Behandelter Abschnitt 2Mo 26,30-34
Vortrag 7: Die Bretter der Stiftshütte
„Und so richte die Wohnung auf nach ihrer Vorschrift, wie sie dir auf dem Berg gezeigt worden ist.
Und du sollst einen Vorhang machen aus blauem und rotem Purpur und Karmesin und gezwirntem Byssus; in Kunstweberarbeit soll man ihn machen, mit Cherubim. Und hänge ihn auf an vier Säulen aus Akazienholz, überzogen mit Gold, ihre Haken aus Gold, auf vier Füßen aus Silber; und hänge den Vorhang auf unter die Klammern; und bring dorthin, innerhalb des Vorhangs, die Lade des Zeugnisses. Und der Vorhang soll euch eine Scheidung machen zwischen dem Heiligen und dem Allerheiligsten. Und lege den Deckel auf die Lade des Zeugnisses im Allerheiligsten“ ( 2. Mose 26,30-34).
Anzahl, Beschaffenheit und Verwendung der Bretter
Wir kommen jetzt zu dem Gerüst der Stiftshütte, den Brettern aus Akazienholz, die mit Gold überzogen waren und in einer Einfassung aus Silber standen. Diese Bretter hatten alle ein Maß – sie waren zehn Ellen lang und eineinhalb Ellen breit. Sie hatten jeweils zwei Zapfen, welche in die Fassung aus Silber passten. Es gab 20 Bretter auf jeder Längsseite der Stiftshütte, deren Länge 30 Ellen betrug. An der Hinterseite, d. h. am westlichen Ende, gab es sechs Bretter derselben Breite, was insgesamt neun Ellen entspricht. Die verbleibende Elle (um auf die Gesamtbreite von zehn Ellen zu kommen), bestand aus zwei weiteren Brettern, wobei an jeder Ecke jeweils ein Brett angebracht war. Es ist die Frage aufgekommen, in welcher Weise diese beiden Eckbretter platziert waren. Wir lassen solche Fragen für das weitere Bibelstudium unter Gebet offen. Nichts in der Schrift ist unwichtig und die Architektur der Stiftshütte enthält viele Belehrungen, von denen wir einige im weiteren Verlauf berühren möchten.
Wir haben bereits erwähnt, dass die wahrscheinliche Breite der Stiftshütte zehn Ellen betrug. Das können wir daraus schließen, dass die Zahl fünf und ihre Vielfachen eine gebräuchliche Größe darstellt, der wir schon im Vorhof begegnet sind, der 100 Ellen lang und 50 breit war. Die Länge der Bretter deutet in dieselbe Richtung. In Salomos Tempel bestand das Heilige aus einer Länge und Breite von 20 Ellen. Die himmlische Stadt, der Wohnplatz Gottes, von denen diese ein Bild sind, hat ebenfalls die Form eines Würfels. Lassen wir es zunächst dabei was die Form des Heiligtums angeht. Wir werden später auf die geistliche Bedeutung näher eingehen.
Die mit Gold überzogenen Bretter aus Akazienholz standen Seite an Seite, wobei jedes Brett über goldene Ringe verfügte, durch welche fünf Stangen aus Akazienholz, die mit Gold überzogen waren, gesteckt wurden, um die Bretter fest zusammen zu halten. Die mittlere Stange erstreckte sich von einem bis zum anderen Ende der Bretter. Wir können davon ausgehen, dass die anderen vier halb so lang waren, indem zwei für die Befestigung des oberen Teils der Bretter vorgesehen waren und die anderen beiden entsprechend für den unteren. Die mittlere Stange ging, wie gesagt, über die ganze Breite. Wenn dem so ist, gab es drei goldene Ringe an jedem Brett, durch welche die Stangen gesteckt werden konnten. Wenn wir auf die geistliche Bedeutung zu sprechen kommen, werden wir sehen, wie gut diese Einrichtung zusammenpasst.
Obwohl es also nur eine Stiftshütte bzw. ein Zelt war, sehen wir, dass die Struktur eine hohe Festigkeit besaß. Zwei schwere Fassungen aus Silber unter jedem Brett stellten ein solides Fundament dar, wobei es darüber hinaus die fünf Stangen gab, die alles fest zusammenhielten.
