So frage ich nun: Hat Gott sein Volk etwa verstoßen? (Ps 94,14) Keineswegs! Ich bin doch auch ein Israelit, aus Abrahams Nachkommenschaft, aus dem Stamme Benjamin.
Nein, Gott hat sein Volk, das er zuvor ersehen (= sich von Anfang an zum Eigentum erwählt) hat, nicht verstoßen. Oder wisst ihr nicht, was die Schrift bei (der Erzählung von) Elia sagt, als dieser vor Gott gegen Israel mit der Klage auftritt (1.Kön 19,10.14):
„Herr, deine Propheten haben sie getötet, deine Altäre niedergerissen; ich bin allein übriggeblieben, und nun trachten sie mir nach dem Leben“?
Aber wie lautet da die göttliche Antwort an ihn? „Ich habe mir noch siebentausend Männer übrigbehalten, die ihre Knie vor Baal nicht gebeugt haben.“ (1.Kön 19,18)
Ebenso ist nun auch in unserer Zeit ein Rest nach der göttlichen Gnadenauswahl vorhanden.
Ist er aber durch Gnade (ausgesondert), so ist er es nicht mehr aufgrund von Werken; sonst würde ja die Gnade keine Gnade mehr sein.
Wie steht es also? Was Israel erstrebt, das hat es (in seiner Gesamtheit) nicht erreicht; der auserwählte Teil aber hat es erreicht; die übrigen dagegen sind verstockt worden,
wie geschrieben steht (Jes 29,10; 5.Mose 29,3): „Gott hat ihnen den Geist der Betäubung (= Unempfänglichkeit) gegeben, Augen des Nichtsehens (= um nicht zu sehen) und Ohren des Nichthörens (= um nicht zu hören), bis auf den heutigen Tag.“
Und David sagt (Ps 69,23-24): „Möge ihr Tisch ihnen zur Schlinge und zum Fangnetz werden, zum Fallstrick und zur Vergeltung!
Ihre Augen sollen verfinstert werden, damit sie nicht sehen, und den Rücken beuge ihnen für immer!“
So frage ich nun: Sind sie etwa deshalb gestrauchelt, damit sie zu Fall kommen (= ins Verderben fallen) sollten? Keineswegs! Vielmehr ist infolge ihrer Verfehlung das Heil den Heiden zuteil geworden; das soll sie (d.h. die Juden) wiederum zur Nacheiferung reizen.
Wenn aber schon ihre Verfehlung ein reicher Segen für die Menschheit und ihr Zurückbleiben ein reicher Segen für die Heiden geworden ist, um wieviel segensreicher wird (dann erst) ihre Vollzahl (oder: ihr vollzähliges Eingehen) sein!
Euch Heiden(christen) aber sage ich: Gerade weil ich Heidenapostel bin, tue ich meinem Dienst um so größere Ehre an,
(wenn ich bemüht bin) ob ich vielleicht meine Volksgenossen zur Nacheiferung zu reizen und (wenigstens) einige von ihnen zu retten vermag.
Denn wenn schon ihre Verwerfung zur Versöhnung der Welt geführt hat, was wird da ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten?
Wenn aber das Erstlingsbrot (d.h. die Erstlingsgabe vom Teig) heilig ist (4.Mose 15,19-21), so ist es auch die (ganze übrige) Teigmasse; und wenn die Wurzel heilig ist, so sind es auch die Zweige.
Wenn nun aber einige von den Zweigen herausgebrochen worden sind und du, der du ein wilder Ölbaum(zweig) warst, unter sie eingepfropft worden bist und dadurch Anteil an der Wurzel, die dem Ölbaum die Fettigkeit schafft, erhalten hast,
so rühme (oder: überhebe) dich deswegen nicht gegen die (anderen) Zweige! Tust du es dennoch (so bedenke wohl): nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.
Du wirst nun einwenden: „Es sind ja doch Zweige ausgebrochen worden, weil ich eingepfropft werden sollte.“
Ganz recht! Infolge ihres Unglaubens sind sie ausgebrochen worden, und du stehst infolge deines Glaubens (an ihrer Stelle). Sei nicht hochmütig, sondern sei auf deiner Hut!
Denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat, so wird er auch dich nicht verschonen.
Darum beachte wohl die Güte, aber auch die Strenge Gottes: seine Strenge gegen die Gefallenen, dagegen die Güte Gottes gegen dich, vorausgesetzt dass du bei der (dir widerfahrenen) Güte verbleibst; denn sonst wirst auch du (aus dem Ölbaum) wieder herausgeschnitten werden,
während umgekehrt jene, wenn sie nicht im Unglauben verharren, wieder eingepfropft werden; Gott hat ja die Macht (oder: das Recht) dazu, sie wieder einzupfropfen.
Denn wenn du aus dem wilden Ölbaum, dem du von Haus aus angehörst, herausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist: wieviel eher werden diese, die von Natur dahin gehören, ihrem ursprünglichen Ölbaum (wieder) eingepfropft werden!
