Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich (1,48).
Er ist immer und überall Gott in diesem Evangelium. Unbemerkt hatte Jesus Nathanael gesehen. Er hatte ihn gesehen, wo er sich offensichtlich von niemandem gesehen glaubte; aber Er, der die Überlegungen seines Herzens an jenem Ort „unter dem Feigenbaum“ hörte, sah ihn: der unwiderstehliche Beweis seiner eigenen Herrlichkeit, seiner Allwissenheit und Allgegenwart. Und doch war Er, der ihn sah, ganz offensichtlich ein Mensch aus Fleisch und Blut. Er konnte kein anderer sein als der verheißene Messias – Emmanuel, des Genosse des Herrn, „Herrscher über Israel …, und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her“ (Mich 5,2). Seine Vorurteile verschwanden augenblicklich wie Nebel vor der Sonne in ihrer Kraft. Er mochte nicht in der Lage sein, die Verbindung mit Nazareth oder mit Joseph zu erklären; aber ein guter Mensch würde nicht, keiner außer einem schlechten, dem positiven Licht dessen widerstehen, der derart alles wusste und es in Gnade sprach, um das Herz Nathanaels und alle, die sein Wort hören und Gott fürchten, seit jenem Tag bis heute zu gewinnen.
Aber es wird hier noch mehr vermittelt. Sicherlich ist der Feigenbaum nicht nur eine Tatsache oder ein isolierter Umstand, sondern er ist mit der Bedeutung bekleidet, die er zumindest in der Heiligen Schrift normalerweise hat. In der großen Prophezeiung unseres Herrn wird der Feigenbaum als Symbol für die Nation verwendet, und so ist es auch hier, daran gibt es keinen Zweifel. Wenn Nathanael dort in seinem Herzen vor Gott über den erwarteten Messias und die Hoffnungen des auserwählten Volkes nachdachte, wie es viele, ja alle Menschen zu jener Zeit durch den Anstoß Johannes des Täufers taten, ja sogar, ob er der Christus sei oder nicht (Lk 3,15), können wir uns umso besser vorstellen, mit welch erstaunlicher Kraft die Worte Jesu auf das Herz und das Gewissen des arglosen Israeliten gewirkt haben müssen. Dies scheint durch den Charakter seines eigenen Bekenntnisses kraftvoll bestätigt zu werden.