Schlachter 1951
Versliste
Ruft nicht die Weisheit laut, und läßt nicht die Klugheit ihre Stimme vernehmen?
Oben auf den Höhen, draußen auf dem Wege, mitten auf den Straßen hat sie sich aufgestellt;
zur Seite der Tore, am Ausgang der Stadt, beim Eingang der Pforten ruft sie laut:
An euch, ihr Männer, ergeht mein Ruf, und meine Stimme an die Menschenkinder!
Ihr Einfältigen, werdet klug, und ihr Toren, brauchet den Verstand!
Die ergriff und küßte ihn, und mit unverschämter Miene sprach sie zu ihm:
»Ich war ein Dankopfer schuldig, heute habe ich meine Gelübde bezahlt;
darum bin ich ausgegangen dir entgegen, um eifrig dein Angesicht zu suchen, und ich fand dich auch!
Ich habe mein Lager mit Teppichen gepolstert, mit bunten Decken von ägyptischem Garn;
ich habe mein Bett besprengt mit Myrrhe, Aloe und Zimt.
Komm, wir wollen der Liebe genießen bis zum Morgen, uns an Liebkosungen ergötzen!
Denn der Mann ist nicht zu Hause, er hat eine weite Reise angetreten,
er hat den Geldbeutel mitgenommen und kommt erst am Tage des Vollmonds wieder heim.«
Durch ihr eifriges Zureden machte sie ihn geneigt und bewog ihn mit ihren glatten Worten,
so daß er ihr plötzlich nachlief, wie ein Ochse zur Schlachtbank geht und wie ein Gefesselter zum Narrenhaus
(bis ihm der Pfeil die Leber spaltet), wie ein Vogel ins Netz hinein fliegt und nicht weiß, daß es ihn sein Leben kostet!
Die Weisheit ruft draußen laut, öffentlich läßt sie ihre Stimme hören;
im ärgsten Straßenlärm schreit sie, an den Pforten der Stadttore hält sie ihre Reden:
Wie lange wollt ihr Einfältigen die Einfalt lieben und ihr Spötter Lust am Spotten haben und ihr Toren Erkenntnis hassen?
Mein Sohn, bewahre meine Rede und birg meine Gebote in dir!
Beobachte meine Gebote, so wirst du leben, und bewahre meine Lehre wie einen Augapfel!
Binde sie an deine Finger, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens!
Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester! und sage zum Verstand: Du bist mein Vertrauter!
daß du bewahrt bleibest vor dem fremden Weibe, vor der Buhlerin, die glatte Worte gibt!
Denn als ich am Fenster meines Hauses durch das Gitter guckte
und die Einfältigen beobachtete, bemerkte ich unter den Söhnen einen unverständigen Jüngling.
Der strich auf der Gasse herum, nicht weit von ihrem Winkel, und betrat den Weg zu ihrem Haus
in der Dämmerung, beim Einbruch der Nacht, da es dunkelte.
Siehe, da lief ihm ein Weib entgegen im Hurenschmuck und verschmitzten Herzens,
frech und zügellos. Ihre Füße können nicht zu Hause bleiben;
bald auf der Straße, bald auf den Plätzen, an allen Ecken lauert sie.
Die ergriff und küßte ihn, und mit unverschämter Miene sprach sie zu ihm:
»Ich war ein Dankopfer schuldig, heute habe ich meine Gelübde bezahlt;
darum bin ich ausgegangen dir entgegen, um eifrig dein Angesicht zu suchen, und ich fand dich auch!
Ich habe mein Lager mit Teppichen gepolstert, mit bunten Decken von ägyptischem Garn;
ich habe mein Bett besprengt mit Myrrhe, Aloe und Zimt.
Komm, wir wollen der Liebe genießen bis zum Morgen, uns an Liebkosungen ergötzen!
Denn der Mann ist nicht zu Hause, er hat eine weite Reise angetreten,
er hat den Geldbeutel mitgenommen und kommt erst am Tage des Vollmonds wieder heim.«
Durch ihr eifriges Zureden machte sie ihn geneigt und bewog ihn mit ihren glatten Worten,
so daß er ihr plötzlich nachlief, wie ein Ochse zur Schlachtbank geht und wie ein Gefesselter zum Narrenhaus
(bis ihm der Pfeil die Leber spaltet), wie ein Vogel ins Netz hinein fliegt und nicht weiß, daß es ihn sein Leben kostet!
So schenkt mir nun Gehör, ihr Söhne, und merkt auf die Reden meines Mundes!
Dein Herz neige sich nicht ihren Wegen zu, und verirre dich nicht auf ihre Pfade;
denn sie hat viele verwundet und zu Fall gebracht, und gewaltig ist die Zahl ihrer Opfer.
Wege zur Unterwelt sind ihr Haus, führen hinab zu den Kammern des Todes!
Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung!