Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist (5,8).
Das ist charakteristisch göttlich und souverän. Einerseits waren wir machtlos, ungerecht, böse, nichts als Sünder; andererseits hatte Gott kein anderes Motiv für seine Liebe als sich selbst. Es ist ausdrücklich seine eigene Liebe. Ein anderer Apostel drückt es so aus: „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16). Nur Gott kann so lieben. Der Mensch, sogar der Gläubige, muss ein Motiv von außen haben; Gott hat keines. Er, und nur Er, ist Liebe. Die Quelle ist in Ihm, und Er braucht keinen Gegenstand von außen, damit sie wirksam wird. Die, die seine Gnade zu Gegenständen seiner Liebe macht, sind in Bezug auf sich selbst ganz und gar nicht liebenswert, und doch liebt Er sie trotz allem, was sie sind. Als sie noch Sünder waren, starb Christus für sie – der vollste Beweis für ihre Sünde und für Gottes Liebe. Nichts Geringeres konnte nützen; nichts Gesegneteres konnte auch von Ihm getan werden; nichts anderes würde Ihm selbst entsprechen. So lobt Er seine eigene Liebe. Welch ein Ruheort für Herz und Gewissen! Er vergisst nichts, richtet alles und liebt uns doch mit einer Liebe, die vollkommen und etwas ganz Besonderes ist.
Wie bewundernswert sind die Wege Gottes im Christentum! Es gibt nichts, was ein so weites Feld für die Tätigkeit eröffnet, weder in der Liebe noch im Verstand; denn die offenbarte Wahrheit ist die Offenbarung dessen, der unendlich ist, und das in Christus. Und doch ist es die einfachste Entsprechung der Bedürfnisse jedes Herzens, das zu seinem wirklichen Zustand in Bezug auf Gott und in der Tat auch auf den Menschen erwacht ist. So kommt die Entfaltung seiner Liebe im Tod Christi auf das Kind Gottes herab, während sie die höchsten Erhebungen der armen, aber stolzen Philosophie völlig übersteigt. Es ist die tiefste Wahrheit, aber sie beruht auf Tatsachen, die zu jedem Herzen und Gewissen sprechen, wenn der Heilige Geist auf den Willen eingewirkt hat. „Denn Christus ist, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben“; und darin erhebt Gott lobend seine eigene Liebe zu uns.
Wir müssen nun die Begründung des Apostels beachten, nicht um die Liebe Gottes zu beweisen; doch indem er von ihr ausgeht, wie sie durch den uns gegebenen Heiligen Geist bekannt ist, zieht er Schlussfolgerungen auf eine wahrhaft gottgemäße Weise. So hat das Bewusstsein des Christen seinen gerechten und vollen Platz, und so auch der Beweis der göttlichen Liebe. Wie sehr sie sich auch im Herzen ausbreitet, ihr Beweis beruht auf der Gabe Christi und seinem Tod für uns, ganz unabhängig von uns. Dies stellt die Liebe Gottes zu uns absolut frei von einer Vermischung mit irgendetwas in uns oder von uns dar. Da es also nichts gab, um sie zu bewirken und auf uns zu richten, ist das Ergebnis nicht weniger sicher. Die Schlussfolgerung geht überhaupt nicht von göttlichen Ratschlüssen über uns oder Verheißungen aus, die uns gegeben wurden, sondern von dem, was Gott ist; und Er ist Liebe – Liebe, die darin bewiesen wurde, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.