Behandelter Abschnitt Sach 12,9-10
Sach 12,9.10: 9 Und es wird geschehen an jenem Tag, da werde ich alle Nationen zu vertilgen suchen, die gegen Jerusalem herankommen. 10 Und ich werde über das Haus David und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen; und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen gleich der Wehklage über den einzigen Sohn und bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen Leid trägt.
All das hätte das auserwählte Volk schon längst genießen können, wenn es nur dem Ruf des Heiligen Geistes zur Umkehr – wovon wir in Apostelgeschichte 2 lesen – gehorsam gewesen wäre. Sie waren aufgefordert worden, sich selbst zu richten und sich vor dem HERRN zu demütigen wegen des Verbrechens, das sie als ganze Nation begangen hatten: die Kreuzigung des Messias. Alle ihre Segnungen warten auf diesen Augenblick, wenn sie die Wahrheit von dem sühnenden Wert des Werkes des Herrn Jesus erkennen. Erst dann werden sie geistlich gesehen das große Fest des siebten Monats, den wahren Versöhnungstag, erreichen.
In 3. Mose 23 gibt es diesbezüglich wichtige Anweisungen. Dort werden die sieben großen Feste [des HERRN] beschrieben. Der Sabbat wird als Bild für die Ruhe eingeführt, die auf alle Zeitepochen folgen wird. Dies wird geschehen, wenn der jetzige Zeitlauf zu Ende gegangen ist, was in Hebräer 3,10 - 4,11 verdeutlicht wird.
Das Passahfest ist ein Voraushinweis auf das Kreuz, denn es heißt im ersten Korintherbrief: „Unser Passah, Christus, ist geschlachtet worden.“ Unmittelbar darauf folgt das Fest der ungesäuerten Brote; daher heißt es weiter: „Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit“ (1Kor 5,7.8). Dieser Aufruf zur Umkehr richtet sich jetzt an Juden und Heiden gleichermaßen. Sie ruhen unter dem schützenden Blut des geschlachteten Lammes und sollen in heiliger Absonderung von allem Bösen leben, während sie die Stunde ihrer völligen Erlösung erwarten.
Aber das beinhaltet nicht notwendigerweise eine himmlische Berufung. Deshalb folgt als Nächstes Pfingsten bzw. das Wochenfest, an dem ein neues Speisopfer vor dem HERRN dargebracht wurde. Es stellte die gegenwärtige Wahrheit des Geheimnisses [der Gemeinde] dar, das früher unbekannt war und erst dann bekannt wurde, nachdem Israel als gesamte
Nation das Zeugnis des Herrn und seiner Apostel endgültig verworfen hatte. Bedenken wir auch, dass dies im dritten Monat geschah.
Dann folgt eine lange Pause bis zum siebten Monat. Es ist offensichtlich, dass an Pfingsten aus allen Nationen ein Volk für den Namen des Herrn herausgerufen worden ist [vgl. Apg 15,14]. Ebenso offensichtlich ist, dass sich alle Feste des siebten Monats insbesondere auf Israel beziehen, „wenn die Vollzahl der Nationen eingegangen ist“ (Röm 11,25). Dann ruft die Posaune des Rückrufs das irdische Volk Gottes ein weiteres Mal dazu auf, sich um Gott im Land ihrer Väter zu versammeln. Diese Posaune wird ertönen, sobald die Gemeinde in den Himmel entrückt worden ist. Dies wird auf wunderschöne Weise durch das Posaunenfest dargestellt. Es ist das Erwachen Israels, wenn die Decke weggetan wird (vgl. Röm 11; u.a.). Darauf werden sie aufgerufen, sich zu demütigen und von Herzen Buße zu tun, denn sie hatten furchtbar gesündigt. Diese Sünde wurde im Kreuz offenbar und erreichte ihren Höhepunkt, als sie den Heiligen Geist verwarfen. Wenn sie Buße tun, wird das für sie der große Versöhnungstag sein. Viele Jahrhunderte sind vergangen, seitdem das Opfer[lamm] [der Herr Jesus Christus] sein Blut vergossen hat. Aber noch nie haben sie jene Fastenzeit und Seelenpein erlebt, die Gott verbunden hat mit der Darbringung des Opfers, das Sühne für ihre Seelen tut.
Dies werden sie jedoch in der Stunde ihrer tiefen Not tun, kurz bevor der Gekreuzigte in der Herrlichkeit seines Vaters und mit allen seinen Heiligen erscheinen wird. Dies ist die Wehklage, von der in Offenbarung 1,7 und hier in den Versen 10 bis 14 die Rede ist. In der Offenbarung lesen wir: „Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen …, und wehklagen werden seinetwegen alle Stämme des Landes “ (Off 1,7). Hier ist es jedoch nicht eine Wehklage vor Schrecken. Nein, es geht um das schmerzliche Trauern des erweckten Überrestes, wenn sie sich der schrecklichen Ungerechtigkeit bewusst werden, derer sich ihre Väter schuldig gemacht haben, als sie den Herrn der Herrlichkeit kreuzigten.
Gott wird über das Haus David und die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen. Dann „werden sie auf mich [den Messias] blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen gleich der Wehklage über den einzigen Sohn und bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen Leid trägt“. Das Wort „blicken“ könnte auch mit „nachdenken“ wiedergegeben werden. Es beinhaltet eine ernsthafte Aufmerksamkeit, ein nachdenkliches Betrachten, damit sich jeder einzelne Gesichtszug Jesu in ihre Seelen einprägen kann. Sein einst so entstelltes Angesicht, seine durchbohrten Hände und seine Seite – all das wird sich ihnen unauslöschlich einprägen. Wenn sie auf diese Weise begreifen, dass der, der als Übeltäter und Gotteslästerer verschmäht wurde, in Wahrheit der Herr der Herrlichkeit war, wird ihre Betrübnis und Reue keine Grenzen kennen.
Für dieses Geschehen finden wir im Neuen Testament zwei Illustrationen: Thomas, der Apostel, auch Didymos (Zwilling) genannt, glaubte erst, als er sah. Im Überrest von Juda wird der andere Zwilling – wenn ich so sagen darf – ebenso ungläubig nach vorne kommen, bis er durch die von Speer und Nägeln verursachten Zeichen überzeugt wird.
Saulus von Tarsus ist ein ausgezeichnetes Bild von dem Überrest. Er hasste den Namen
Jesu, ging seine eigenen Wege und verfolgte mit Eifer alle, die diesen Namen liebten – bis er von einem Licht aus dem Himmel aufgehalten wird: Seine Augen, die nun blind sind für die Herrlichkeit der Erde, schauen in das Heiligtum, und dort, auf dem Thron Gottes, erblickt er den Nazaräer! In dieser Hinsicht war Paulus eine „unzeitige Geburt“ [1Kor 15,8], denn er war vor dem Zeitpunkt geboren, wenn auch der Überrest – weil er etwas Ähnliches sieht – wie Paulus fragen wird: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10).