Verse 6 | Nochmals: Sucht und lebt!
Sucht den HERRN und lebt, damit er nicht wie ein Feuer in das Haus Josephs eindringe und es verzehre und für Bethel niemand da sei, der es lösche –
Es ist schwer zu verdauen, wenn du meinst, nach Gott zu suchen und dann gesagt bekommst, dass du dich irrst, dass du verkehrt suchst. Es ist doch unerhört, da sagt dir der einfache Bauer aus Tekoa, dass du den HERRN nicht finden kannst, wo du bist, weil Er nicht dort ist. Dann hast du all diese Jahre brav deine religiösen Verpflichtungen für nichts erfüllt. Der Gedanke ist schwer zu verkraften.
Wie schwierig sind auch wir davon zu überzeugen, dass die Tradition keine Garantie dafür ist, dass wir an dem „richtigen Ort“ sind. Die Tatsache, dass der Herr früher irgendwo gewirkt hat, ist keine Garantie dafür, dass es auch heute noch so ist.
Der Herr selbst bestimmt, wo Er sich aufhält und wo Er gefunden werden kann. Das ist Jerusalem für Israel (5Mo 12,5-12) und für uns ist es der Ort, an dem die Gemeinde zusammenkommt (Mt 18,20). Die Kennzeichen für das Zusammenkommen als Gemeinde sind uns in seinem Wort angegeben. Einen eigenwilligen Gottesdienst unsererseits wird er nicht annehmen, sondern „verzehren“(3Mo 10,1-5). Wir müssen bei diesen Opferdiensten im Alten Testament in der Anwendung für uns immer bedenken: „Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Heb 12,29).
Die Regeln für den Gottesdienst mögen eine lange Tradition haben und ein gutes Gefühl vermitteln, aber wenn wir meinen, dadurch vor Gott besser dazustehen, dann muss der Herr es abweisen. Seine Gunst ist – bildlich gesprochen nicht mit einem stattlichen Rind zu erkaufen. Seine Gunst kann auch nicht durch religiöse Handlungen wie Taufe und Abendmahl oder durch Geldspenden an wohltätige Zwecke erlangt werden.
Alles, was zählt, ist das, worauf unser Herz ausgerichtet ist. Ist es auf den Herrn Jesus oder auf uns selbst ausgerichtet? Leider können wir dieses „auf uns selbst ausgerichtet“ gut tarnen. Wir suchen einen Ort der Anbetung, aber es muss ein angenehmer Ort sein. Die Predigt sollte nicht zu lange sein und auch nicht zu direkt. Ein paar Einlagen zur Auflockerung dürfen schon dabei sein. Schön auch die Urlaubskirche, um in der Kühle des Abends nach einem Tag des Bräunens s am Strand, die religiösen Gefühle zu befriedigen. Wir wollen dafür sogar eine halbe Stunde Auto fahren! Ob Gott sich daran erfreuen kann? Was für eine Frage? Er sieht doch, dass wir Ihn auch im Urlaub nicht vergessen.
Aber die Frage ist nicht, ob wir Ihn vergessen, sondern ob Er in allen Dingen den ersten Platz einnimmt. Zu oft ist Er der Schlusspunkt in unserem Zeitbudget. Wenn wir Zeit übrig und nichts anderes zu tun haben, besuchen wir auch während der Woche eine Zusammenkunft der Gemeinde. Und wir klopfen uns auf die Schulter, dass wir es wieder einmal geschafft haben, eine Gebetsversammlung oder eine Bibelstunde der Gemeinde zu besuchen. Diese Haltung und Einstellung geht Hand in Hand mit unserer Wohlfühlgesellschaft. Wir alle werden dieser Haltung ebenso zum Opfer fallen, wenn wir nicht auf die Worte eines Propheten wie Amos hören.
Das „Haus Josephs“ sind die zehn Stämme Israels. Unter den zehn Stämmen nimmt Ephraim, der Sohn Josephs, den vornehmsten Platz ein. Hosea nennt auch oft Ephraim als eine Bezeichnung für die zehn Stämme.
Das Feuer, von dem Amos hier spricht, ist das Feuer, von dem er früher gesprochen hat (Amos 1,3-15; 2,1-5). Es stellt das Gericht über die bevorstehende Wegführung in die Zerstreuung dar. Aufs Neue wird das Volk vor die Wahl gestellt. Wenn sie den HERRN suchen, wird das Leben ihr Teil sein mit all dem Segen und der Gnade, die damit verbunden sind; wenn sie weiterhin ihren eigenwilligen Gottesdienst ausüben, wird das Gericht über sie kommen mit all dem Schrecken, den es mit sich bringt. Es ist beinahe nicht vorzustellen, wie geistlich blind das Volk sein muss, wenn es sich für die zweite Option entscheidet.