Behandelter Abschnitt Jes 16,3-5
Ich sehe nicht den geringsten Grund, der die Vorstellung einer Anspielung auf das Lamm als dem bekannten Vorbild des Messias rechtfertigt, noch weniger, dass Er hier als das Lamm, der Herrscher der Erde, angesprochen wird, als würde wir die Offenbarung lesen. Dies scheint ein Hinweis auf ihren alten Tribut an Israel zu sein. Sie wurden vor langer Zeit von David unterworfen, und sie schickten ihm Geschenke. „Und er schlug die Moabiter und maß sie mit der Mess-Schnur, indem er sie auf die Erde legen ließ; und er maß zwei Mess-Schnüre ab, um zu töten, und eine volle Mess-Schnur, um am Leben zu lassen. Und die Moabiter wurden David zu Knechten, die Tribut entrichteten“ (2Sam 8,2). Später in der Geschichte finden wir, dass der König von Moab ein Schafzüchter war und dem König von Israel den Tribut von 100 000 Lämmern und ebenso vielen Schafböcken mit der Wolle zu zahlen pflegte (2Kön 3,4.5). Der Prophet scheint hier die Moabiter an ihre Verpflichtung zu erinnern; andernfalls müssen sich ihre Töchter auf noch größeres Unheil gefasst machen.
Schaffe Rat, triff eine Entscheidung; mache deinen Schatten der Nacht gleich am hellen Mittag, verbirg die Vertriebenen, den Flüchtling offenbare nicht! Lass meine Vertriebenen bei dir weilen, Moab! Sei ein Schutz vor dem Verwüster! – Denn der Bedrücker hat ein Ende, die Zerstörung hat aufgehört, die Zertreter sind aus dem Land verschwunden. Und ein Thron wird durch Güte aufgerichtet werden; und auf ihm wird im Zelt Davids einer sitzen in Wahrheit, der da richtet und nach Recht trachtet und der Gerechtigkeit kundig ist (16,3–5).
In seinem zweiten Ratschlag geht der Prophet auf das schlimme Vergehen Moabs in den Augen des Herrn ein. Hatte er die Vertriebenen Israels beherbergt? Oder hatte er ihre verzweifelte Flucht ausgenutzt, um sie zu schlagen und zu verraten? Der prophetische Geist blickt durch Hiskia auf den wahren Sohn Davids, der in Gerechtigkeit regieren wird, wenn der letzte bedrückende Verderber sein Ende gefunden hat. Denn wer kann übersehen haben, dass in dem großen Theater des Gerichts, das wir in Kapitel 24 und 25 und danach sehen, Moab einen auffallend emsigen Platz hat (Jes 25,10‒12)? Es auf die Vergangenheit zu beschränken, ist weit von geistlicher Einsicht entfernt.