Behandelter Abschnitt Ps 34,9-16
Verse 9–16 | Die Furcht des HERRN lehren
9 Fürchtet den HERRN, ihr seine Heiligen! Denn keinen Mangel haben, die ihn fürchten. 10 Junge Löwen darben und hungern, aber die den HERRN suchen, ermangeln keines Guten. 11 Kommt, ihr Söhne, hört mir zu: Die Furcht des HERRN will ich euch lehren. 12 Wer ist der Mann, der Lust zum Leben hat, der Tage liebt, um Gutes zu sehen? 13 Bewahre deine Zunge vor Bösem, und deine Lippen, damit sie nicht Trug reden. 14 Weiche vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach! 15 Die Augen des HERRN sind auf die Gerechten [gerichtet] und seine Ohren auf ihr Schreien. 16 Das Angesicht des HERRN ist gegen die, die Böses tun, um ihr Gedächtnis von der Erde auszurotten.
Die Verse 9 und 10 erklären die Verse 7 und 8. Die „Heiligen“ (Vers 9) sind diejenigen, die dem HERRN hingegeben und für Ihm abgesondert sind, weil sie zu Ihm Zuflucht genommen haben (Vers 8). Sie haben erfahren, dass der HERR ein mächtiger Retter ist (Vers 7). Diejenigen, die Ihn in Vers 8 und Vers 10 fürchten, sind dieselben Personen wie in Vers 9: Sie haben Zuflucht zu dem HERRN genommen und erfahren, dass Er gütig ist. Und wenn wir den HERRN haben, dann mangelt uns nicht, denn wir haben alles (1Mo 33,11).
David ruft die „Heiligen“ Gottes auf, den HERRN zu fürchten (Vers 9). Er nennt das Motiv: „Denn keinen Mangel haben, die ihn fürchten.“ Das bedeutet nicht, dass sie immer genug zu essen haben und immer gesund sein werden. Gemeint ist, dass ihnen niemals die Gegenwart Gottes fehlen wird. Sie sagen mit David: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ (Ps 23,1), weil sie wie er sagen können: „Denn du bist bei mir“ (Ps 23,4b).
David veranschaulicht seine Worte aus Vers 10 durch einen Vergleich mit räuberischen jungen Löwen, die sich bei der Beutejagd stets auf ihre Schnelligkeit und Kraft verlassen können (Vers 11). Dennoch „darben und hungern“ sie. Bei denen „die den HERRN suchen“ ist das anders. Sie „ermangeln keines Guten“. Auch wenn sie unter Armut und Hunger leiden, besitzen sie all das Gute, das der HERR ihnen versprochen hat, weil Er bei ihnen ist. Sie werden nichts davon vermissen. Sie bekommen vielleicht noch nichts davon auf der Erde, aber sie werden es sicher in der Auferstehung bekommen.
David spricht als Weisheitslehrer, wie Salomo in den Sprüchen (Vers 12). Er fordert seine Anhänger – die er hier, wie es ein Weisheitslehrer gewöhnlich tut, „Söhne“ nennt – auf, auf ihn zu hören, weil er sie etwas lehren will (vgl. Spr 4,1). Er will an sie weitergeben, was er selbst gelernt hat. Er will sie „die Furcht des HERRN“ lehren (vgl. Joh 1,7). Die Furcht vor dem HERRN ist deshalb so wichtig, weil sie der Anfang der Weisheit ist (vgl. Spr 1,7; 9,10; Ps 111,10). Das ist das Beste, das auch wir unseren Kindern beibringen können, besser als jede Fähigkeit für dieses Leben.
In den folgenden Versen lehrt er, was die Furcht des HERRN ist, woraus sie besteht und wo sie sichtbar werden soll. Er weist auch auf die segensreichen Konsequenzen hin, die sich daraus ergeben. In der Unterweisung geht es darum, zu lernen, Ihn in alle Dinge des Lebens einzubeziehen, in tiefer Ehrfurcht vor Ihm, der alles kontrolliert, und im Vertrauen darauf, dass Er dies vollkommen tut.
Die Verse 12–16 werden von Petrus zitiert (1Pet 3,10-12). Petrus zitiert bis einschließlich Vers 16a. Er zitiert Vers 16b nicht, weil dies noch nicht der Fall ist. Er spricht von der indirekten Regierung Gottes, d. h. von einer Art Regierung Gottes, bei der das Böse nicht sofort bestraft und das Gute nicht sofort belohnt wird. Erst wenn der Herr Jesus auf der Erde regiert, wird das geschehen, was in Vers 16b steht. Petrus zitiert diese Verse aus Psalm 34, weil das, was er sagt, nicht nur im Friedensreich gilt, sondern auch jetzt.
David beginnt mit der Frage: „Wer ist der Mann, der Lust zum Leben hat, der Tage liebt, um Gutes zu sehen?“ (Vers 12; 1Pet 3,10). Die Antwort ist in der Frage eingeschlossen. Das will doch jeder, oder? Es ist möglich, Freude am Leben zu finden und auch in diesem Leben gute Tage zu sehen.
Wenn wir an das denken, was David hier sagt, sollten wir in erster Linie an irdische, vorübergehende Segnungen mit dem Genuss der Gunst Gottes denken. Für den Israeliten bedeutet Segen, ein gutes Leben zu haben, sich aller guten Gaben zu erfreuen und im guten Alter zu sterben, umgeben von Kindern und Enkelkindern, gesättigt mit Leben (vgl. 1Mo 25,8). Das gute Leben, das hier damit verbunden ist, Gutes zu tun, steht im Gegensatz zum plötzlichen, vorzeitigen Tod des Gottlosen.
Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass nicht jeder gottesfürchtige Israelit alt wird und lebenssatt stirbt, und dass nicht jeder Gottlose früh stirbt. Oft sehen wir das Gegenteil. Ist es deshalb nicht wahr, was hier in Gottes Wort geschrieben steht? Ja, das ist absolut wahr. Denn wir müssen uns daran erinnern, dass der Segen des langen Lebens schließlich im Friedensreich, nach der Auferstehung, gegeben wird.
Für das Empfangen von Segen oder Gericht müssen wir lernen, über den Tod hinauszuschauen. In der Auferstehung erfüllt Gott alles, was Er versprochen hat. Deshalb geht es bei dem, was David hier sagt, um den Glauben an Gottes Wort, auch wenn es auf den ersten Blick anders aussieht als das, was wir hier lesen.
An ein Leben in Tagen, in denen Gutes gesehen wird, sind einige Bedingungen geknüpft. David nennt sie. Ohne „die Furcht vor dem HERRN“ (Vers 11) kann Gottes Güte (Vers 8) nicht erfahren werden. In den folgenden Versen wird die Furcht vor dem HERRN in Worten (Vers 13) und in Werken (Vers 14) ausgearbeitet.
Diese Bedingungen schließen aus, dass ein Mensch, der kein neues Leben hat, jemals das wahre Leben schmecken und gute Tage sehen kann. Nur wer neues Leben, d. h. Leben aus Gott, hat, kann diese Bedingungen erfüllen. Daran sehen wir, dass es der Genuss des Lebens jetzt und in Ewigkeit ist, nämlich das Leben im Friedensreich unter der gesegneten Regierung des Messias.
Die Bedingungen bestehen aus etwas das negativ und aus etwas das positiv ist. Es ist in erster Linie notwendig, sagt David, „deine Zunge vor Bösem“ zu bewahren, und deine Lippen, damit sie nicht Trug reden“ (Vers 13). Einer der ersten Anzeichen für neues Leben zeigt sich in einer Veränderung der Sprache. Es bleibt eine Gefahr für diejenigen, die neues Leben haben, in ein altes Sprechverhalten zurückzufallen. Deshalb warnt David vor dieser Gefahr, denn sie hat einen schlechten Einfluss auf ihre Lebensqualität (Spr 13,3). Die Lebensfreude schwindet und das Gute der Tage wird nicht mehr genossen.
Dann sagt David seinen Söhnen, und uns, dass wir vom Bösen weichen und Gutes tun sollen (Vers 15; 1Pet 3,11). Auf das Negative folgt das Positive. Es ist nicht die Absicht, dass das Leben von all dem geprägt sein soll, was sie nicht tun, sondern dass es sich dadurch auszeichnet, Gutes zu tun. Wer nur das Negative vermeidet, kann mit einem Haus verglichen werden, das leer, gefegt und geschmückt ist, was es zu einer Behausung von Dämonen macht (Mt 12,44). Gutes zu tun bedeutet, sich intensiv um Frieden zu bemühen. Wir müssen ihm nachjagen, wie man ein Rebhuhn auf den Bergen jagt (1Sam 26,20). Dies geschieht mit Strategie, mit vollem Engagement und gemeinsam.
Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Es ist der innere Friede, der aus der Gemeinschaft mit Gott entsteht, indem man seinen Weg geht, im Vertrauen darauf, dass Er sich um das kümmert, was nötig ist, und dass Er vor Gefahren schützt. Dieser Frieden steht ständig in Gefahr, weil die Umstände versuchen, diesen Frieden weg zu nehmen. Deshalb muss ihm nachgejagt werden. Das Nachjagen des Friedens kann durch das Streben nach einer guten Beziehung zu allen Menschen, mit denen wir in Verbindung stehen, und durch die Suche nach guten Dingen für sie erreicht werden (vgl. Röm 12,18; Heb 12,14).
Der Weisheitslehrer hat gesprochen (Vers 12), er hat Ratschläge gegeben. Ab Vers 16 wird nun der Grund dafür erklärt. Diese Erklärung wird gegeben, indem die Gerechten den Gottlosen gegenübergestellt werden (Verse 17.22). Um uns zu ermutigen, fährt David damit fort unseren Blick auf den HERRN zu richten (Vers 16; 1Pet 3,12).
Seine Söhne oder seine Jünger oder Anhänger, die er hier „die Gerechten“ nennt, dürfen wissen, dass Gottes Augen ständig auf sie gerichtet sind. Wieder lesen wir von den Augen des Herrn (Ps 32,8; 33,18). Seine Augen „ruhen“ auf ihnen, was seine freudige Beteiligung an allem, was sie betrifft und ihnen widerfährt, zeigt.
Er weiß auch, dass es Kräfte und Mächte gibt, die sie bedrängen, und dass sie viel stärker sind als sie selbst. Deshalb dürfen sie auch wissen, dass außer seinen Augen auch seine Ohren für sie offen sind (Ps 17,6). „Seine Ohren“ sind „auf ihren Schreien“ gerichtet, wenn sie von feindlichen Mächten angegriffen werden. Er hört sie und setzt sich für sie ein gegen diejenigen, die Böses gegen sie planen.
Er richtet seine Ohren auf den Seinen, wenn sie zu Ihm rufen, aber Er wendet sein Angesicht in Zorn gegen diejenigen, die den Seinen Böses tun (Vers 17; 1Pet 3,12). Er wird sich mit ihnen befassen, wenn Er König auf der Erde ist, „um ihr Gedächtnis von der Erde auszurotten“. Man wird sich nicht nur nicht mehr an diese Übeltäter erinnern, sondern es bedeutet auch, dass diese Übeltäter keine Nachkommen haben werden. Es gibt nichts mehr, was sie an sie erinnert (Ps 9,6; 109,13.15).