Behandelter Abschnitt Ps 78,32-39
Verse 32–39 | Gericht, Barmherzigkeit und Vergebung
32 Bei all dem sündigten sie wieder und glaubten nicht durch seine Wunderwerke. 33 Da ließ er im Hauch hinschwinden ihre Tage, und ihre Jahre in Schrecken. 34 Wenn er sie tötete, dann fragten sie nach ihm und kehrten um und suchten Gott eifrig; 35 und sie erinnerten sich daran, dass Gott ihr Fels sei, und Gott, der Höchste, ihr Erlöser. 36 Und sie heuchelten ihm mit ihrem Mund, und mit ihrer Zunge belogen sie ihn; 37 denn ihr Herz war nicht fest gegen ihn, und sie blieben seinem Bund nicht treu. 38 Er aber war barmherzig, er vergab die Ungerechtigkeit und vertilgte [sie] nicht; und oftmals wandte er seinen Zorn ab und ließ nicht erwachen seinen ganzen Grimm. 39 Und er gedachte daran, dass sie Fleisch seien, ein Hauch, der dahinfährt und nicht wiederkehrt.
„Bei all dem“, d. h. bei all seiner Güte und seiner Züchtigungen und seiner Wunderwerke, „sündigten sie wieder“ (Vers 32; vgl. Off 16,8-11). Gott ließ nichts unversucht, um sein Volk in der Treue zu halten oder es zur Treue zu Ihm zurückzuführen. Es gab bei ihnen ein unverbesserliches Herz, das „nicht durch seine Wunderwerke glaubte“ (vgl. Joh 12,37; Mk 8,16-21). Die größten Wunder sind nutzlos, wenn der Wille zum Glauben fehlt.
Als Folge ihres Unglaubens „ließ er im Hauch hinschwinden ihre Tage, und ihre Jahre in Schrecken“ (Vers 33). Ein Leben ohne die Einbeziehung Gottes ist „ein Hauch“, leer und sinnlos. Es gibt nichts von bleibendem Wert. So war das Leben für den Großteil des Volkes Gottes in der Wüste. Wenn Gott aus dem Leben vertrieben wird, ist es leer. Diese Leere ist mit Schrecken, mit Angst erfüllt. Dies ist ein Gericht Gottes.
Dieses ernsthafte Verhalten mit ihnen, das Er sie sogar „tötete“, hatte zur Folge, dass sie umkehrten und ernsthaft Gott suchten (Vers 34). Das ist immer der Zweck jeder Zuchtmaßnahme, die Gott gegen sein Volk ergreift. Züchtigung ist ein Ausdruck seiner Liebe und seines Interesses an ihnen (Heb 12,5-11). Er wollte sie segnen, was nur geschehen konnte, wenn sie im Gehorsam zu Ihm lebten. Wenn sie davon abwichen, züchtigte Er sie, damit sie zu Ihm zurückkehrten und Ihn suchten.
Durch die Züchtigung „erinnerten sie sich daran, dass Gott ihr Fels sei“ (Vers 35; vgl. 5Mo 32,4.15.31; Ri 3,15; 4,3). Sie erinnerten sich daran, dass Gott ihre einzige Sicherheit und ihr einziger Schutz war. Das hatten sie vergessen, als sie ihren eigenen Begierden folgten. Durch Gottes Züchtigung wurden sie wieder daran erinnert. Es war nicht nur eine vage Erinnerung an Gott, sondern Er hatte wieder ihre Aufmerksamkeit. Er ist der allmächtige „Gott“. Er ist „der Höchste“, der Gott, der über allen Dingen steht und über alle Dinge wacht. Er war „ihr Erlöser“, der sie aus Ägypten befreit hatte.
Ihr Bekenntnis war jedoch nicht mehr als ein Lippenbekenntnis (Vers 36). Ihre Rückkehr zu Gott war Heuchelei (vgl. Joh 6,26). Asaph ist sich darüber im Klaren: Sie schmeichelten Gott und logen Ihn an. Mit ihrem Mund und ihrer Zunge sagten sie alles Mögliche, was sie nicht meinten. Sie versprachen alles Mögliche, was sie nicht hielten. Sie benutzten Schmeicheleien und Lügen, um Gott zu manipulieren. Als ob sie Gott täuschen könnten. Alles, worum sie sich sorgten, war, von seiner Züchtigung befreit zu werden.
Ihr Lippenbekenntnis kam aus einem Herzen, das „nicht fest gegen ihn“ war (Vers 37). Sie sagten mit ihrem Mund etwas ganz anderes als das, was in ihrem Herzen war. Sie hatten nicht den Wunsch, bei Ihm zu sein und seinen Willen zu tun. Auch „blieben sie seinem Bund nicht treu“. Er war mit ihnen eine Bundesbeziehung eingegangen. Dabei ging es um Treue. Er war treu, aber sie waren untreu und folgten in ihrem Herzen anderen Göttern.
Trotz dessen, was das Volk Gottes getan hatte, folgte auf all diese Abneigung und Untreue ein göttliches „aber“ (Vers 38). Anstatt sein widerspenstiges Volk zu richten, „war er barmherzig, er vergab die Ungerechtigkeit“. Seine Barmherzigkeit bestand darin, ihre Schuld zu vergeben (wörtlich: zu bedecken, zu sühnen). Gott ist barmherzig, aber Er ist auch heilig. Deshalb muss Er eine gerechte Grundlage haben, um sein Volk zu verschonen. Diese hat Er in dem Werk seines Sohnes am Kreuz von Golgatha gefunden. Dort hat Er die Schuld gesühnt.
Aufgrund von Barmherzigkeit und Sühne hat Gott sein Volk nicht vernichtet, sondern „oftmals wandte er seinen Zorn ab“. Gott wandte seinen Zorn nicht nur einmal ab und verschonte sie, sondern Er tat dies wiederholt. Das Volk hat Ihn in der Wüste wiederholt zum Zorn gereizt, und ebenso wiederholt hat Gott seinen Zorn nicht über sie ausgeschüttet, sondern war barmherzig. So geht Er auch heute noch mit uns um.
Gott konnte so handeln, weil Er das Werk seines Sohnes voraussah (Röm 3,25). Er wandte seinen Zorn nicht von seinem Sohn ab, sondern brachte ihn über Ihn. Gegen sein Volk „ließ er nicht erwachen seinen ganzen Grimm“. Seinen ganzen Grimm entzündete gegen seinen Sohn in den Stunden, als Er durch Ihn zur Sünde gemacht wurde.
Ein Beweis für seine Barmherzigkeit ist, dass „er daran gedachte, dass sie Fleisch seien“, dass sie schwache Geschöpfe waren (Vers 39; vgl. Ps 103,14; Mt 26,41). Diese Barmherzigkeit mildert nicht die Schuld seines Volkes, sondern zeigt einen Gott, der sein Volk durch und durch kennt. Sein Volk dachte, es sei stark und brauche Gott nicht. Diese hohe Meinung von sich selbst beweist, wie zerbrechlich sie waren. In ihrem Stolz waren sie blind für die Tatsache, dass sie nicht mehr waren als „ein Hauch, der dahinfährt und nicht wiederkehrt“ (vgl. Jes 2,22).