Heb 4,15: … denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher
Weise wie wir, ausgenommen die Sünde.
Das zeigt uns, dass Christus völlig mit uns mitfühlen kann, weil Er ein Mensch ist, der selbst in dieser Welt lebte und wie wir mancherlei Prüfung ausgesetzt war. Der Schreiber erwähnt zwei Arten von Prüfungen, denen wir auf dem Weg in die ewige Ruhe begegnen: Schwachheiten und Versuchungen. J.N. Darby bestätigt das und sagt: „Versuchungen und Schwachheiten sind nicht dasselbe.“4 Der Unterschied ist:
Schwachheiten haben mit unserem leiblichen Körper zu tun.
Versuchungen betreffen unseren Geist und Seele.
Schwachheiten sind Krankheiten oder andere Herausforderungen in Verbindung mit unserem Körper; das Resultat dessen, was die Sünde in der gesamten Schöpfung angerichtet hat (Lk 13,11.12; Joh 5,5; Röm 8,26; 2Kor 12,5.9; 1Tim 5,23 etc.). Der Herr hatte keine Schwachheiten, denn sein Leib war heilig und stand nicht unter dem Einfluss der verderbenden Auswirkungen der Sünde (Lk 1,35). Er war also nie krank. Darby sagte: „Im Gegensatz zu den Priestern war Christus nicht mit Schwachheit behaftet.“5 Manche denken fälschlicherweise, Schwachheiten seien menschliche Bedürfnisse wie Hunger, Durst oder Müdigkeit etc.; diese hatte der Herr natürlich (Joh 4,6; 7,31-33). Aber das sind keine Schwachheiten. W. Kelly sagt:
Unter Theologen und deren Anhängern ist die Ansicht vorherrschend, der gepriesene Herr selbst sei mit Schwachheiten behaftet gewesen. Welches Schriftwort berechtigt zu solch einer Behauptung? Nennen sie es Schwachheiten, wenn Menschen auf dieser Erde essen, trinken, schlafen bzw. den Mangel derselben verspüren? … Keiner sollte Christus etwas zuschreiben, was die Schrift selbst nicht tut.6
Auch wenn der Herr selbst keine Schwachheiten hatte, so kann Er dennoch Mitleid haben mit unseren Schwachheiten (vgl. Mt 8,17). Das zeigt uns, dass Er Krankheiten nicht selbst erfahren musste, um mit uns mitfühlen zu können, wenn wir krank sind. Er fühlt mit uns und verwendet sich für uns als unser Hohepriester hinsichtlich unserer Schwachheiten. Aber lasst uns das klarstellen: Schwachheiten sind keine Sünden. Der Herr wird niemals mit unseren Sünden mitfühlen; Er ist über uns betrübt, wenn wir Sünden in unserem Leben zulassen, aber niemals wird Er Mitleid haben mit unseren Sünden.
Versuchungen hingegen sind Dinge wie: Verleumdung; Unterdrückung und Verwerfung; Probleme im Leben, die unseren Geist bedrücken und Leid und Entmutigung auslösen (1Kor 10,13; Jak 1,2.12; 1Pet 1,6). Gewiss wurde der Herr von diesen Arten von Prüfungen versucht. Ja, Er wurde sogar mit jeder Prüfung erprobt, mit dem ein Gerechter erprobt werden könnte – so wie der Schreiber sagt: „Er ist in allem versucht worden in gleicher Weise wie wir.“ Weil Er die Versuchungen selbst erfahren hat, kann Er Mitleid mit uns haben, wenn wir versucht werden.
In Verbindung mit den Versuchungen, durch die der Herr ging, fügt der Schreiber doch noch einen Unterschied hinzu: „ohne Sünde“, oder wie es in der englischen Darby-Übersetzung heißt: „ausgenommen die Sünde“. Damit zeigt er an, dass es zwei Arten von Versuchungen gibt, denen Menschen ausgesetzt sein können, deren der Herr nicht teilhaftig war. Diese zwei Arten von Versuchungen sind:
Äußere Versuchungen und Prüfungen, in denen jemandes Glaube und Ausharren getestet wird. Damit versucht der Feind, uns von unserer himmlischen Berufung abwendig zu machen. All diese sind heilige Versuchungen (Jak 1,2-12).
Innere Versuchungen, deren Ursache in unserer sündigen Natur liegt. All diese sind unheilige Versuchungen (Jak 1,13-16).
Wenn der Schreiber in Verbindung mit den Versuchungen des Herrn „ausgenommen der Sünde“ hinzufügt, möchte er betonen, dass der Herr nur die erste Klasse der äußeren Versuchungen erfuhr. Die zweite Klasse der sündigen Versuchungen erfuhr Er nicht, denn Er hatte keine sündige Natur (1Joh 3,5). […] Natürlich tat Er keine Sünde (1Pet 2,22), aber das ist nicht der Kern in diesem Vers. Wie schon erwähnt, sollte (gemäß der Darby-Übersetzung) übersetzt werden „außgenommen die Sünde“. Das heißt, dass die Versuchungen, die Er erduldete, nicht zu der Art von Versuchung gehörten, die mit der Sündennatur in Verbindung steht. Das hat, wie wir bereits festgestellt haben, damit zu tun, dass Er keine Sündennatur hatte.
J.N. Darby sagt:
Es gibt zwei Arten von Versuchungen: eine von außen, alle Schwierigkeiten des christlichen Lebens; Christus machte sie durch und Er machte mehr mit als wir alle. Die andere Art von Versuchung jedoch ist, wenn ein Mensch von seiner eigenen Lust fortgezogen und gelockt wird. Christus wurde so selbstverständlich nie versucht.7
Schwachheiten in unserem Geist, unserer Seele oder unserem Leib sind an sich nicht Sünde (Mt 26,41); wenn wir jedoch zulassen, dass diese uns in einen schlechten Seelenzustand führen, kann das Sünde in unserem Leben auslösen, und Satan wird versuchen, unseren schwachen Zustand auszunutzen und uns vom Weg abzubringen. Es ist deswegen wichtig, mit der richtigen Einstellung durch die Versuchung zu gehen (Jak 1,2). Deswegen haben wir einen Hohenpriester, der Mitleid zu haben vermag mit uns in unseren heiligen Versuchungen, doch mit unseren Sünden wird Er kein Mitleid haben.