Verse 2 | Ein Werk von Künstlerhand
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Wie schön sind deine Tritte in den Schuhen, Fürstentochter! Die Biegungen deiner Hüften sind wie ein Halsgeschmeide, ein Werk von Künstlerhand.
In den Versen 2–6 folgt eine neue Beschreibung der Braut. In der Beschreibung, die der Bräutigam vorher von der Braut gibt (Hld 4,1-14), sagt er, was sie für ihn bedeutet. Dort beginnt er die Beschreibung mit ihrem Kopf. Diese neue Beschreibung beginnt er mit ihren Tritten, mit der Art, wie sie läuft. Die erste Beschreibung geschieht vom Standpunkt der Liebe aus. Die zweite ist vom Standpunkt ihrer öffentlichen Tätigkeit aus, die auch andere an ihr sehen.
Die Braut wird in der königlichen Herrlichkeit beschrieben, die sie innehat und die von anderen wahrgenommen wird. Obwohl sie diese Herrlichkeit vom Bräutigam erhalten hat, ist es nicht klar, ob die Beschreibung aus dem Mund des Bräutigams oder aus dem Mund der Töchter Jerusalems kommt. Wegen der öffentlichen Natur der Beschreibung ist es durchaus denkbar, dass die Töchter Jerusalems Zeugnis von ihr geben.
Der Name „Fürstentochter“ (vgl. Ps 45,13), mit dem sie angesprochen wird, bezieht sich auf das Halten dieses öffentlichen Zeugnisses. Wir hören keine Bezeichnungen wie „Braut“ und „Geliebte“ wie in Hohelied 4. Es ist keine Beschreibung der innigen Liebesbeziehung zwischen Braut und Bräutigam, sondern die offizielle Verbindung zwischen König und Königin.
Wie schon erwähnt, beginnt die Beschreibung mit den Tritten. Man sagt, dass sie „schön“ sind. Sie sticht wegen ihrer eleganten Gangart hervor. Es gibt keine Hast, sie strahlt Frieden und Würde aus. Sie bewegt sich mit Eleganz. Sie macht ihre Schritte in ihren „Schuhen“. Jeder, der in Gefangenschaft geführt wird, geht barfuß (Jes 20,4; vgl. 2Sam 15,30). Der Vater gibt dem verlorenen Sohn Sandalen an seine Füße, als er nach Hause zurückgekehrt ist (Lk 15,22).
In der geistlichen Bedeutung lehrt uns die Beschreibung etwas über unser „königliches Priestertum“ (1Pet 2,9). Wir sind keine „Königskinder“, aber wir haben trotzdem eine königliche Würde. Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu einer Liebesbeziehung mit dem Herrn Jesus auch ein Zeugnis in der Welt haben. Es ist der Wunsch jedes Gläubigen, der den Herrn Jesus lieb hat, dem, was die Braut hier sagt, zu entsprechen. Können der Herr Jesus und die Menschen um uns herum dieses Zeugnis von uns geben, das hier von der Braut gegeben wird?
Wir sollen an den Füßen beschuht sein „mit [der] Bereitschaft des Evangeliums des Friedens“ (Eph 6,15). Das bedeutet nicht, dass wir bereit sein sollen, das Evangelium zu verkünden – so wichtig das auch sein mag. Es bedeutet, dass an unserem Wandel zu erkennen ist, dass wir in Frieden leben. Wir haben in jedem Umstand, in den uns Gott bringt, Frieden. Die Menschen sehen, dass wir unseren Weg mit dem Frieden Gottes im Herzen gehen, auch wenn es schwer ist. Das ist nur möglich, wenn wir auf den Herrn Jesus fokussiert sind, der unser höchstes Vorbild darin ist (Mt 11,25-30).
Dann wird ihre „Hüfte“ beschrieben. In den Hüften liegt die Kraft zum Laufen. Nachdem Gott das Hüftgelenk Jakobs ausgerenkt hatte, ging dieser hinkend durchs Leben (1Mo 32,26.32). Man spricht von den „Biegungen“ der Hüfte der Braut. Das weist darauf hin, dass es keine scharfen oder eckigen Kanten bei ihrem Gang gibt. Wir können manchmal „verwinkelt“ oder „scharfkantig“ sein. Der Herr arbeitet daran, diese scharfen Kanten zu beseitigen. Aber Er sieht uns glatt gebogen.
Dann werden die Biegungen der Hüfte mit „Halsgeschmeide“ verglichen. Ihr Gang ist so anmutig wie ein Juwel. Wir laufen nicht mit langen Gesichtern und lassen nicht die Köpfe hängen. Wenn wir unseren Hals vor dem Herrn gebeugt haben, kann man das an unserem Gang erkennen. Dann hören wir auf seine Anweisungen und tun seinen Willen (vgl. Spr 3,21.22; 25,12). So kann man Ihn an unserem Leben erkennen, sodass wir zum Segen für diejenigen werden, mit denen wir in Kontakt kommen. Es kommt weder zu scharfen Worten noch zu verwinkelten oder unkontrollierten Handlungen.
Wir haben von Natur aus kein solch elegantes und anmutiges Verhalten. Es braucht „die Künstlerhand“, um dieses Verhalten hervorzubringen. Der Geist Gottes ist dieser Künstler. Der Geist bewirkt dieses Verhalten in uns als Gottes Kunstwerk, als neue Schöpfung. Persönliche Anstrengung und alle Arten von verhaltensändernden Therapien stehen mit dem alten Menschen in Verbindung und werden immer fehlschlagen. Es wird nur möglich sein, wenn wir dem Geist die Gelegenheit geben, unser Leben zu formen.