Was bleibt hiernach überhaupt noch als Vorzug (oder: Vorrecht) der Juden (vor den Heiden) oder als Nutzen der Beschneidung bestehen?
Immerhin viel in jeder Hinsicht! Zuerst, dass ihnen die Verheißungen Gottes anvertraut worden sind.
Denn nicht wahr, wenn manche sich untreu erwiesen haben – wird etwa deren Untreue die Treue Gottes aufheben?
Nimmermehr! Es bleibt vielmehr dabei: Gott ist wahrhaftig, ob auch jeder Mensch ein Lügner ist (Ps 116,11), wie es in der Schrift heißt (Ps 51,6): „Du sollst in deinen Worten (oder: Urteilssprüchen) als gerecht erfunden werden und Sieger bleiben, wenn man mit dir rechtet.“
Wenn aber so unsere Ungerechtigkeit die Gerechtigkeit Gottes erweist (oder: in um so helleres Licht stellt), was sollen wir daraus folgern? Ist Gott dann nicht ungerecht, wenn er seinen Zorn (oder: sein Zorngericht) verhängt? – ich rede da nach gewöhnlicher Menschenweise. –
Nimmermehr! Wie sollte Gott sonst wohl Richter der ganzen Welt sein können?
Wenn aber Gottes Wahrhaftigkeit infolge meines Lügens um so stärker zu seiner Verherrlichung (oder: Ehre) hervorgetreten ist, warum werde auch ich dann noch als Sünder gerichtet?
Und warum halten wir uns dann nicht an den Grundsatz, den manche Lästerzungen mir wirklich in den Mund legen: „Lasst uns das Böse tun, damit das Gute dabei herauskomme?“ Nun, die betreffenden Leute trifft das verdammende Urteil mit Fug und Recht.
Wie steht es also? Haben wir (Juden) für uns etwas voraus? Nicht unbedingt. Wir haben ja schon vorhin gegen Juden ebenso wie gegen Griechen (vgl. 2,9) die Anklage erheben müssen, dass sie ausnahmslos unter (der Herrschaft) der Sünde stehen,
wie es in der Schrift heißt: „Es gibt keinen Gerechten, auch nicht einen;
es gibt keinen Einsichtigen, keinen, der Gott mit Ernst sucht;
sie sind alle abgewichen, allesamt entartet; keiner ist da, der das Gute tut, auch nicht ein einziger.“ (Ps 14,1-3)
„Ein offenes Grab ist ihre Kehle, mit ihren Zungen reden sie Trug.“ (Ps 5,10) „Otterngift ist unter (oder: hinter) ihren Lippen.“ (Ps 140,4)
„Ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit.“ (Ps 10,7)
„Schnell sind ihre Füße, Blut zu vergießen;
Verwüstung und Unheil sind auf ihren Wegen,
und den Weg des Friedens kennen sie nicht.“ (Jes 59,7-8)
„Keine Furcht Gottes steht ihnen vor Augen.“ (Ps 36,2)
Wir wissen aber, dass das Gesetz alles, was es ausspricht, denen vorhält, die unter dem Gesetz (d.h. im Besitz des Gesetzes) sind; es soll eben einem jeden der Mund gestopft (= zum Schweigen gebracht) werden und die ganze Welt dem Gericht Gottes verfallen sein;
denn aufgrund von Gesetzeswerken wird kein Fleisch (= Mensch) vor Gott gerechtfertigt werden (Ps 143,2); durch das Gesetz kommt ja (nur) Erkenntnis der Sünde.
Jetzt aber ist, unabhängig vom Gesetz, jedoch bezeugt von dem Gesetz und den Propheten, die Gottesgerechtigkeit geoffenbart worden,
nämlich die Gottesgerechtigkeit, die durch den Glauben an Jesus Christus für alle da ist und allen zukommt, die da glauben. Denn hier gibt es keinen Unterschied;
alle haben ja gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den Gott verleiht;
so werden sie umsonst (oder: geschenkweise = ohne eigenes Verdienst) durch seine Gnade gerechtfertigt vermöge (oder: aufgrund) der Erlösung, die in Christus Jesus (erfolgt) ist.
Ihn hat Gott in seinem Blute (= blutigen Tode) als ein durch den Glauben wirksames Sühnemittel hingestellt, damit er (d.h. Gott) seine Gerechtigkeit erweise, weil die Sünden, die früher während der Zeiten der Langmut Gottes begangen worden waren, bisher ungestraft geblieben waren;
er wollte also seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit erweisen, damit er selbst als gerecht dastehe und (zugleich) jeden, der den Glauben an Jesus besitzt, für gerecht erkläre.
