Behandelter Abschnitt Hes 9,8-11
Verse 8–11 | Hesekiels Reaktion – Antwort des HERRN
8 Und es geschah, als sie schlugen und ich [allein] übrig blieb, da fiel ich nieder auf mein Angesicht und schrie und sprach: Ach, Herr, HERR! Willst du den ganzen Überrest Israels verderben, indem du deinen Grimm über Jerusalem ausgießt? 9 Und er sprach zu mir: Die Schuld des Hauses Israel und Juda ist über die Maßen groß, und das Land ist mit Gewalttat erfüllt, und die Stadt ist voll Beugung [des Rechts]; denn sie sagen: Der HERR hat das Land verlassen, und der HERR sieht [uns] nicht! 10 So auch ich – mein Auge soll nicht verschonen, und ich werde mich nicht erbarmen; ihren Weg will ich auf ihren Kopf bringen. 11 Und siehe, der in Leinen gekleidete Mann, der das Schreibzeug an seiner Hüfte hatte, brachte Antwort und sprach: Ich habe getan, wie du mir geboten hast.
Es scheint, dass Hesekiel das, was der HERR zu den sechs Männern und dem Mann in Leinen gesagt hat, so nahegeht, dass er das Gefühl hat, er sei in ihrer Mitte. Als er sieht, wie die Männer weggehen, um zu schlagen, fühlt er sich allein zurückgelassen (Vers 8).
Nicht das Anbringen des Zeichens durch den Mann in Leinen beeindruckt ihn, sondern das Schlagen der Männer mit ihrem mörderischen Werkzeug. Er hat gesehen, welche Gräueltaten das Volk begangen hat (Hes 8,1-16). Doch als er sieht, dass das Gericht ohne Gnade vollzogen wird, fällt er auf sein Angesicht und legt Fürbitte ein. Wir sehen diese Liebe für ein gottloses Volk, das von Gott gerichtet wird, auch bei Menschen wie Mose und Paulus.
Er schreit zum Herrn, HERRN (Adonai, Jahwe), ob Er vorhat, das in Jerusalem Übriggebliebene durch seinen Grimm zu vernichten. Hesekiel kann, ja will es nicht glauben. Hesekiel hängt noch zu sehr an der Stadt, um zu glauben, dass sie zerstört werden wird. Das Gleiche sehen wir später bei den Jüngern des Herrn Jesus. Sie sind beeindruckt vom Tempel, während für den Herrn dort kein Platz ist. Deshalb sagt Er ihnen, dass nicht ein Stein auf dem anderen bleiben wird (Mk 13,1.2).
Gott antwortet Hesekiel und gibt ihm seine Urteilsbegründung (Vers 9): Israel und Juda haben „über die Maßen“ gesündigt. „Das Land ist mit Gewalttat erfüllt, und die Stadt ist voll Beugung [des Rechts]“ (vgl. 2Mo 23,2b). Zweimal verwendet Gott das Wort „erfüllt“ oder „voll“. Das Maß der Ungerechtigkeit ist voll. Es kann nicht mehr schlimmer werden. Gott ist geduldig, aber wenn das Maß voll ist, muss Er richten. Wenn sein Volk kein Auge mehr für Ihn hat und Ihn ignoriert, obwohl Er so oft seine Güte und auch seine Züchtigung gezeigt hat, dann ist ihr Zustand unverbesserlich, und das Gericht muss ohne Ausnahme und ohne Erbarmen kommen (Vers 10). Sie bekommen nicht mehr, als sie verdienen, nichts als das, was sie selbst verlangen. Ihr eigenwilliger Weg kommt auf ihren eigenen Kopf.
Das Gericht hat jedoch nicht das letzte Wort. Auffallend ist, dass in diesem Moment der in Leinen gekleidete Mann mit dem Schreibzeug an seiner Hüfte kommt, um Rechenschaft zu geben (Vers 11). Er hat getan, was Ihm von Gott befohlen wurde: Er hat das Zeichen auf der Stirn derer gemacht, denen das Gericht nicht widerfahren wird. Das bedeutet, dass nicht das ganze Volk vernichtet worden ist, sondern dass es einen Überrest gibt. Gott denkt an die Seinen, wenn sie in der größten Not sind und beschützt sie.
Nur der Herr Jesus kann eine solche Rechenschaft geben. Nur Er kann sagen: „Ich habe getan, wie du mir geboten hast.“ Kein anderer Mensch war jemals in der Lage, das vor Gott auszusprechen oder wird das jemals können. Er allein hat das, was der Vater Ihm geboten hatte, vollkommen getan. Was der Mann hier sagt, erinnert eindrucksvoll an die Worte des Herrn Jesus an seinen Vater: „Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte“ (Joh 17,4). Dazu gehört, dass Er die bewahren würde, die der Vater Ihm gegeben hat, was Er auch vollkommen getan hat (Joh 17,12; 18,8.9).