Behandelter Abschnitt Mich 5,1-2
Die Juden haben einst den Herrn der Herrlichkeit, ihren eigenen Messias, verachtet und beleidigt, verworfen und gekreuzigt; und das ist es, was die folgende wunderbare Prophezeiung beschreibt: „Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll“ (V. 1a). Das ist der Richter Israels, von dem schon die Rede war. Vers 2 ist also eindeutig eine Einfügung, wer dieser Richter Israels ist. Obwohl die Art und Weise, wie das hier beschrieben wird, bemerkenswert abrupt erscheint, kann kaum bezweifelt werden, dass das, was bereits erklärt wurde, den Zweck und die Art und Weise des Propheten erklärt und der Schlüssel zu diesem Abschnitt ist. Warum lässt der Herr die letzte Belagerung von Jerusalem zu? Er sagt, es sei wegen ihres Verhaltens gegenüber ihrem Herrscher und Richter. Wer war der Richter? Er wurde in Bethlehem geboren, aber nicht nur das, denn „seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her“ (V. 1b). Er war eine göttliche Person. Er wurde in Gnaden ein Säugling in Bethlehem; aber Er war der Herr, der wahre Gott Israels. Dann folgt der Schluss des im ersten Vers begonnenen Satzes. „Darum wird er sie hingeben bis zur Zeit, da eine Gebärende geboren hat; und der Rest seiner Brüder wird zurückkehren zu den Kindern Israel“ (V. 2).
Es ist Zion, die schwanger ist. Dies ist eine sehr wichtige Aussage, die man gut verstehen muss. Als Christus, der Richter Israels, das erste Mal kam, wollten sie Ihn nicht haben, sondern lehnten Ihn widerspenstig ab. Die Folge seines Todes am Kreuz war, dass Gott Ihn von den Toten auferweckte und Er zur rechten Zeit in den Himmel auffuhr. Christus fuhr zur Rechten Gottes auf, und dort begann Er ein neues Werk, nämlich die Bildung eines himmlischen Volkes, damit es an seiner Stellung in der Höhe Anteil hätte. Das ist es, was in der jetzigen Zeit geschieht. Wenn wir Christus überhaupt haben, haben wir Ihn zur himmlischen Herrlichkeit; das heißt, dass ein Christ jemand ist – und das sind wir! –, der einen lebendigen Anteil an Christus hat.
Doch dann wird deutlich, dass Christus mit der Zeit ein irdisches Volk haben wird, und folglich wird inmitten dieser letzten Belagerung Jerusalems der Richter Israels wieder erscheinen. Er hat sie für die Zeit wegen ihres Unglaubens und der Tatsache, dass sie Ihn verworfen haben, aufgegeben; doch Er gibt sie nicht für immer auf. „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar“ (Röm 11,29). So sicher, wie Er dieses frühere Volk erwählt hat, wird Er seine Verbindung mit ihm im Lauf der Zeit erneuern. Aber sie müssen trotzdem die Folgen ihrer eigenen irrigen und bösen Ablehnung des Messias in der Zwischenzeit erleiden; und wenn Er wiederkommt, wird es zur Zeit bitterster Schmerzen geschehen. Unter solchen Umständen wird sie, die Wehen hat, gebären.
Das Ende ihrer Wehen wird durch seine Gnade kommen, und der Morgen ohne Wolken wird auf die lange Nacht folgen. Oh, wie tief wird die Freude sein, wenn Er, den sie damals verworfen hatten, wieder zu ihnen zurückkehrt, der Richter Israels! Dann wird Er die Juden nicht aus ihrer israelitischen Stellung herausnehmen. Sie werden nicht zur Versammlung Gottes gebracht, die zu Pfingsten begonnen hat und seitdem weiter gesammelt wird, viel mehr wird der Überrest seiner Brüder zu den Kindern Israels zurückkehren. Sie kehren zu ihren jüdischen Hoffnungen zurück. Das ist die Bedeutung von Vers 3. Der Überrest seiner Brüder wird nicht zu Christen gemacht werden, sondern seinen Platz als Kinder Israels wieder einnehmen. Für den irdischen Segen gibt es nach der Prophezeiung nichts Wichtigeres. Es ist unmöglich für einen Menschen, den Vers zu verstehen oder ihn richtig zu erklären, wenn er nicht den Unterschied zwischen der himmlischen Berufung jetzt und der irdischen Berufung danach sieht. Das ist der Grund, warum die Väter eine solche Schwierigkeit empfanden und sich derart geirrt haben; denn nicht einer von ihnen glaubte an die Wiederherstellung Israels; dennoch hatten einige von ihnen ein gewisses Maß an Licht; aber sie alle verfielen in die grundlose Einbildung, dass der Heide den Juden für immer verdrängt habe und die Versammlung und Israel unter der herrlichen Herrschaft Christi auf der Erde sein sollen, ich darf sagen, seltsam durcheinandergebracht. Das heißt, es war die unpassendste Mischung von himmlischen und irdischen Dingen, die man sich vorstellen kann.
Aber die offenbarte Wahrheit ist, dass das himmlische Volk im Himmel sein wird und das irdische Volk auf der Erde. Alles ist in den Gedanken Gottes wie auch alles andere vollkommen geordnet; und wenn der Herr sein himmlisches Werk vollendet haben wird, wird Er als Richter Israels wiederkommen. Er ist jetzt das Haupt der Versammlung. Auf der Erde wird Er der Messias der Juden sein, die dann ihre eigene irdische Stellung wieder einnehmen werden, anstatt in die Versammlung aufgenommen zu werden, wie es bei den gläubigen Juden, sie sich jetzt bekehren, nun der Fall ist.