Die geistliche Bedeutung des Akazienbaums
Kommen wir jetzt zu der geistlichen Bedeutung der verwendeten Materialien, indem wir versuchen das zusammenzutragen, was ihre Erwähnungen in der Schrift uns zeigen.
Die Bretter bestanden aus Akazienholz (oder Sittim)20. Abgesehen von der Stiftshütte gibt es nur noch eine Stelle, die sich direkt auf dieses Holz bezieht, in der wir allerdings einen Hinweis auf seine geistliche Bedeutung finden können. „Ich werde Zedern in die Wüste setzen, Akazien und Myrten und Olivenbäume, werde in die Steppe pflanzen Zypressen, Platanen und Buchsbäume miteinander; damit sie sehen und erkennen und zu Herzen nehmen und verstehen allesamt, dass die Hand des Herrn dies getan und der Heilige Israels es geschaffen hat“ (Jes 41,19-20). An einem zukünftigen Tag, an dem Israel gesegnet werden wird, wird Gott die Wüste und Einöde zu einem Ort der Freude machen.
Das Volk konnte mit einer moralischen Wüste verglichen werden, in der nichts für Gott wuchs und das wird solange der Fall sein, bis die Zeit der Segnung kommt, wo durch Gottes Gnade selbst die Wüste in einen Freudequell verwandelt wird. Dann wird die hohe und wohlriechende Zeder, die wunderschöne Akazie, die immergrüne Myrte, die fruchtbare Olive gedeihen und die Wüste wie die Rose erblühen. Der Baum erinnert an die Lebenskraft inmitten alles dessen, was momentan tot und unfruchtbar ist.
Die Wahl des Akazienholzes für die Bretter der Stiftshütte ist besonders stimmig und passt besser hierher als Zedern- oder Olivenholz. Die beiden letzten wurden bei der Errichtung des salomonischen Tempels (1Kön 6,15.31-33) benutzt und weisen auf die Herrlichkeit und Wohnung Gottes im tausendjährigen Reich hin, auf die sich der Abschnitt in 1. Könige bezieht. Vielleicht steht die Myrte, die in Verbindung mit dem Laubhüttenfest erwähnt wird (Neh 8,15), in besonderer Weise für Wohlgeruch und grünes Laubwerk. Die Akazie oder Sittim, ist dagegen der einzige Baum, der in der Wüste wächst und damit für den beabsichtigten Zweck praktisch verfügbar war, d. h. um eine Wohnung in der Wüste zu errichten, die aus Holz bestand.
Wenn wir uns an die geistliche Bedeutung erinnern und daran, dass Christus der Schlüssel zu allem ist, erhalten diese Anweisungen eine besondere Schönheit. Wie bereits erwähnt, glich Israel einer moralischen Wüste, was umso mehr der Fall war, nachdem sie aus ihrer Gefangenschaft zurückgekehrt waren und unser Herr zu ihnen kam. Es stimmt zwar, dass der Götzendienst äußerlich aufgehört hatte zu bestehen und Gräber gebaut worden waren, um die Propheten zu ehren, die aufgrund ihres treuen Zeugnisses für Gott und gegen die Sünde erschlagen worden waren. Aber all das konnte die Augen des Heiligen nicht täuschen, der die Herzen erforscht. Was die äußere Religion betraf, gab es viel gewissenhaftes Fasten, der Zehnte wurde gegeben und die heiligen Festtage eingehalten. Doch in allen diesen Dingen war nichts für Gott, keine Frucht des göttlichen Lebens. Nicht ohne Grund werden die Pharisäer, die religiösen und orthodoxen Führer, „getünchte Gräber“ (Mt 23,27) und „verborgene Grüfte“ (Lk 11,44) genannt. Sie glichen Todesstätten, die wie Körper waren, aus denen der Geist entwichen war. Es ist wahr, dass es einen kleinen Überrest gab, der durch Gnade den Samen einer neuen Nation bildete und sich durch das Bekenntnis seiner Sünden und Fruchtlosigkeit auszeichnete.
Als unser Herr kam, war Er wie ein Spross aus dürrem Erdreich (Jes 53,2). Sie fanden nichts Begehrenswertes an Ihm. Aber wie unterschiedlich ist das Auge Gottes! Hier gab es dieses Reis, das inmitten von Kargheit und Trostlosigkeit aufwuchs. In der Szene des Todes zeigte sich in Ihm Leben und Kraft.
