Behandelter Abschnitt 1Tim 4,12-16
Verse 12-16 Ermahnungen für den Diener
Die Verse 12–16 sind voller Ermahnungen. Sie richten sich zwar direkt an Timotheus, gelten aber gleichzeitig auch für jeden Diener zu allen Zeiten. Somit auch für dich heute. Du findest darin das Geheimnis eines persönlichen Zeugnisses. Du wirst darin auch die Kraft finden, die du für deinen Dienst an den Menschen brauchst. In diesen Versen liest du, wie der Diener im Bewusstsein der Gnade lebt (V. 12), wie er mit seinen geistlichen Gaben dient (V. 13.14) und wie er sich geistlich entwickelt (V. 15.16).
Der erste Hinweis hat mit seinem Alter zu tun. Zu jedem Alter gehört ein bestimm- tes Verhaltensmuster. Es passt nicht zu einem jungen Gläubigen, wenn er sich so verhält, als hätte er schon eine sehr große Bibelkenntnis und bereits eine ganze Menge Erfahrungen mit dem Herrn gemacht. Bei einem älteren Gläubigen darf man eine gewisse Kenntnis und Reife erwarten.
Nun war Timotheus für unsere Begriffe durchaus nicht mehr so ganz jung. Ange- nommen, er war etwa 20 Jahre alt, als er von Paulus so um das Jahr 50 n. Chr. auf dessen zweiter Missionsreise mitgenommen wurde (Apg 16,3). Dann wäre er jetzt etwa 33 Jahre alt gewesen. Für die damaligen Verhältnisse war er also noch jung. Wenn Lukas Saulus einen „Jüngling“ nennt (Apg 7,58), muss dieser auch in den Dreißigern gewesen sein.
Timotheus sollte sich so verhalten, dass es seinem Alter entsprach, um keinen An- lass zur Verachtung zu geben. Zugleich gilt dieser Hinweis auch denen, die diesen Brief ebenfalls lesen würden. Weil Timotheus verhältnismäßig jung war, konnte bei der älteren Generation ein Gefühl der Geringschätzung aufkommen, wenn er etwas mit Autorität sagen würde. Seine natürliche Schüchternheit (1Kor 16,11) könnte dann zu einem etwas zurückhaltenden Auftreten führen. Das wäre jedoch für das geistliche Wohl der Gläubigen schädlich.
Timotheus sollte aber auch nicht meinen, dass er allein schon wegen seiner Autorität erwarten könnte, dass man seine Anweisungen befolgen würde. Paulus weist ihn auf seine Verantwortung hin, ein Vorbild zu sein. Sein Vorbild würde für die
Gläubigen eine Hilfe sein. Sie konnten dann erkennen, wie sie die Anweisungen praktizieren konnten.
Er sollte ein Vorbild sein „in Wort“ und „in Wandel“. Wort und Wandel umfassen das gesamte Leben. Seine Worte durften nicht unaufrichtig oder leichtfertig klingen. Das gilt sowohl für das persönliche Gespräch als auch für das öffentliche Reden. Er sollte seine Worte sorgfältig wählen und sorgfältig damit umgehen. Sein Wandel umfasst seinen ganzen Lebensstil. Wo immer er auch hinging oder sich aufhielt, sein Verhalten sollte immer das eines treuen Jüngers des Herrn Jesus sein.
Seine Kontakte mit den Glaubensgeschwistern sollten „in Liebe, in Glauben, in Keuschheit“ sein. Er sollte nicht aus einem emotionalen Impuls heraus handeln. Sein ehrliches Bemühen um das Wohl der anderen sollte der Liebe Gottes entspringen, die durch den Heiligen Geist in sein Herz ausgegossen war (Röm 5,5). Dabei konnte er sich im Glauben auf Gott und sein Wort stützen. Die anderen sollten in seinem Leben das Ergebnis seines Glaubens sehen.
Was in Liebe und Glauben gewurzelt ist, das ist auch rein. Alles, was unrein ist, wird dann verabscheut. Der Kontakt zu anderen, besonders zu jemand vom anderen Geschlecht, sollte in Reinheit (Keuschheit) erfolgen. Darauf hinzuweisen, ist gerade in unserer Zeit durchaus kein überflüssiger Luxus. Halte dich rein in allen Bereichen deines Lebens. Dabei spielt es keine Rolle, ob du noch zur Schule gehst, ob du einen Arbeitsplatz hast, ob du einen bestimmten Dienst für den Herrn tust oder sonst et- was machst.
Bei der Ermahnung in Vers 13 geht es vor allem um das, was Timotheus in den Zusammenkünften tun sollte, und zwar anhaltend. Er sollte immer wieder „vorle- sen“. Zur damaligen Zeit standen nicht jedem persönlich die Heiligen Schriften zur Verfügung. Deshalb war es sehr wichtig, daraus vorzulesen. Auch der Herr Jesus tat das (Lk 4,16-27; siehe auch Apg 13,15a; 2Kor 3,14).
Das Vorlesen aus der Heiligen Schrift ist die Grundlage für jede christliche Beleh- rung. Das war damals das Mittel, die Wahrheit weiterzugeben. Allein schon das Vor- lesen bewirkt eine reiche geistliche Frucht, vorausgesetzt, es geschieht in einem Geist der Unterwürfigkeit, der auch das Zuhören bestimmt.
