Behandelter Abschnitt Ri 20,22-25
Verse 22–25 | Das zweite Treffen
22 Und das Volk fasste Mut, die Männer von Israel, und sie stellten sich wieder in Schlachtordnung auf an dem Ort, wo sie sich am ersten Tag aufgestellt hatten. 23 Und die Kinder Israel zogen hinauf und weinten vor dem HERRN bis zum Abend; und sie befragten den HERRN und sprachen: Soll ich wieder ausrücken zum Kampf mit den Kindern meines Bruders Benjamin? Und der HERR sprach: Zieht gegen ihn hinauf. 24 Und die Kinder Israel näherten sich den Kindern Benjamin am zweiten Tag. 25 Und Benjamin zog am zweiten Tag aus Gibea heraus, ihnen entgegen, und sie streckten wiederum unter den Kindern Israel 18.000 Mann zu Boden; diese alle zogen das Schwert.
Die Niederlage war ein schwerer Schlag. Dies hatten sie nicht erwartet. Sie sind doch mit einer gerechten Sache beschäftigt? Ihre große Anzahl ist doch auch ein Beweis dafür? Wie kommt es dann, dass sie geschlagen sind, statt dass die Übeltäter bestraft werden? Steht Gott denn an der Seite des sündigenden Stammes?
All diese Fragen können sie sich selbst gestellt haben. Dennoch ist die erste Reaktion auf ihre Niederlage nicht, dass sie mit diesen Fragen zu Gott gehen. Das Erste, was sie tun, ist sich selbst neuen Mut zuzusprechen: „Und das Volk fasste Mut, die Männer von Israel, und sie stellten sich wieder in Schlachtordnung auf an dem Ort, wo sie sich am ersten Tag aufgestellt hatten.“ David tat es anders. Von ihm lesen wir, nachdem er durch seine eigene Schuld alles verloren hatte: „Aber David stärkte sich in dem HERRN, seinem Gott“ (1Sam 30,6).
Die Israeliten fassen zuerst Mut, und dann erst fragen sie Gott. Sie sind immer noch nicht in der richtigen Stellung vor Gott, obwohl sie merklich vorsichtiger in ihren Fragen an Ihn sind. Sie müssen die Lektion noch lernen, dass sie in sich selbst nicht besser sind als ihr Bruder, die Lektion von dem Balken und dem Splitter aus Matthäus 7 (Mt 7,3-5).
Es ist auch ein Fortschritt, dass sie jetzt über „meinen Bruder“ sprechen. Sie beginnen, ein Gefühl für die Tatsache zu bekommen, dass sie es mit jemandem von derselben Herkunft zu tun haben. Bei der Ausübung der Zucht ist es stets von Bedeutung, dass wir uns gut bewusst werden, dass sie nicht aus einer Haltung heraus, dass wir besser seien, geschehen darf. Elihu, der Hiob bezüglich seines Verhaltens im Blick auf Gott ermahnen musste, hat das begriffen. Er sagt treffend zu Hiob: „Siehe, ich bin Gottes wie du; vom Ton abgekniffen bin auch ich. Siehe, sein Schrecken wird dich nicht ängstigen, und mein Druck wird nicht schwer auf dir lasten“ (Hiob 33,6.7).
Wenn dies die Gesinnung Israels gewesen wäre, hätte dieser Kampf nicht so viele Opfer gekostet. Wenn dies die Gesinnung in so vielen Zuchtfragen der Gemeinde gewesen wäre, dann hätten viele Ausschlüsse nicht stattzufinden brauchen, oder hätte schon nach kurzer Zeit Wiederherstellung stattfinden können. Das bedeutet nicht, dass alle Zuchtangelegenheiten hätten verhindert werden können. Die Gemeinde ist zur Ausübung von Zucht verpflichtet, weil sie dies der Heiligkeit Gottes schuldet. Gott kann niemals etwas von Sünde unter seinem Volk bestehen lassen. Aber Zucht soll nur im Blick auf die Wiederherstellung desjenigen angewandt werden, der gesündigt hat. Sie darf nicht aus einer persönlichen Irritation oder aus Angst vor Gesichtsverlust hinsichtlich der Umgebung geschehen.
Bevor sie ausrücken, stellen sie dem HERRN zuerst die Frage, ob sie wohl ausrücken sollen. Auch das ist ein Fortschritt, verglichen mit dem ersten Mal. Dennoch lässt Gott auch dieses zweite Treffen auf eine Niederlage für Israel hinauslaufen. Er ist mit ihnen noch nicht fertig.