Wenn Gott also den wahren Zustand des Menschen beschreibt, zeigt Er nicht nur auf, dass er Sünden begangen und das Gericht verdient hat, was vollkommen wahr ist, noch dass er Hilfe braucht, um das zu tun, was richtig ist, sondern er wird für tot erklärt – tot Gott gegenüber. Und für diesen Zustand ist er verantwortlich, weil sein Wille gegen Gott und seine Gnade steht. Die Pelagianer behaupteten, dass der Mensch einfach nur einen Leitfaden bräuchte, um für Gott zu leben. Die moderaten Pelagianer sahen ein, dass er krank war und Hilfe brauchte, um Gott zu gefallen, während diejenigen, die die Wahrheit kannten, erklärten, dass der Zustand des Menschen tot gegenüber Gott war und der Mensch die lebensspendende Gnade Gottes in Christus nötig hatte.
So gestaltete sich also die Welt, in welcher diese wunderbare Pflanze „vor ihm“ aufwuchs: Sie war in die Wüste gepflanzt, denn das Wort wurde Fleisch (Joh 1,14) und da die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch Er in gleicher Weise daran teilgenommen (Heb 2,14). Doch diese Wurzel hatte Leben in sich selbst und von seiner Geburt an sah das Auge Gottes nichts anderes als Vollkommenheit in Ihm. So, wie das Reis an Weisheit und an Größe und an Gunst bei Gott und Menschen zunahm (Lk 2,52), brachte es alles hervor, was für seine Lebenssituation angemessen war. Hätte dieses Leben für den Menschen keine Auswirkungen gehabt, hätte es Gott doch vollkommen verherrlicht und erfrischt.
Das Holz des Akazienbaums – die Menschheit Christi
Es gibt bestimmte Merkmale des Akazienbaums, die ihn besonders passend machen, um als Vorbild unseres Herrn auf der Erde zu dienen. Er ist ein Baum in der Wüste, wie wir bereits gesehen haben und es gibt zahlreiche Eigenschaften, die uns an die vielfältigen Charakterzüge unseres Herrn erinnern.
Ein Baum kann dazu genutzt werden, um ein Harz zu gewinnen, dass eine heilende Wirkung hat. Ein anderer dient dazu, kräftigende Medizin zu erzeugen, wogegen die Blätter eines weiteren Baums ganz besonders stark auf äußerliche Einflüsse reagieren. Die Haltbarkeit des Holzes weist auf die Unverderblichkeit seiner Menschheit hin. Auf das Letzte müssen wir etwas näher eingehen, weil es das Material ist, das nicht nur beim Gerüst der Stiftshütte zum Einsatz kam, sondern auch in all seinem Hausrat wiedergefunden wird, außer beim Waschbecken und dem Leuchter.
Gehen wir noch einmal zu Hebräer 10,5 wo wir am Ende den Zusatz finden: „Schlachtopfer und Speisopfer hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet“. Das Zitat stammt aus Psalm 40, wo die Worte „einen Leib aber hast du mir bereitet“ durch „Ohren hast du mir bereitet (oder: gegraben)“ wiedergegeben werden. Das zeigt die Freiheit, mit welcher der Geist Gottes den Gedanken, der ursprünglich unter seiner Inspiration niedergeschrieben wurde, erweitert. Entsprechend seinem prophetischen Charakter haben wir in diesem Psalm das Öffnen oder Bilden der Ohren, was auf den Gehorsam unseres Herrn hindeutet, weil das Ohr die Belehrungen aufnimmt, denen gefolgt werden soll. In der Stelle im Neuen Testament, wo seine heilige Person völlig offenbart ist, belehrt uns der Geist, dass sein Leib im Hinblick auf diesen Gehorsam besonders zubereitet war.
Wir befinden uns hier auf heiligem Boden, brauchen uns aber nicht scheuen näher zu treten, solange es mit Ehrerbietung und göttlicher Ehrfurcht geschieht. Die Person des Sohnes Gottes ist ein Geheimnis, das nur Gott völlig erfassen kann, doch dürfen wir uns daran erinnern, dass Er gekommen ist, um Gott zu offenbaren und nicht zu verbergen. Denken wir auch daran, dass der geliebte Apostel ungehindert in seinem Schoß ruhte und eine sündige Frau seine Füße küssen konnte. Er lud seine Jünger ein, Ihn zu betasten und anzuschauen. Möchten wir das mit Thomas zusammen tun, um mit ihm zu sagen „Mein Herr und mein Gott“ (Joh 20,27-28).
