Mit einem Wort: Er zeigt durch diesen zweiten Fall, dass Israel nicht nur ein schuldiges Volk in Bezug auf den wahren Geliebten war, sondern dass es, wenn es seinen eigenen Zustand erkennen würde, sich selbst als den Mann mit der verdorrten Hand bezeichnen würde, der seiner mächtigen Kraft bedarf. Er war in Gnade da, um alle notwendigen Heilungen zu vollbringen. Der Herr drückte ihnen ihren trostlosen Zustand auf. Das ganze Volk war vor Gott moralisch so verdorrt wie die Hand dieses Mannes körperlich; aber das Volk war leider nicht bereit, sich wie er heilen zu lassen.
Dann spricht er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus, und sie wurde wiederhergestellt, gesund wie die andere (12,13).
Warum wird hier berichtet, dass dies am Sabbat geschah – vor allem im Zusammenhang mit der Begebenheit auf dem Kornfeld? Im ersten Fall beweist der Herr die Schuld Israels im Gegensatz zur Heiligkeit des Sabbats; und im zweiten Fall erklärt Er sich dazu, die Wiederherstellung sogar am Sabbat zu wirken. Es ist ein Bericht von aller Wichtigkeit, denn der Herr zerreißt gleichsam den äußeren Buchstaben des Bandes zwischen Ihm und Israel, wovon der Sabbat ein besonderes Zeichen war.
Ich darf hier anmerken, dass der Tag des Herrn sich wesentlich vom Sabbat unterscheidet; und in der frühen Kirche wurde peinlich genau darauf geachtet, die beiden Dinge nicht zu verwechseln. Der Sabbat und der Tag des Herrn sind Zeichen für ganz verschiedene Wahrheiten. Der erste hatte seinen Ursprung darin, dass Gott seine Ruhe heiligte, als die Schöpfung vollendet war; und er war das Zeichen dafür, dass, wenn Gott seine Werke vollenden würde, es eine heilige Ruhe für den Menschen geben würde. Dann kam die Sünde hinein, und alles wurde zerstört. Wir hören kein Wort darüber (zumindest nicht direkt), bis ein Volk aus allen anderen herausgerufen wird, um dem wahren Gott zu dienen, als seine auserwählte Nation. Wir haben sowohl im Alten als auch im Neuen Testament gesehen, wie sehr sie versagt haben; und nun ist die einzige Hoffnung, einen wahren Sabbat zu haben, wenn Christus selbst ihn einführen wird. Als Adam sündigte, kam der Tod über alle, und die Schöpfungsruhe wurde gebrochen.
Dann (nach dem Vorbild Christi im Manna, mit dem darauffolgenden Sabbat) kam das Gesetz, das den Sabbat aufnahm, ihn in die zehn Worte und die Satzungen Israels einfügte und ihn nicht nur zu einem geheiligten Tag machte, sondern zu einem Tag des Gebotes, der ihnen wie die anderen neun Worte auferlegt wurde; ein Tag, an dem jeder Israelit verpflichtet war, nicht nur selbst nicht zu arbeiten, sondern allem, was ihm gehörte, Ruhe zu geben. Es handelte sich nicht um ein geistliches Volk. Ganz Israel war an ihn gebunden, und sie teilten seine Ruhe zusammen mit ihrem Vieh.
