Behandelter Abschnitt 1Sam 21,116
Verse 11–16 | David bei Achis
11 Und David machte sich auf und floh an diesem Tag vor Saul, und er kam zu Achis, dem König von Gat. 12 Und die Knechte Achis’ sprachen zu ihm: Ist das nicht David, der König des Landes? Haben sie nicht von diesem in den Reigen gesungen und gesprochen: „Saul hat seine Tausende erschlagen und David seine Zehntausende“? 13 Und David nahm sich diese Worte zu Herzen und fürchtete sich sehr vor Achis, dem König von Gat. 14 Und er verstellte seinen Verstand vor ihren Augen und tat unsinnig unter ihren Händen, und er kritzelte an die Flügel des Tores und ließ seinen Speichel auf seinen Bart herabfließen. 15 Da sprach Achis zu seinen Knechten: Siehe, ihr seht einen wahnsinnigen Mann; warum bringt ihr ihn zu mir? 16 Fehlt es mir an Wahn sinnigen, dass ihr diesen hergebracht habt, um sich bei mir wahnsinnig zu gebärden? Sollte der in mein Haus kommen?
David fühlt sich genötigt, sein Land zu verlassen, das Land, über das er nach Gottes Versprechen regieren wird. Er sucht seine Zuflucht bei Achis, dem König von Gat, einer Stadt der Philister. Saul wird ihn sicher nicht bei den größten Feinden Israels suchen. Außerdem wird Saul es nicht wa gen, dort hinzukommen. Er wird jedoch von den Knechten Achis′ wieder erkannt. Sie nennen ihn sogar den „König des Landes“. Sie erzählen Achis, was über David gesungen wird. Dieses Lied wurde nach seinem Sieg über den Champion der Philister gesungen (1Sam 18,6.7).
Als David merkt, dass er erkannt worden ist, bekommt er Angst. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber und ein Feind des Glaubens und der Liebe. Die vollkommene Liebe treibt ja die Furcht aus (1Joh 4,18). Ein Mensch wächst und erringt Siege in dem Maße, in dem er im Glauben die Angst überwindet. David lässt sich in dieser Zeit jedoch nicht durch seinen Glau ben leiten. Er weiß, dass die Philister in ihm einen mächtigen Feind sehen, den sie durch sein Kommen einfach so in die Hände bekommen haben (Ps 56,1). Er weiß keine andere Lösung für dieses Problem, als sich wie ein Wahnsinniger zu verhalten. Er verhält sich wie jemand, der seinen Ver stand verloren hat.
David fällt hier weit unter das Niveau eines Gläubigen. Das ist keine Kriegslist, sondern eine Verzweiflungstat. Ein Gläubiger, der sich bewusst wie ein Idiot verhält, gibt ein völlig falsches Vorbild ab. Er wirft Schande auf den Namen des Herrn. Lasst uns David aber nicht zu hart verurteilen. Wie oft haben wir uns bewusst anders verhalten aus Angst vor feindseli gen Äußerungen der Welt und sind, gelinde gesagt, keine Zeugen für den Herrn Jesus gewesen?
Der Fall Davids ist groß. Sein Verhalten bewirkt, dass Abimelech ihn weg jagt (Ps 34,1). Sicher, er ist aus einer gefährlichen Situation entkommen, aber wie schmählich ist seine Rettung. Es gibt vieles, worüber man sich schämen könnte. Was bleibt, ist die Gnade Gottes.
Dass Gottes Gnade in dieser ganzen Geschichte auch eine Rolle spielt, zeigt sich in den zwei Psalmen, die während des Verbleibs bei Achis in Gat in seinem Herzen entstanden sind. [Abimelech und Achis sind zwei Namen für dieselbe Person. Abimelech ist der Titel des Fürsten der Phi lister (1Mo 20,2), so wie es der Pharao bei den Ägyptern ist. Achis ist sein eigener Name (1Sam 21,11).] In dem Ereignis, das hier beschrieben wird, sehen wir sein äußerliches Verhalten. In den beiden Psalmen sehen wir, was während dieser Ereignisse in seinem Herzen vor sich ging.
Psalm 56 zeigt, dass sein äußerliches Verhalten nicht die Sprache seines Herzens ist. Sein Herz wandte sich in diesen Umständen zum HERRN. Psalm 34 zeigt, was in seinem Herzen ist, als er Angst vor Achis hatte. Sein Herz ruft zu Gott und Er rettet ihn, denn er ist zerbrochenen Herzens und zerschlagenen Geistes.