Vollkommen Gott und vollkommen Mensch
In diesem Zusammenhang kann es zwei Gefahren geben: Wir können auf der einen Seite seine wahre Menschheit verleugnen oder auf der anderen Seite so viel Nachdruck darauf legen, dass wir seine vollkommene und absolute Gottheit aus dem Auge verlieren. Wir lesen an einer Stelle ausdrücklich, dass Er Mensch war und ist: „Denn Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus“ (1Tim 2,5). Er ist der vollendete und einzig vollkommene Mensch, der jemals auf der Erde lebte und seine Menschheit übertrifft die des ersten Menschen bei weitem. Aber Er war auch der vollkommene Mensch, weil Er unendlich mehr war.
Der Schöpfer trat in seine eigene Schöpfung ein und nahm seinen Platz als ihr Haupt ein (Kol 1,15). Der Sohn Gottes wurde auch der Sohn des Menschen. Es war die Erde, auf welcher sein Leib bereitet wurde. Er wurde von einer Frau geboren (Gal 4,4) und erfüllte damit die ersten Evangeliumsworte Gottes, der das Zermalmen des Kopfes der Schlange durch den Samen der Frau vorhergesagt hatte. Einige sind in ihrer Ehrfurcht, in der Anbetung davor zurückgeschreckt, unseren Herrn als absoluten Menschen zu betrachten, doch muss wahre Anbetung unmittelbar durch das Wort Gottes gelenkt werden. Und dieses Wort bestätigt uns, dass Er im vollsten Sinn ein Mensch war, der geboren wurde und sein Leben hier verbrachte.
Vollkommen Mensch – doch heilig
„Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise daran teilgenommen“ (Heb 2,14). Wir sehen hier denjenigen, der an der Menschheit teilgenommen hat. Das Wort, das hier von dieser Teilnahme spricht, ist jedoch ein anderes als das, was in Bezug auf die Kinder benutzt wird. Was die Kinder betrifft, fand eine vollständige Identifikation mit allem statt, was die gefallene Menschheit mit sich brachte. Deshalb waren sie auch dem Tod unterworfen und dem, der die Macht des Todes hat.
Als Konsequenz geriet ihr ganzes Leben unter die Knechtschaft der Todesfurcht. Auf der anderen Seite sehen wir unseren Herrn, der freiwillig in diese Welt kam und eine sündlose, vollkommene menschliche Natur, bestehend aus Leib, Seele und Geist, annahm. Der Unterschied wird durch zwei Worte ausgedrückt. Einsmachung und Teilnahme. Der Geist wacht sorgfältig darüber, die heilige Menschheit des Herrn nicht mit dem geringsten Flecken des Sündenfalls zu verbinden. Das Ergebnis ist, dass sein Tod absolut freiwillig und seine Wirkung göttlich ist: „Damit er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat“, um die Seinen zu befreien.
Diese Befreiung geschieht nicht nur von der Macht Satans und des Todes, sondern bringt die Befreiten auch in die Gegenwart des lebendigen Gottes, weil unser Herr als der treue Hohepriester Sühnung für die Sünden des Volkes tat (Heb 2,17). So sehen wir, dass sowohl seine Person als auch sein Werk göttlich vollkommen sind. Dennoch zeigt uns die Schrift das einfühlsame Herz voller Mitleid und Beistand eines Menschen, der, als Er versucht wurde, litt, ohne dass sein heiliges Herz auf diese Versuchungen antwortete. In dem Bericht seiner Menschwerdung wird uns versichert, dass Er absoluter Mensch und diese Menschheit völlig einzigartig sowie frei von Sünde war. „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau“ (Gal 4,4).
Durch die überschattende Kraft des Höchsten kam der Samen der Frau ins Sein, wobei uns die Frau selbst an die erinnert, welche betrogen wurde und in Übertretung fiel (1Tim 2,14). „Der Heilige Geist wird auf dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten, darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35).
