Behandelter Abschnitt Ps 60,2-6
Verse 3–7 | Gebet um Rückführung
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Gott, du hast uns verworfen, hast uns zerstreut, bist zornig gewesen; führe uns wieder zurück!
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Du hast das Land erschüttert, hast es zerrissen; heile seine Risse, denn es wankt!
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Du hast dein Volk Hartes sehen lassen, mit Taumelwein hast du uns getränkt.
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Denen, die dich fürchten, hast du ein Banner gegeben, dass es sich erhebe um der Wahrheit willen. – Sela.
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Damit deine Geliebten befreit werden, rette durch deine Rechte und erhöre uns!
David beginnt den Psalm, indem er Gott sagt, dass die Verwüstung, die der Feind anrichtet, von Gott kommt (Vers 3). Er sagt, dass Gott sie zerstreut hat. Unmittelbar danach erkennt er die Ursache an: Gott ist zornig gewesen. Das heißt, etwas ist in seinem Volk geschehen, das diesen Zorn verursacht hat. Gleichzeitig bittet David Gott, sie wieder in ihr Land zurückzuführen.
David vergleicht die Situation in diesem Moment mit einer Erschütterung, einem Erdbeben, das von Gott verursacht wurde (Vers 4). Und natürlich ist es dramatisch, dass Israel, Gottes auserwähltes Volk, in Gefahr ist, unterzugehen. Das hat zur Folge, dass es in seinen Grundfesten wankt. Durch das Erdbeben wird das Land „zerrissen“ (vgl. Sach 14,4). Der Zusammenhalt ist verschwunden, es gibt keine Einheit mehr. Deshalb betet David, dass Gott die Risse doch heilen möge, denn die ganze Gesellschaft wankt. Dabei bittet er Gott, die Folgen der Niederlage zu beseitigen, denn es droht das Chaos.
Gott hat sein Volk, sein eigenes Volk, „Hartes sehen lassen“ (Vers 5), d. h. Dinge, die schwer zu ertragen und schmerzhaft sind. Man hat ihnen Taumelwein zu trinken gegeben, nicht um sie fröhlich zu machen, sondern um sie wankend zu machen und ihre Sicht zu trüben (vgl. Jes 51,17). Gott hat das über sie gebracht (vgl. Amos 3,6).
Dann kommt der Wendepunkt. David sieht, dass Gott denen, die Ihn fürchten, „ein Banner“ gegeben hat (Vers 6). Ein „Banner“ steht für einen Sieg, der von Gott gegeben wurde. Mose baute dem HERRN nach einem Sieg über die Amalekiter einen Altar und nannte ihn: „Der HERR, mein Banner“ (2Mo 17,15; vgl. Jes 11,10).
Gott gibt dem gottesfürchtigen Teil Israels, der für Ihn das wahre Israel ist, den Sieg. Sie müssen das Banner erheben, „um der Wahrheit willen“, dass Gott für sie ist und dass sie in seiner Kraft siegreich sind. Es ist kein Banner um damit in einer Parade zu laufen, sondern um im Kampf hinterherzulaufen. Die Wahrheit ist, dass jeder Sieg von Gott geschenkt wird und Ihm dafür aller Ruhm und alle Ehre gebührt.
Für uns bedeutet es, dass wir „für den einmal [oder: ein für alle Mal] den Heiligen überlieferten Glauben kämpfen“ (Jud 1,3). Der „Glaube“ ist die Wahrheit des Glaubens. Wir ringen um die Wahrheit, wenn wir die Wahrheit wie ein Banner hochhalten, während die Wahrheit von allen Seiten in allen Lebensbereichen angegriffen wird. In diesem Kampf müssen wir uns vor Augen halten, dass es Gottes Wahrheit ist und dass Er den Sieg gibt.
Diejenigen, die den gottesfürchtigen Teil Israels bilden, werden von David „deine Geliebten“ genannt (Vers 7; vgl. Ps 108,6). Sie sind der Gegenstand der Liebe Gottes. David bittet Gott hier um seine Liebe zu denjenigen, die inmitten des abtrünnigen Volkes übrig geblieben sind. Er bittet Gott, sie durch seine rechte Hand, d. h. durch seine Macht, zu retten und sie auf diese Weise zu erhören.