung bewirkt. Denn die Bedienung dieses Dienstes ist nicht nur eine Erfüllung des Mangels der Heiligen, sondern ist auch überströmend durch viele Danksagungen gegen Gott“ (Verse11-12). Die gesegnete Wirkung ihrer praktischen Liebe, ausgeübt im Namen Jesu, ersetzte nicht nur den Mangel der Heiligen in Judäa, sondern erfüllte auch deren Herzen mit Lob und Dank gegen Gott, indem sie sahen, dass ihre Wohltäter dahin gebracht waren, den Namen des Christus zu bekennen und ihr Bekenntnis mit Unterwürfigkeit des Herzens unter Sein Evangelium in einer tätigen Liebe und Freigebigkeit an den Tag zu legen (Vers 13).
Und dieser Gedanke erweckte zugleich in ihnen das herzliche Verlangen, jene zu sehen und für sie zu beten, jene, die mit so aufopfernder Liebe für ihre Bedürfnisse Fürsorge trugen und an denen sich die überschwängliche Gnade Gottes so reichlich erwiesen hatte (Vers 14). Auf diese Weise wurde das Band der innigen Liebe auf beiden Seiten befestigt und Gott alle Ehre gegeben. Die, welche mitteilten, taten es um des Herrn willen und verherrlichten Seinen Namen, und die, welche empfingen, erkannten darin des Herrn Güte und Gnadenwirkungen und strömten gegen Ihn über in Lob und Dank. Welch eine Fülle von Segnungen entspringt aus den an und für sich so wertlosen, vergänglichen Dingen, wenn sie als Gottes Gaben betrachtet und zu Seiner Verherrlichung benutzt werden! Und es handelt sich dabei, wie wir gesehen haben, nicht um die Größe der Gaben, sondern um das Herz des Gebers. Gesegnet alle, die Glauben und Liebe genug haben, hierin gottgemäß zu handeln! Was aber auch immer die ganze Frucht der Gnade sein mag, wir finden ihren Beweis und ihre Macht in dem, was Gott gegeben hat, und haben deshalb alle Ursache, mit dem Apostel auf die Quelle aller Gnade zurückzublicken und auszurufen: „Gott aber sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!“