Behandelter Abschnitt Mich 3,1-5
In diesem Kapitel haben wir einen noch ernsteren Appell, der an die Häupter und Fürsten des Hauses Israel gerichtet ist. Nun wissen wir natürlich, dass zwar das ganze Volk seine Verantwortung hat, dass aber das Hauptgewicht notwendigerweise auf der Stellung des Einzelnen liegen muss. Boshaftigkeit in dem, der ein Vertrauensamt innehat, ist schlimmer und wird zu Recht als schwerwiegender behandelt, als das gleiche Übel in einer untergeordneten Person wäre. Ungerechtigkeit zum Beispiel bei einem Richter hat einen schwerwiegenderen Charakter als Unehrlichkeit bei einem Stallknecht oder seinem Herrn. Korruption oder Tyrannei bei einem König ist eine tiefere Schuld als Vergehen hier oder dort bei einem seiner Untertanen. Es ist zugegeben, dass dies den Doktrinären des heutigen Tages nicht passen mag; aber ich halte daran fest, was Gott in der Schrift niedergelegt hat. Die Menschen mögen es aufgeben; aber sie werden noch lange erfahren, dass es nichts gibt, was der Wahrheit Gottes gleicht. Das Wort Gottes legt nun ausdrücklich diese Grundsätze dar, an denen der Glaube festhalten wird; und was auch immer die Erfindungen der Menschen inzwischen sind, Gott wird sicher nach seiner eigenen unnachgiebigen Offenbarung richten, so dass die Menschen nur die Folgen ihrer eigenen Torheit erleiden werden, wenn sie davon abweichen. In Übereinstimmung damit spricht der Prophet zu Beginn dieses Kapitels. „Hört doch, ihr Häupter Jakobs und ihr Fürsten des Hauses Israel: Ist es nicht an euch, das Recht zu kennen?“ (V. 1). Die Sünde des Volkes war in den ersten beiden Kapiteln aufgedeckt worden; die Sünde der Häupter tritt hier hervor, und unter ihnen die Bosheit der Propheten. „So spricht der Herr über die Propheten, die mein Volk irreführen“ (V. 5). Was kann trügerischer und verhängnisvoller sein? Es ist schlimm genug, wenn der Wille eines Menschen ihn in die Irre führt; wie viel schlimmer ist es, wenn das, was die stärkste Kontrolle des Willens und der sicherste Wächter der Heiligkeit sein sollte, ihn kopfüber in alles treibt, was Gott zuwider ist.