Wo bleibt nun da das Rühmen (= der Selbstruhm)? Es ist ausgeschlossen! Durch was für ein Gesetz? Durch das der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens (d.h. durch den Weg des Glaubens).
Denn wir halten dafür, dass der Mensch durch den Glauben gerechtfertigt werde ohne Gesetzeswerke.
Oder ist Gott etwa nur der Juden und nicht auch der Heiden Gott? Jawohl, auch der Heiden,
so gewiss es nur einen einzigen Gott gibt, der die Beschnittenen (= Juden) aus Glauben (= aufgrund des Glaubens) und die Unbeschnittenen (= Nichtjuden) durch den Glauben (= infolge ihres Glaubens) rechtfertigen (oder: gerechtsprechen) wird.
Heben wir demnach das Gesetz durch den Glauben auf? Nimmermehr! Nein, wir geben dem Gesetz die rechte Stellung. Römer 4
Querverweise zu Römer 3,30 Röm 3,30
Denn wir halten dafür, dass der Mensch durch den Glauben gerechtfertigt werde ohne Gesetzeswerke.
und das äußere Zeichen der Beschneidung empfing er dann als Siegel für die Glaubensgerechtigkeit, die er im Zustande der Unbeschnittenheit (d.h. schon vor der Beschneidung) besessen hatte (1.Mose 17). So sollte er der Vater aller derer werden, die ohne Beschneidung glauben, damit ihnen die Gerechtigkeit angerechnet werde,
und (ebenso) der Vater der Beschnittenen, nämlich derer, die nicht nur infolge der (leiblichen) Beschneidung ihm angehören, sondern die auch in den Fußstapfen des Glaubens wandeln, den unser Vater Abraham schon in unbeschnittenem Zustande besessen (oder: bewiesen) hat.
Denn hier gibt es keinen Unterschied zwischen dem Juden und dem Griechen (1,16): sie alle haben ja einen und denselben Herrn, ihn, der sich reich erweist an allen, die ihn anrufen;
denn „jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden“ (Joel 3,5).
Als ich jedoch sah, dass sie nicht den rechten Weg in Übereinstimmung mit der Wahrheit der Heilsbotschaft wandelten, sagte ich zu Kephas offen im Beisein aller (= in der Gemeindeversammlung): „Wenn du, der du doch ein Jude bist, nach heidnischer und nicht nach jüdischer Weise lebst, wie kannst du da die Heiden zwingen wollen, die jüdischen Bräuche (= Lebensform) zu beobachten?
Wohl sind wir von Natur (= Geburt) Juden und nicht Sünder heidnischer Herkunft;
weil wir aber wissen, dass der Mensch nicht aufgrund von Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Christus Jesus, haben auch wir den Glauben an Christus Jesus angenommen, um aufgrund des Glaubens an Christus und nicht aufgrund von Gesetzeswerken gerechtfertigt zu werden; denn aufgrund von Gesetzeswerken wird kein Fleisch (= Mensch) gerechtfertigt werden.
Weil aber die Schrift voraussah, dass Gott die Völker (= Heiden) um des Glaubens willen rechtfertigt, hat sie dem Abraham die Heilsverheißung im voraus verkündigt (1.Mose 12,3 und 18,18): „In dir sollen alle Völker (= Heiden) gesegnet werden.“
Ein Mittler aber vertritt nicht einen einzigen; Gott aber ist ein einziger.
Da gibt es nun nicht mehr Juden und Griechen (= griechisch redende Heiden), nicht mehr Knechte (= Sklaven) und Freie, nicht mehr Mann und Weib: nein, ihr seid allesamt Einer (oder: eine Einheit) in Christus Jesus.
Denn in Christus Jesus hat weder die Beschneidung noch das Unbeschnittensein irgendwelche Bedeutung, sondern nur der Glaube, der sich durch Liebe betätigt.
Denn weder auf die Beschneidung noch auf das Unbeschnittensein kommt es an, sondern nur auf eine „neue Schöpfung“ (2.Kor 5,17);
Denn wir sind die (rechte) Beschneidung (d.h. das wahre Israel; vgl. Röm 2,26-29), die wir Gott im Geiste dienen und unsern Ruhm in Christus Jesus suchen und unser Vertrauen nicht auf das Fleisch (oder: Äußerlichkeiten) setzen,
und ihr besitzt die ganze Fülle in ihm, der das Haupt jeder Herrschaft und Gewalt (vgl. 1,16) ist.
In ihm habt ihr auch die Beschneidung empfangen, nämlich eine solche, die nicht mit Händen vollzogen ist, nein, die in der Ablegung des Fleischesleibes besteht: die Beschneidung Christi,