Ich will euch nämlich, meine Brüder, über dieses Geheimnis nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht in vermeintlicher Klugheit auf eigene Gedanken verfallt: Verstockung ist über einen Teil der Israeliten gekommen bis zu der Zeit, da die Vollzahl der Heiden (in die Gemeinde Gottes) eingegangen sein wird;
und auf diese Weise wird Israel in seiner Gesamtheit gerettet werden, wie geschrieben steht (Jes 59,20-21; 27,9): „Aus Zion wird der Retter (oder: Erlöser) kommen; er wird Jakob von allem gottlosen Wesen frei machen;
und darin wird sich ihnen der von mir herbeigeführte Bund zeigen, wenn ich ihre Sünden wegnehme (oder: tilge).“
So sind sie im Hinblick auf die Heilsbotschaft zwar Feinde (Gottes) um euretwillen, aber im Hinblick auf die Erwählung sind sie Geliebte (Gottes) um der Väter willen;
denn unwiderruflich sind die Gnadengaben (oder: Gnadenverheißungen) und die Berufung Gottes.
Denn wie ihr einst ungehorsam gegen Gott gewesen seid, jetzt aber infolge des Ungehorsams dieser Erbarmen erlangt habt,
ebenso sind wiederum diese jetzt ungehorsam geworden, um durch das euch gewährte Erbarmen (dereinst) ebenfalls Barmherzigkeit zu erlangen.
Denn Gott hat alle zusammen in Ungehorsam verschlossen, um allen Erbarmen widerfahren zu lassen.
O welch eine Tiefe des Reichtums (= der Gnadenfülle) und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte (oder: Urteile) und unerforschlich seine Wege!
„Denn wer hat den Sinn (= die Gedanken) des Herrn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen?“ (Jes 40,13)
Oder „wer hat ihm zuerst etwas gegeben, wofür ihm Vergeltung zuteil werden müsste?“ (Hiob 41,2; Jer 23,18)
Denn von ihm und durch ihn und zu ihm (oder: für ihn) sind alle Dinge: ihm gebührt die Ehre in Ewigkeit! Amen. Römer 12
Querverweise zu Römer 11,8 Röm 11,8
Denn der HERR hat einen Geist tiefen Schlafes über euch ausgegossen und hat eure Augen, die Propheten, verschlossen und eure Häupter, die Seher, umschleiert.
Aber bis auf den heutigen Tag hat der HERR euch kein Herz zum Erkennen, keine Augen zum Sehen und keine Ohren zum Hören gegeben.
Bis auf den heutigen Tag verfahren sie nach den ursprünglichen Bräuchen: sie verehren den HERRN nicht in rechter Weise und verfahren nicht nach seinen Satzungen und seinen Verordnungen, nicht nach dem Gesetz und den Geboten, die der HERR den Nachkommen Jakobs geboten hat, dem er den Namen ‚Israel‘ beilegte.
Da erwiderte er: „Gehe hin und sage zu diesem Volk: ‚Ihr sollt immerfort hören und doch kein Verständnis haben, und ihr sollt immerfort sehen und doch nicht erkennen!‘
So waren also diese Völkerschaften zwar Verehrer des HERRN, zugleich aber Diener ihrer Götzenbilder; auch ihre Kinder und Kindeskinder halten es so, wie ihre Väter getan haben, bis auf den heutigen Tag.
„Hört doch dies, ihr törichtes Volk voll Unverstand, die ihr Augen habt und nicht seht, die ihr Ohren habt und nicht hört!
Indessen ihr geistliches Denken ist verhärtet worden; denn bis auf den heutigen Tag ist dieselbe Decke immer noch da, wenn die Schriften des alten Bundes vorgelesen (oder: von ihnen gelesen) werden, und wird nicht abgetan (= aufgedeckt), weil sie nur in Christus weggenommen wird.
„Menschensohn, du wohnst inmitten des widerspenstigen Geschlechts, das Augen hat zum Sehen und doch nicht sieht, das Ohren hat zum Hören und doch nicht hört; denn sie sind ein widerspenstiges Geschlecht.
Ja, bis heute liegt, sooft Mose vorgelesen wird, eine Decke über ihrem Herzen.
Da antwortete er ihnen: „Euch ist es gegeben, das Geheimnis des Reiches Gottes (zu erkennen); den Außenstehenden aber wird alles nur in Gleichnissen zuteil,
‚damit sie immerfort sehen und doch nicht wahrnehmen, und immerfort hören und doch kein Verständnis haben, auf dass sie sich nicht bekehren und ihnen nicht Vergebung zuteil werde‘.“ (Jes 6,9-10)
und er antwortete: „Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu erkennen, den anderen aber (werden sie) nur in Gleichnissen (vorgetragen), damit ‚sie mit sehenden Augen doch nicht sehen und mit hörenden Ohren doch nicht verstehen‘ (Jes 6,9-10).
‚Gehe zu diesem Volk und sprich: Ihr werdet immerfort hören und doch kein Verständnis erlangen, und ihr werdet immerfort sehen und doch nicht wahrnehmen.