Es ist überaus segensreich, dass Christus, wie in 2. Korinther 5 gesagt wird, zur Sünde gemacht wurde, so heißt es hier: „indem er ein Fluch für uns geworden ist.“ Im Korintherbrief zählt sich Paulus lediglich zu den Gläubigen – er zieht keinen Gegensatz zwischen uns und dem Juden; folglich schließt das „wir“ im Korintherbrief alle ein. Aber hier bedeutet das „wir“ den jüdischen Teil der Gläubigen; denn er bezieht sich danach besonders und deutlich auf die Heiden: damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen käme, damit wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben (3,14). „Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist“ (V. 13). Dort ist das uns betont, während das wir in Vers 14 keine Betonung hat, sondern allgemein für alle Gläubigen verwendet wird, ob Juden oder Heiden. Der Punkt ist also ganz klar. Erstens, wenn es sich um Juden handelte, würde er sagen: Auch wir haben Christus gebraucht, weil wir nicht in allem geblieben sind, was im Buch des Gesetzes geschrieben steht, um es zu tun; und Christus ist gekommen und hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem Er für uns zum Fluch gemacht wurde. Was nun euch Heiden betrifft – ihr, die ihr nie etwas mit dem Gesetz zu tun hattet –, sucht ihr auf demselben Boden gesegnet zu werden, auf dem wir nur Fluch erwarten können? Der Apostel zitiert aus 5. Mose 27, wo wir eine sehr auffällige Offenbarung haben, wie schon von anderer Seite bemerkt wurde. Die Hälfte der Stämme sollte auf dem einen Berg stehen, um zu segnen, und die andere Hälfte auf dem anderen Berg, um zu verfluchen. Aber als unmittelbar danach die Bestimmung gegeben wurde, werden nur die Flüche erwähnt, und es gibt überhaupt keinen Segen! Warum eigentlich? „Denn so viele aus Gesetzeswerken sind, sind unter dem Fluch“ (V. 10).
Gott hatte davon gesprochen, dass die Stämme zum Segen und zum Fluch aufgeteilt werden sollten; aber wenn man zu der Tatsache kommt, folgen nur die Flüche, und nicht die Segnungen. Was für eine sehr ernste Bestätigung der Wahrheit, die wir gerade betrachtet haben! Gott hat nicht positiv dafür gesorgt, dass jemand dadurch den Segen erhält. So sicher, wie sie den Rechtsweg beschritten, konnten sie nur einen Fluch bekommen; und dementsprechend werden allein die Flüche gehört.
Der Apostel schließt daher triumphierend diesen Teil des Themas ab. Nachdem er zur vollen Anerkennung des Fluches des Gesetzes aufgrund der Sünde gekommen ist, kann der Gläubige durch die Gnade Gottes sagen: „Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem er ein Fluch für uns geworden ist“ (V. 13a). Es heißt nicht nur, dass Er für uns verflucht wurde, sondern „ein Fluch“ für uns wurde. Was könnte deutlicher zum Ausdruck bringen, wie sehr Er sich mit diesem Zustand insgesamt einsmachte? Die Folge ist, dass die, die Er in der Gnade vertrat, vollständig davon befreit sind; ja, und der Segen, der einmal fließt, fließt weit über den alten Kanal hinaus. So sagt er: „denn es steht geschrieben: ,Verflucht ist jeder, der am Holz hängt!ʻ, damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen käme“ (V. 13.14a). Zuerst muss Gott den Fluch aus dem Weg räumen; und als das für diese gläubigen Juden geschehen war, quoll aus demselben Kreuz Christi Barmherzigkeit zu den Nationen. Christus hatte das Werk der Erlösung vollbracht; und obwohl es in erster Linie auf die Juden angewandt wurde, konnte die Wirksamkeit und Herrlichkeit davon nicht verborgen bleiben. Der Segen Abrahams kommt auf die Nationen durch Jesus Christus – „damit wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben“ (V. 14b).
Damit ist das Argument, das sich auf die Verheißung des Geistes stützt, abgeschlossen; und die entscheidenden Punkte sind diese: Das Gesetz hat niemals einen Segen auf die gebracht, die unter ihm waren, obwohl sie Abrahams Nachkommen waren, und dies, weil sie Sünder waren; noch war es jemals das Mittel, dass sie den Heiligen Geist als die Kraft empfingen, Christus zu genießen. Dagegen ist das Hören des Glaubens, wie einst für Abraham selbst, das einzige einfache Mittel, das der Heilige Geist für allen wirklichen Frieden und Segen gebraucht; und das nützt durch die Erlösung nicht nur dem stolzen, aber verfluchten Juden, sondern sogar dem armen Heiden, der jetzt ausdrücklich in dem Segen und in dem reichsten Teil davon, der Verheißung des Geistes, gesehen wird.
Im früheren Teil des Kapitels sahen wir den Gegensatz zwischen dem Anteil des Glaubens und dem des Gesetzes. Wir fanden, dass das Gesetz notwendigerweise einen Fluch mit sich bringt; nicht weil das Gesetz schlecht ist, sondern weil die Menschen – weil Israel – Sünder waren. Das Gesetz muss also, gerade weil es heilig, gerecht und gut ist, diejenigen verdammen, die nicht gut, sondern böse waren. Die Schlussfolgerung des Gesetzes war demnach für solche ein Fluch. Es war das Gesetz Gottes; aber alles, was sein Gesetz für die Sünder bewirken konnte oder sollte, war Verdammung und Fluch. Auf der anderen Seite liebt Gott es, zu segnen. Wie ist nun beides möglich? Wie war es möglich, dass Gott einen Segen für den armen, verlorenen Menschen herbeiführen konnte? Die Antwort lautet: „Also werden die, die aus Glauben sind, mit dem gläubigen Abraham gesegnet“ (V. 9). Abraham bekam keinen Fluch, sondern einen Segen, und das aufgrund des Glaubens und nicht aufgrund des Gesetzes. Der Apostel beweist damit, dass das Gesetz, ganz gleich wie gut es in sich selbst ist, nur einen Fluch über jeden Menschen bringen kann, der sich im Umgang mit Gott auf diese Grundlage stellt, denn „so viele aus Gesetzeswerken sind, sind unter dem Fluch“ (V. 10). Nichts könnte universeller oder schlüssiger sein. Das Gesetz bedeutet nichts anderes als einen Fluch für jedes Kind Adams, das versucht, sich darauf als Mittel der Beziehung zu Gott zu berufen. Suche ich und gelobe ich Gott zu gehorchen, um einen Segen von Ihm zu erlangen? Ich verdiene nur einen Fluch. Ich sollte gehorchen; aber da ich ein Sünder bin, besteht die Wirkung des Gesetzes darin, meine Sünde hervorzubringen und mich zu verfluchen. Dagegen bringt mich der Glaube in den Segen, ja, in allen Segen durch Gottes Gnade.