Dieser Sohn des Menschen ist völlig makellos. Es heißt nicht „das Unschuldige“, sondern „das Heilige“. Vor dem Sündenfall war der Mensch unschuldig und ohne Sünde, doch war er in einem negativen und instabilen Zustand. Er war von der Erde, irdisch – aus Staub gebildet. Obwohl er einen Geist besaß, war er nur ein Geschöpf und nichts mehr. Der zweite Mensch ist aus dem Himmel (1Kor 15,57). Er war heilig und hatte eine positive, innewohnende und bleibende Wesensart, die nicht sündigen konnte. Als Mensch war Er Teilhaber der göttlichen Natur, ohne dass das Fleisch in irgendeiner Weise einen Teil seiner Person berührte. Seine Heiligkeit war das Ergebnis des direkten göttlichen Werkes des Geistes bei seiner Menschwerdung und damit völlig getrennt von der gefallenen Natur. Wir können nur unser Gesicht verbergen, wenn wir über dieses göttliche Geheimnis sprechen oder nachdenken, und die Gnade dessen anbeten, der sich so erniedrigte, um in der Gestalt des Menschen erfunden zu werden.
In dieser Welt war Er also völlig frei von jeder Befleckung der Sünde. Im Vorbild sehen wir diese Tatsache bei der jungen roten Kuh in 4. Mose 19, auf welche nie ein Joch gekommen war. Daraus können wir schließen, dass Ihm nichts auferlegt werden konnte, was ein Ergebnis der Sünde war. Stets blieb Er in vollkommener Gemeinschaft mit Gott – kein Anflug einer Distanz, Verstimmung oder dem, was von den Folgen der Sünde spricht, konnte dazwischen treten. Er konnte sowohl in die Armut, Sorgen, Versuchungen als auch in alle sonstigen Umstände, worin sich der Mensch befand, eintreten, doch blieb Er, obwohl von Dunkelheit umgeben, stets das Licht und in dem Licht.
Die Natur Gottes musste deshalb in ihrer Güte und Gerechtigkeit Zeugnis davon abgeben, dass sie stets ihr volles Wohlgefallen und ihre Freude in diesem Gerechten fand. Den einzigen Grund, warum Gott das Licht seines Angesichts zurückgezogen hatte, finden wir in der Sünde, denn die göttliche Gerechtigkeit konnte darüber nicht einfach hinweggehen. Weiter sehen wir, dass der gefallene Mensch kein Verlangen nach Ihm hatte: „und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse“ (Joh 3,19). Dagegen war hier jemand, dessen ganzes Sein, Begehren und Denken sich nur nach Gott ausstreckte, was durch die Stimme aus der überragenden Herrlichkeit bezeugt wurde, welche die fortwährende Haltung des gerechten und heiligen Gottes Ihm gegenüber mit den Worten zum Ausdruck brachte: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Diese Tatsache setzt den Gedanken beiseite, dass Er bereits während seines Lebens auf der Erde ein Stellvertreter für die Sünde war (das war Er nur auf dem Kreuz, wo Er von Gott verlassen und zur Sünde gemacht wurde, vgl. 2Kor 5,21).
Vollkommen Mensch – doch nicht unter der Macht des Todes
Darüber hinaus sehen wir, dass der Tod nicht den geringsten Anspruch auf Ihn hatte. Wir wissen, dass der Lohn der Sünde der Tod ist und dass „durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben“ (Röm 6,23; 5,12). Der Tod ist der Vorläufer des Gerichts für den Menschen und beide können nicht voneinander getrennt werden, denn „ebenso wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“ (Heb 9,27). Wie unmöglich ist es also, dass unser heiliger Herr dem Tod unterworfen sein könnte.
Es ist die Meinung aufgetreten, dass die Menschheit unseres Herrn dergestalt war, dass Er den Begleiterscheinungen des Lebens, sei es in Form von Krankheit oder Altersschwäche, ausgesetzt war. Mit anderen Worten würde Er ein Alter von 70 oder vielleicht 80 Jahren erreichen und anschließend wie die übrigen Menschen abscheiden. Lassen wir unsere innersten Empfindungen vor solch einer Lehre zurückschrecken, auch wenn wir dazu gezwungen werden, sie zu untersuchen. Wie wir eben gesehen haben ist der Tod in der Schrift der universelle Zeuge der Sünde. Egal ob wir uns die Hütten der Armen oder die Paläste der Reichen anschauen, finden wir die dunkle Spur des Todes, der überall regiert. Es ist das Urteil Gottes über den Menschen: „An dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“ (1Mo 2,17).
