Behandelter Abschnitt Mt 20,22-23
So vollkommen ist die Erniedrigung Christi, so sehr seine Selbstaufgabe (Er, der Einzige, der durch seine persönliche Herrlichkeit vollkommenes Wissen und Recht auf alles hatte), dass Er sagt: aber das Sitzen zu meiner Rechten und zur Linken, das steht nicht bei mir zu vergeben, sondern ist für die, denen es von meinem Vater bereitet ist (20,23).
Er sagt gleichsam: Ich habe euch jetzt etwas zu geben: es ist das Leiden. Ja, Leiden für und mit Ihm ist das, was Christus seinen Dienern jetzt gibt – ein hohes Vorrecht. Als der Apostel Paulus bekehrt wurde, fragte er: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Der Herr sagt ihm, welche großen Dinge er um seines Namens willen erleiden sollte. Die höchste Ehre, die wir hier haben können, ist das Leiden mit und für Christus. Das lässt unser Herr die Mutter der Kinder des Zebedäus wissen.
Jesus aber antwortete und sprach: Ihr wisst nicht, was ihr erbittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde? Sie sagen zu ihm: Wir können es (20,22).
Er nahm zwei verschiedene Arten von Leiden auf sich: den Kelch, der inneres Leiden ist, und die Taufe, die das ausdrückt, in das wir äußerlich eingetaucht werden. Die beiden beinhalten jede Art von Prüfung, innerlich und äußerlich. Er spricht hier nicht über das Kreuz als Sühnung, denn darin kann es keine Gemeinschaft geben. Aber es kann das Kreuz in der Verwerfung geben, wenn auch nicht als Sühnung. Es mag das Teilnehmen an dem geben, was Christus von den Menschen erlitten hat, aber nicht an dem, was Er von Gott erlitten hat. Als Er für die Sünde am Kreuz litt, hatte niemand Anteil, da Er sich in unendlicher Gnade an den Ort des Gerichts beugte. Er wurde zur Sünde gemacht. Er erkennt, was es heißt, von Gott verlassen zu sein und für die Sünden der Menschen verantwortlich zu sein. Deshalb sagt Er in jenem schrecklichen Augenblick am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Daran können wir keinen Anteil haben. Gott verließ Jesus, damit Er uns nicht verließ. Gott verlässt niemals einen Christen, noch verbirgt Er sich vor ihm.
Wenn der Herr sagt: „Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, oder mit der Taufe getauft werden, mit der ich getauft werde?“ (Mk 10,38), sagen sie zu Ihm: „Wir können es.“ Sie wussten nicht, was sie sagten, ebenso wenig wie das, worum sie baten. Denn als unser Herr nur in Todesgefahr war, finden wir, dass sie Ihn alle verließen und flohen. Wenn einer von ihnen sich in den Gerichtssaal wagte, dann nur unter Berufung auf den Hohenpriester, das heißt, unter dem Vorwand, ihm bekannt zu sein. Wenn Petrus Ihm von sich aus folgte, war es nur, um seine völlige Schwachheit zu zeigen. Angesichts eines solchen Kelches wie diesem und einer solchen Taufe sagt der Herr:
Meinen Kelch werdet ihr zwar trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten und zur Linken, das steht nicht bei mir zu vergeben, sondern ist für die, denen es von meinem Vater bereitet ist (20,23).