Vom Tag des Herrn hingegen hat man nie etwas gehört, bis Christus von den Toten auferstanden ist. Von da an entstand eine völlig neue Ordnung der Dinge. Christus, der Anfang, das Haupt einer neuen Schöpfung, ist am ersten Tag der Woche von den Toten auferstanden. Während also die alte Welt weitergeht, die Sünde noch am Werk ist und Satan noch nicht gebunden ist, hat Gott die Erlösung gewirkt, die Er jeder Seele gibt, die glaubt. Diese erkennen, dass der auferstandene Christus ihr Retter ist, und dass sie folglich neues Leben in Ihm haben. Dies, und noch viel mehr, kommen sie am Tag des Herrn zusammen, um dies zu bekennen. Sie „verkündigen den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1Kor 11,26). Nichts kann in der Schrift deutlicher sein, wenn unser Wunsch ist, das Wort Gottes zu kennen und ihm zu folgen. Es war nicht mehr die Frage, ob die Menschen Juden oder Heiden waren, sondern: Waren sie Christen? Hatten sie Christus als ihr Leben und ihren Herrn? Wenn sie sich dankbar zu Ihm bekannten, war der Tag des Herrn der Tag für sie.
Diejenigen unter den Christen, die Juden gewesen waren, besuchten weiterhin am Sabbat die Synagoge. Aber das zeigt nur umso deutlicher, dass es sich nicht um einen bloßen Wechsel des Tages handelte. Den Gläubigen in Rom gegenüber besteht der Apostel darauf, dass der, der den Tag beachtete, ihn für den Herrn beachtete; und dass der, der ihn nicht ansah, ihn für den Herrn nicht beachtete. War dies der Tag des Herrn? Nein, sondern es waren jüdische Tage und Fastenzeiten. Der Apostel würde den Tag des Herrn niemals als etwas bezeichnen, das man beachten oder auch nicht beachten sollte. Einige dieser Gläubigen sahen, dass sie vom Gesetz befreit waren, und hielten die jüdischen Feste und Fastenzeiten nicht ein. Die Heiden standen natürlich überhaupt nicht unter dem Gesetz. Aber einige, jedenfalls von den jüdischen Gläubigen, hatten noch ein Gewissen bezüglich der alten Feiertage, und von ihnen spricht der Apostel.
Der Tag des Herrn war nie und wird nie ein jüdischer Tag sein. Er hat seinen eigenen Charakter, der ihm aufgeprägt ist; und die Christen, obwohl sie nicht unter dem Gesetz stehen wie die Juden mit dem Sabbat, sind doch durch die Gnade viel ernster dazu aufgerufen, ihn für den Herrn zu nutzen, als den Tag, der sie dazu aufruft, sich im Namen Jesu zu versammeln, in Trennung von der Welt, im Bewusstsein der Erlösung und Rechtfertigung durch seinen Tod und seine Auferstehung. Es ist das Bild des Segens, den der Christ bekommen hat und der noch in der Herrlichkeit offenbart werden soll. Die Welt verwechselt ihn immer, wie auch viele Christen, mit dem Sabbat. Man hört manchmal echte Gläubige, die jedoch nicht belehrt sind, vom „christlichen Sabbat“ reden. Das liegt natürlich daran, dass sie ihre Befreiung vom Gesetz und die Konsequenzen, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zu dem Auferstandenen ergeben, nicht verstehen. Der Apostel entwickelt diese gesegneten Wahrheiten.
Unser Herr beschäftigt sich hier nur mit den Juden. Er macht die vorherrschende Notlage klar. Seine Jünger wurden nicht daran gehindert, am Sabbat Ähren zu pflücken, während Er an einem anderen Tag in Gegenwart aller offen ein Wunder tat (und damit den Pharisäern Anlass gab, die etwas gegen Ihn suchten). Es ist wahr, dass die Werke Werke der Barmherzigkeit und Güte waren; aber es gab keine Notwendigkeit für beides, wenn es nicht einen Zweck gegeben hätte. Er hätte auch sprechen können, ohne etwas zu tun. So ist es auch mit dem blinden Mann im Johannesevangelium. All der Staub der Welt hätte ihn nicht heilen können, wenn nicht die Kraft unseres Herrn da gewesen wäre. Sein Wort hätte genügt; aber Er tut selbst etwas und lässt den Mann am Sabbat etwas anderes tun. Es wird uns ausdrücklich gesagt: „Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Brei bereitete und seine Augen auftat“ (V. 14).