Sollen wir jetzt gerade dieses Kennzeichen einer verdorbenen und gefallenen Natur nehmen, das überdies noch ein Zeuge davon ist, dass der Mensch das Recht verwirkt hat in der Schöpfung Gottes zu leben, um es unserem Herrn anzuhängen? Ihm, der keine Sünde kannte? Ist der Tod denn zu Ihm durchgedrungen, weil Er gesündigt hat (wir stellen diese Frage als Narren)? Es ist behauptet worden, dass der Herr gestorben wäre, wenn Er Gift zu sich genommen hätte. Erst einmal hätte Er das überhaupt nicht getan, weil es kein Akt des Gehorsams seinem Vater gegenüber gewesen wäre, ebenso wenig, wie Er sich nicht von der Zinne des Tempels stürzte. Wenn wir dennoch davon ausgehen, dass Er es getan hätte, stellt sich doch die Frage, ob das, was Er seinen Jüngern verheißen hatte, nicht auch auf Ihn selbst Anwendung gefunden hätte: „Und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden“ (Mk 16,18).
Die Wahrheit sieht so aus, dass solche Gedanken unheilige und nutzlose Spekulationen sind. Die Schrift gibt uns dazu keinen Anlass sie zu billigen und stützt sie in keiner Weise. Wir schauen auf den, der Fleisch wurde als jemand, der weder dem Todesurteil noch Krankheiten unterworfen war. Wenn die Menschen vor der Flut nahezu 1 000 Jahre lebten, sollten wir dann das Alter des niemals Gefallenen auf den Zeitraum beschränken, den solche verleben, deren Arbeit und Mühe wie ein Gedanke vorübereilt, weil sie alle durch seinen Grimm dahinschwinden (vgl. Ps 90,9-10)? Können wir uns vorstellen, dass seine Menschheit ihren Zenit erreichte, um anschließend im Schatten des Abends und der Nacht des Todes zu versinken? Oh nein! Wenn Er es so gewollt und die Notwendigkeit dazu bestanden hätte, dann könnte Er bis zum heutigen Tag hier geblieben sein, da der Tod keine Macht über Ihn hatte.
Durch die Gnade Gottes möchten wir die wunderbare Wahrheit bezeugen und mit Abscheu den Gedanken verwerfen, dass die eisige Hand des Todes jemals in irgendeiner Weise auf Ihn kommen konnte mit der Ausnahme, dass Er sein Leben freiwillig hingab: „Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen“ (Joh 10,18).
Seine Vollkommenheit als Basis für seinen Opfertod
Ist es nicht so, dass Ihn seine völlige Immunität sowohl dem Tod als auch den Konsequenzen der Sünde gegenüber fähig machte, der Stellvertreter für uns auf dem Kreuz zu werden? Wir würden unseres eigenen Retters beraubt werden, wenn Er persönlich, als Mensch, ein Schuldner des Todes wäre. Mit Ehrfurcht gesprochen hätte Er selbst einen Retter gebraucht, um den Preis zu bezahlen, den jeder Sohn des gefallenen Adam schuldet. Doch das genaue Gegenteil von all dem ist der Fall: „Wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, [. . . ] so wurde Christus einmal geopfert“ (Heb 9,27-28) – nicht als eine natürliche Notwendigkeit, sondern in vollkommener Gnade als ein williger Stellvertreter. „Gott sandte seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, damit er“ (nicht: sterbe, weil Er es gebrochen hätte), als ein Stellvertreter „ein Fluch für uns würde“ (Gal 4,5; 3,13). Die ganze Wahrheit der Stellvertretung und der Sühnung ruht auf diesem Fundament, sei es in Form von alttestamentlichen Bildern, die stets betonen, dass das Lamm ohne Fehl sein sollte (vgl. 2Mo 12,5) oder sei es durch die direkten Aussagen des Neuen Testaments, dass in Ihm keine Sünde war (vgl. 1Joh 3,5).