Nach dem Vorlesen sollte er dann „mit dem Ermahnen, mit dem Lehren“ seinen
Dienst fortsetzen. Beim „Ermahnen“ geht es darum, das, was vorgelesen wurde, auf
Herz und Gewissen anzuwenden (Apg 13,15b). Das sollte zu einem bestimmten Ver- halten führen, das in Übereinstimmung mit der betreffenden Schriftstelle stand. Das konnte zum einen Korrektur eines verkehrten Verhaltens bedeuten. Es konnte aber auch eine Ermutigung sein, weiterzumachen und sein Verhalten nicht zu ändern.
Mit „dem Lehren“ ist das Auslegen des Vorgelesenen gemeint, so dass man es ver- stehen kann. Bei einem Zusammenkommen, wo das Wort Gottes eine zentrale Rolle spielt, sind beide Aspekte äußerst wichtig.
Solange Paulus noch nicht anwesend war, sollte Timotheus damit beschäftigt sein. Um ihn in diesem Dienst zu ermutigen, weist Paulus ihn auf seine Gnadengabe hin. Welche Gnadengabe das nun genau war, wird nicht gesagt. Der Besitz einer Gna- dengabe – und jeder Gläubige hat eine, also auch du – beinhaltet die Verantwor- tung, sie zu benutzen. Hier ist von der Gefahr die Rede, die Gnadengabe zu ver- nachlässigen. Das kann auf verschiedene Weise geschehen, beispielsweise durch Gleichgültigkeit, durch Trägheit oder weil man andere Dinge für wichtiger hält.
Bei Timotheus lag die Gefahr in seiner Schüchternheit. Darum erinnert Paulus ihn an das, was durch Weissagungen bereits früher angekündigt worden war (siehe 1,18), dass er zu einem besonderen Dienst berufen werden würde. Und er erinnert ihn an eine weitere Besonderheit: Die Ältesten hatten ihm als Zeichen ihrer Zustim- mung zu seinem Dienst die Hände aufgelegt. Das Auflegen der Hände bedeutet keine Einführung oder Berufung, sondern Einsmachen und Gemeinschaft (5,22; Apg 6,6; 13,3; 3Mo 1,4; 4,4).
Durch die Erinnerung an diese Dinge wollte Paulus Timotheus Mut machen. Wenn Paulus anschließend sagt: „Bedenke dies sorgfältig, lebe darin“, soll die Ermahnung auf fruchtbaren Boden fallen. Anderen diese Dinge zu befehlen (V. 11) wird nur dann Wirkung zeigen, wenn man sie selbst beherzigt. Es muss eine Herzenssache sein. Wenn die Botschaft wirklich ankommen soll, reicht es nicht, die Dinge nur pflichtgemäß zu tun. Es ist wichtig, darin zu leben, ganz darin aufzugehen. Du musst dich mit all deinen Gedanken, deiner ganzen Zeit und all deinen Fähigkeiten auf diese Dinge konzentrieren.
Ein Leben mit dem Herrn kann nicht unbemerkt bleiben. Das macht einen tiefen Eindruck und verleiht moralische Autorität. Jede auf den Dienst oder das Alter be- zogene Kritik verstummt dann. Die Fortschritte, die du darin machst, den Willen des Herrn zu erkennen, um ihn auf dein eigenes Leben und das deiner Zuhörer an- zuwenden, ist etwas, was „allen offenbar“ wird.
Fortschritte kann man nicht ohne Anstrengung erzielen. Das für „Fortschritte“ ge- brauchte Wort beschreibt eine Vorhut, die sich unter großen Anstrengungen einen Weg durch schwieriges Gebiet oder durch einen Urwald bahnt. Solche Anstrengun- gen werden dich aber immer mehr dazu befähigen, Dinge nach der Schrift zu beur- teilen und in geistlicher Weise zu anderen zu reden, so dass es für sie zum Nutzen ist.
Bevor du anderen dienen kannst, musst du zunächst dafür sorgen, dass dein eigenes Leben in Übereinstimmung mit der Wahrheit ist (Apg 20,28). Dann erst bist du ge- eignet und in der Lage, darauf zu achten, dass nur die gesunde Lehre vorgestellt wird, und auf jede entsprechende Abweichung hinzuweisen und sie dann zurück- zuweisen. Dabei ist es wichtig, durchzuhalten, um einerseits nicht selbst abzuwei- chen und andererseits ununterbrochen die gesunde Lehre vorzustellen.
Wenn du so mit diesen Dinge geistlich aktiv beschäftigt bist, hat das heilsame Fol- gen, sowohl für dich selbst als auch für andere. Du selbst und die, die dich hören, werden dann sicher das Endziel erreichen. Die Errettung, um die es hier geht, ist die Bewahrung in den vielen Gefahren auf dem Weg zur Herrlichkeit. Die Gefahren lie- gen in den bösen Lehren und Praktiken, vor denen am Anfang dieses Kapitels ge- warnt wurde. Du siehst, dass deine Verantwortung als Diener groß ist, dass aber mit der Treue auch großer Segen verbunden ist.