Behandelter Abschnitt Ps 44,9-16
Verse 9–16 | Die Klage des verstoßenen Volkes
9 Doch du hast [uns] verworfen und [uns] zuschanden gemacht und zogst nicht aus mit unseren Heeren. 10 Du ließest uns zurückweichen vor dem Bedränger, und unsere Hasser haben für sich geraubt. 11 Du gabst uns hin wie Schlachtschafe, und unter die Nationen hast du uns zerstreut. 12 Du verkauftest dein Volk für ein Geringes und hast ihren Preis nicht hoch gesetzt. 13 Du machtest uns zum Hohn unseren Nachbarn, zum Spott und Schimpf denen, die uns umgeben. 14 Du machtest uns zum Sprichwort unter den Nationen, zum Kopfschütteln unter den Völkerschaften. 15 Den ganzen Tag ist meine Schande vor mir, und die Scham meines Angesichts hat mich bedeckt 16 wegen der Stimme des Schmähers und Lästerers, wegen des Feindes und des Rachgierigen.
In Vers 9 ändert sich der Ton des Psalms. Diese Änderung wird mit dem Wort „doch“ eingeleitet. „Doch“ bedeutet: trotz des täglichen Lobes in Vers 7 als Antwort, dass Gott ihnen wohlgesinnt war. Das wirft die Frage auf, wie der Gott der Väter nun ihre Kinder verwerfen kann (vgl. Ps 89,39).
Die Treuen – die sich mit dem Rest des Volkes identifizieren, wie z. B. Daniel (Dan 9,5) – schauen auf die Umstände, in denen sie sich nun befinden. Sie stellen dann fest, dass der Gott, den sie preisen und verherrlichen, sie „verworfen und zuschanden gemacht“ hat. Dass Er sie verworfen hat, beschreiben sie in den Versen 10–12; dass Er sie zuschanden gemacht hat, beschreiben sie in den Versen 13–16.
Der Feind ist gekommen, aber Gott ist nicht mit den Heeren Israels ausgezogen. Infolgedessen wichen sie vor dem Bedränger zurück (Vers 10). Gott hat dem Feind die Oberhand über sie gegeben, und nun werden sie von denen ausgeplündert, die sie hassen.
Sie beschweren sich bei Gott, dass Er sie ihren Feinden übergibt „wie Schlachtschafe“, eigentlich „Speiseschafe“, Schafe die man frisst (Vers 11; vgl. Hes 11,4.7). Dieses „Auffressen“ geschieht durch die Feinde des
Volkes Gottes. Der Überrest ist vor dem Feind geflohen, aber nirgendwo sind sie sicher. Sie erleben, was sie damals als Volk mit ihrem Messias gemacht haben. Ihr Messias wurde vom Volk für wenig Geld verkauft (Sach 11,12.13; Mt 26,15; 27,9). Nun werden sie selbst für wenig Geld verkauft (Vers 12; vgl. 5Mo 32,30; Ri 2,14; Jes 52,3). Sie verachteten Ihn und nun sind sie selbst verachtet.
Sie ernten die Früchte ihrer Ablehnung ihres Messias. Was sie erleben, erlebte auch der Herr Jesus, ihr Messias, während seiner Tage auf der Erde. Sie ernten, was sie gesät haben. Gott macht sie zum Hohn für ihre „Nachbarn“ (Vers 13), das sind in erster Linie ihre Nachbarvölker Edom, Ammon und Moab. „Die Nationen“ – damit sind die Nationen gemeint, unter denen sie verstreut sind, ein größerer Kreis also als die „Nachbarn“ in der vorigen Zeile – machen sie zum Sprichwort (Vers 15; 5Mo 28,37; Jer 24,9). Sie schütteln ihre Köpfe über Gottes Volk als Zeichen des Spottes und der Verachtung. Der Überrest sieht in den Handlungen der Völkerschaften und der Nationen die Handlungen Gottes. Immer wieder sprechen sie von „du“, „du“, „du“ …, Er bewirkt dieses spöttische Verhalten. Sie verklagen Gott nicht deswegen, sondern erkennen, dass sie es verdient haben.
In Vers 15 spricht der König – er ist das „Ich“ in diesem Vers. Er sagt: Die Scham meines Angesichts hat mich bedeckt. Das heißt: Die Scham hat mich völlig umgeben und verschlungen. Dies geschieht den ganzen Tag über. Dies ist ein großer Kontrast zu „den ganzen Tag“ in Gott rühmen (Vers 8). Die Ursache dafür ist die Stimme derer, die ihn schmähen und lästern, „wegen des Feindes und des Rachgierigen“ (Vers 16). Darin erkennen wir den Antichristen, der einen großen Mund hat und Lästerungen redet (Off 13,5.6.11).