Behandelter Abschnitt Ps 142,1-7
Hilferuf in schweren Bedrängnissen Psalm 142
Ausleger dieses Psalmes meinen, dass dies ein Gebet ist, während David in der Höhle war, wie das ja auch die Überschrift andeutet. Ob in der Höhle Adullam (1Sam 22) oder in der zu Engedi (1Sam 24,3) ist ungewiss. Das Gebet ist ein tiefer Notschrei um Sicherheit. Hier gab es keinen andern Ausweg als das Gebet. Ringsum war David von Feinden umgeben, beständig verfolgt von denen, die nach seinem Leben trachteten, um seine Kohle auszulöschen. Von Freunden, die zuvor an seinem Tische lagen, war er nicht nur verlassen, sondern sie gesellten sich sogar zu seinen Feinden (Ps 55). Der Psalm bietet auch eine schöne Anwendung für den Sünder im Selbstgericht wie der verlorene Sohn oder wie jener Zöllner im Tempel und ihre Erhörung.
Wir finden etliche Psalmen gleicher Art, weil die Lage der Beter so verschieden war. Und bis heute sind viele treue Gotteskinder schweren Leiden ausgesetzt. Was sollen sie machen? Ihre einzige sichere Zuflucht ist der Herr und Seine Verheißungen.
Der Schrei des Bedrängten. Er ist wegen der Verfolgung. „Mit meiner Stimme flehe ich zu Jahwe“ (V. 1). Auf dem Wege Dir nach, in Deinem Dienst, haben sie mir heimlich Schlingen gelegt, um mich auf diese Weise zu fangen. Nach Vers 7 beschreibt er seine Lage noch hoffnungsloser: „Führe aus dem Gefängnis heraus meine Seele, damit ich deinen Namen preise.“ Wieder andere Feinde versuchen Gläubige im Berufsleben zu fangen, etwa wie die Missgönner Daniels, an dem sie so gern Fehler gefunden hätten, um ihn mit Recht zu verklagen (Dan 6,5). Fehler an andern suchen, um sie zu fangen, wie das die Pharisäer und Sadduzäer am Herrn taten, ist Bosheit. Wer Fehler am Bruder sucht, dessen Liebe ist dünn gesät und steht im Gegensatz zum Befehl des Herrn (Joh 13,34).
Die Stärke der Feinde. David sagt, sie sind mächtig. Er denkt wohl an die dreitausend Mann, mit denen Saul ihm nachjagte. Zudem war er innerlich elend (1Sam 20,1-34; 27,1). Oft trifft alles zusammen wie in Hiob 1, da ein Bote nach dem andern mit schwerer Botschaft eintraf. In jener Stunde vergaß David seine göttliche Bestimmung, dass er dennoch zum König über Israel gesalbt worden war, weil er bis dahin nicht auf dem Thron saß. Wir haben eine Zuflucht, und das sind die Verheißungen, zu denen Gott dem Glaubenden in hoffnungslosester Lage steht. Zudem muss David in allen Klagen sagen, dass er niemanden habe, der ihm beistehe (Joh 5,7). Die wenigen, die um ihn waren, konnten unmöglich eine Mauer um ihn sein, um ihn von den Angriffen der Feinde zu schützen.
Davids Dennoch des Glaubens. Schon in Vers 1 sagte er: „Mit meiner Stimme schreie ich zu dir und habe gesagt: du bist meine Zuflucht, mein Teil im Lande der Lebendigen.“ David bezeugt seinen Glauben an die Nähe Gottes: „Ich schütte meine Klage vor dir aus, meine Bedrängnis tue ich dir kund.“ Gott gedenkt Seiner Geschöpfe, besonders aber hört Er auf alle, die Ihm vertrauen, sie lässt Er nicht zuschanden werden. Wir singen mit dem Dichter: „Andere Zuflucht hab' ich keine, auf Dein Wort vertraue ich.“ David weiß, dass Gott unsere Notlagen kennt. Solche Überzeugung erhält den Sieg. Gott kann an einem verwundeten Geist nicht vorübergehen, sowenig wie an dem Schrei der syrophönizischen Frau wegen ihrer besessenen Tochter (Mk 7,29). Er antwortet auf ihren Glauben. David sagt: „Als mein Geist in mir ermattete, da kanntest du meinen Pfad.“ Er ist der Allwissende. Von Sanherib sagt Gott: Ich kenne dein Protzen und dein Aus- und Eingehen und dein Toben wider mich (2Kön 19,27). Das wird uns besonders aus Psalm 139,1-4 klar. Vor Ihm ist alles bloß und aufgedeckt (Heb 4,13). Unser Vater weiß um alles (Mt 6,32; 10,30). Aus dem Leben eines Joseph, Mose, Daniel, Apostel Paulus und Johannes sehen wir diese Tatsache sehr deutlich. Er kennt den Pfad der Seinen.
Die hier erworbene Erkenntnis. Er kennt unsern Pfad. Das beruhigt das Kind Gottes. Es vertraut Seiner Führung. Der Herr kennt die Seinen. Er ist vertraut mit allen ihren Wegen und Lagen. Mit Mose sagen wir: „Du bist unsere Zuflucht für und für“, auch wenn Du einmal anders führst als ich gebetet habe, so bist Du der, welcher alles am Besten kennt (Ps 56,3). Es sind aber auch etliche, die Er nicht kennt noch erhört (Mt 25,12; 7,23).
Beachtenswert ist der letzte Vers: „Führe meine Seele aus dem Gefängnis heraus, damit ich deinen Namen preise.“ David brauchte in seiner Notlage ein Bild: das Gefängnis. Hier war es nicht leiblicher Art, sondern betraf seine Seele, sein Inneres. Hier war beides zusammen. Rein äußerlich war er wie mit einer Mauer von Feinden umgeben; nun kam noch das Schwere hinzu, die kaum tragbare innere Last. Einzelheiten werden nicht gesagt, aber das Bild, welches er braucht, sagt genug. Mache mich erneut zu einem glücklichen Gotteskinde, das Dich wieder lobt mit Psalmen und Harfe. Warum erfleht er es? Er nennt zwei Gründe. Der nächste Satz sagt es: Damit ich Deinen Namen preise! Wie viel David den Herrn lobt, haben wir zur Genüge gesehen. Loben war ihm wie dem Kaufmann ein gutes Geschäft. Der zweite Grund: „Die Gerechten werden mich umringen, wenn du mir wohl tust.“ Es ist, als wolle er sagen: Die Gerechten beten für mich, nun möchten sie so gern mit mir Dich loben und preisen. Er möchte so gern den Beweis haben, dass Gott keinen vergisst, der betet.