Behandelter Abschnitt Ri 21,15-23
Verse 15–23 | Noch mehr Frauen für Benjamin
15 Und dem Volk tat es Leid um Benjamin, weil der HERR einen Riss gemacht hatte in den Stämmen Israels. 16 Und die Ältesten der Gemeinde sprachen: Was sollen wir den Übriggebliebenen tun bezüglich der Frauen? Denn die Frauen sind aus Benjamin vertilgt. 17 Und sie sprachen: Ein Besitztum soll sein für die Entronnenen von Benjamin, damit nicht ein Stamm aus Israel ausgetilgt werde. 18 Wir aber, wir können ihnen keine Frauen von unseren Töchtern geben; denn die Kinder Israel haben geschworen und gesagt: Verflucht sei, wer den Benjaminitern eine Frau gibt! 19 Und sie sprachen: Siehe, ein Fest des HERR ist Jahr für Jahr in Silo, das nördlich von Bethel [liegt], gegen Sonnenaufgang von der Landstraße, die von Bethel nach Sichem hinaufgeht, und südlich von Lebona. 20 Und sie geboten den Kindern Benjamin und sprachen: Geht hin und lauert in den Weinbergen; 21 und gebt Acht, und siehe, wenn die Töchter von Silo herausziehen zum Reigentanz, so kommt hervor aus den Weinbergen und raubt euch unter den Töchtern von Silo jeder seine Frau, und zieht hin in das Land Benjamin. 22 Und es soll geschehen, wenn ihre Väter oder ihre Brüder kommen, um mit uns zu streiten, so wollen wir zu ihnen sagen: Gewährt sie uns! Denn wir haben nicht jeder seine Frau im Kampf empfangen; denn nicht ihr habt sie ihnen gegeben, dass ihr jetzt schuldig wäret. 23 Und die Kinder Benjamin taten so und nahmen sich Frauen, nach ihrer Zahl, von den Tänzerinnen, die sie raubten. Und sie zogen fort und kehrten in ihr Erbteil zurück; und sie bauten die Städte [wieder] auf und wohnten darin.
Alle Überlegungen und Handlungen in diesem Kapitel tragen das Merkmal der letzten Verse. Jeder Israelit hat sein eigenes Gesetz. Nach Gott und seinem Willen wird nicht gefragt. Der Eid, den sie geschworen haben, muss, wie auch immer, gehalten werden. Solange sie nur ihren Eid halten können, machen sie sich kein Gewissen daraus, die engsten Familienbande zu zerreißen. Ihr Gewissen ist dabei ruhig, doch das ist natürlich schon lange abgestumpft.
Alles wird nach dem Maßstab getan, was recht ist in ihren Augen: Micha tut was recht ist in seiner frommen Götzendienst; seine Mutter tut was recht ist in ihrer Beziehung mit ihrem Sohn; die Daniter tun was recht ist auf ihren verkehrten Wegen; die Stämme tun was recht ist, indem sie das Böse richten und Eide schwören. Jeder tut, was recht ist, aber nicht, was recht ist in Gottes Augen.
Jetzt muss auch noch nach 200 anderen Frauen für die übrig gebliebenen Benjaminiter Ausschau gehalten werden, ohne dass der Eid gebrochen zu werden braucht. Es wird eine neue Idee geäußert. Da sie gewissenhaft sind und ihren Eid halten wollen, können sie ihre Töchter natürlich nicht geben, aber sie kommen auf die Idee, Mädchen stehlen zu lassen. Ein Fest des HERRN ist dafür eine ausgezeichnete Gelegenheit, meinen sie. Sie brauchen dann ihre Hände nicht schmutzig zu machen, das können die Benjaminiter gut selbst tun. Hier stiften die Israeliten wohlgemerkt ihren Bruder zu einem unter dem Gesetz strengstens verbotenen Menschenraub an, nur um ihren Eid halten zu können.
Dies erinnert an das abscheulichste Verbrechen aller Zeiten, nämlich den Tod des Herrn Jesus. Seine Widersacher sind auch Menschen mit einem peinlich genauen, aber verzerrtem Gewissen. Um nicht verunreinigt zu werden und das Passah doch essen zu können, gehen die Führer des Volkes nicht in das Prätorium hinein, während sie nichts anderes wünschten als den Tod dessen, von dem das Passah spricht (Joh 18,28). Sie überliefern
Ihn an Pilatus, damit dieser Ihn kreuzigt, dann brauchen sie sich nicht an seinem Tod zu versündigen (Joh 18,31). So kann ein Mensch sehr gewissenhaft sein, wenn es darum geht, sich nicht an etwas zu besudeln, das er als verkehrt ansieht, während er mit größter Leichtigkeit andere zu den größten Missetaten anstiftet.
Benjamin bekommt den Rat, die Mädchen zu stehlen. Dann bleibt der Eid, bei dem sie geschworen hatten, ihnen keine Mädchen zu geben, aufrechterhalten. Benjamin folgt ihrem Rat, woraus wir schließen können, dass sie durch alle Geschehnisse nicht näher zu Gott gekommen sind. Die Unmoral, die unter ihnen gefunden wurde, mag dann bestraft worden sein, sie ist aber noch nicht aus ihren Herzen vertrieben.