Behandelter Abschnitt Ps 69,19-21
Verse 19–21 | Gebrochen und elend
19 Du kennst meinen Hohn und meine Schmach und meine Schande; vor dir sind alle meine Bedränger. 20 Der Hohn hat mein Herz gebrochen, und ich bin ganz elend; und ich habe auf Mitleid gewartet, und da war keins, und auf Tröster, und ich habe keine gefunden. 21 Und sie gaben in meine Speise Galle, und in meinem Durst gaben sie mir Essig zu trinken.
Der Psalmist beruft sich auf die Allwissenheit Gottes: „Du kennst“ und „vor Dir“ (Vers 19; vgl. Heb 4,13). Folglich ist Gott auch mit den bösen Taten seiner Feinde bekannt. Seine Feinde verfolgen ihn, unterdrücken ihn und bringen ihm all diese Hohn, Schmach und Schande. Das gilt wiederum ganz besonders für den Herrn Jesus.
Gott weiß, dass sein Eintreten für die Ehre Gottes die Ursache für all dieses Leid ist. Gott weiß auch genau, wer sie sind, die Ihn bedrängen, indem sie Ihn fälschlicherweise anklagen und verhöhnen. Das gibt Ihm Frieden in seiner Beziehung zu Gott. Er kann sie dem anvertrauen, der gerecht richtet (1Pet 2,23).
Dennoch hat all das, was die Menschen Ihm angetan haben, sein Herz gebrochen und Ihn ganz elend gemacht (Vers 20). Er ist nicht unempfindlich gegenüber dem, was Menschen Ihm antun. Er ist auch nicht unempfindlich gegenüber dem, was die Menschen Ihm nicht geben. Deshalb hat Er „auf Mitleid“ und „auf Tröster“ gewartet. Seine Schlussfolgerung ist rührend: Mitleid: „da war keins“ und Tröster: „ich habe keine gefunden“.
Bei seinen Feinden gibt es kein Mitleid, aber auch nicht bei seinen Jüngern. Als Er bei der Einsetzung des Abendmahls von seinem bevorstehenden Leiden spricht, streiten sie sich darüber, wer von ihnen der Größte ist (Lk 22,19-24). In Gethsemane befindet Er sich in einem schweren Kampf über das vor Ihm liegende Werk. Er hat die drei Jünger, die bei Ihm sind, gebeten, mit Ihm zu wachen. Aber sie schlafen ein (Mt 26,37-40). Welch tiefe Enttäuschung für Ihn! Als der Hirte geschlagen wurde, wurden die Schafe zerstreut (Sach 13,7; Mt 26,31).
Seine Feinde gaben Ihm etwas anderes (Vers 21; Mt 27,34,48). Jemandem bittere „Galle“ – hebräisch: Gift – als Nahrung zu geben, ist eine sehr gemeine Art, den Hunger eines Menschen zu stillen. Dasselbe gilt für die Gabe von Essig an jemanden, der vor Durst erstickt. Anstatt also Mitleid und Barmherzigkeit zu zeigen, boten sie Ihm eine Art Essen und Trinken an, das sein Leiden noch vergrößerte. Das ist das, was wir Sadismus nennen: die Freude daran, einen anderen absichtlich zu verletzen oder zu erniedrigen. Dem Herrn wurde nichts erspart.