Gott setzte sein Siegel unter diese Wahrheit, indem Er den Leib unseres Herrn aus dem Grab auferweckte. Halten wir im Gedächtnis, dass es genau der Leib war, den Gott für Ihn bereitet hatte, der in der Krippe gelegen, Durst und Hunger gehabt, im Sturm geschlafen und am Grab geweint hatte. Sah Gott nicht immer in Ihm „Das Heilige“, selbst was seinen Leib betraf? Auch wenn der Mensch Ihn bespuckte, mit Dornen krönte, geißelte, seine Hände und Füße durchstach, seine Seite nach seinem Tod durchbohrte! „Als sie aber alles vollendet hatten, was über ihn geschrieben steht, nahmen sie ihn vom Holz herab und legten ihn in eine Gruft“ (Apg 13,29).
Nach dem sein Werk vollendet war konnte keine einzige Handlung von Seiten der Menschen mehr gegen Ihn durchgeführt werden (was Gott vorher noch in seiner Geduld erlaubt hatte), um seinen Leib zu verletzen. Er wird vom Kreuz herab genommen, in Spezereien (welche die Lieblichkeit und den Wohlgeruch dieses Todes für Gott andeuten) gewickelt und in ein neues Grab gelegt, das nie zuvor mit dem Tod befleckt worden war. Die Asche dieses Opfers wurde an einem reinen Ort ausgeschüttet und keine Verwesung konnte den Heiligen berühren (Apg 13,37). Es war die Herrlichkeit des Vaters, die Ihn in demselben Leib aus den Toten aufweckte, in welchem Er Gott gedient hatte, gestorben war und auf erweckt wurde und den Er jetzt für immer behalten wird. In diesem Leib erschien Er seinen Jüngern und sitzt Er jetzt auf dem Thron Gottes.
Der Leib Christi auf der Erde und in Auferstehung
Wenn wir uns so gegen die Respektlosigkeit des Unglaubens richten, müssen wir uns vor einem gegenteiligen Irrtum hüten. Der Leib, der für Ihn zubereitet wurde, war ein vollständig natürlicher Körper, der im Stande war zu sterben. Tatsächlich wurde Er für diesen Zweck Mensch. Zu sagen, dass Er in dem Sinn sterblich war, dass Er dem Tod verpflichtet oder unterworfen war, ist Gotteslästerung. Es ist dagegen die Erklärung der Grundlage der Wahrheit unserer Segnung zu sagen, dass Er die Fähigkeit besaß zu sterben.
Ohne uns auf Spekulationen über „das Verborgene“ einzulassen, das des Herrn, unseres Gottes, ist (vgl. 5Mo 29,28) und immer dazu neigt, Christus zu erniedrigen und das Fleisch zu erhöhen (Kol 2,18) können wir doch sagen, dass die Schrift nicht zum Ausdruck bringt, dass der Mensch beständig von Nahrung abhängig gewesen wäre, um sein Leben zu erhalten, wenn er nicht gefallen wäre. In anderen Worten: Es wird nicht gesagt, dass der Zustand in Eden in Ewigkeit hätte fortdauern sollen.
Die Tatsache, dass Menschen Körper haben, die denen der vergänglichen Tiere gleichen, könnte andeuten, dass, wenn menschliche Gerechtigkeit möglich gewesen wäre, Gott den ewigen Zustand durch eine göttliche Änderung ähnlich der Verwandlung der Leiber der Heiligen beim Kommen des Herrn, herbeigeführt hätte (1Kor 15,51-52), nur ohne Bezug zur Sünde. Wenn das Kreuz für unsere Errettung nicht notwendig gewesen wäre, hätte unser Herr ebenso, ohne durch den Tod zu gehen, von dem Zustand seines (für diese Erde passenden) körperlichen Bestehens, den Herrlichkeitsleib anziehen können, den Er jetzt besitzt. Er hat Verwesung nie gesehen und in diesem Sinn würde seine Auferstehung dieser Verwandlung entsprechen. Doch so, wie seine Menschwerdung freiwillig war, würde diese Verwandlung aus freien Stücken sein, weil irgendeine Art von Gebrechlichkeit als Anlass ausgeschlossen ist.
Aus der Schrift lernen wir außerdem, dass der Auferstehungsleib nicht von irdischen Verhältnissen abhängig ist, obwohl er in diese eintreten kann. Der Herr aß den gebratenen Fisch und die Honigscheibe, um ihnen zu zeigen, dass sein Leib tatsächlich materiell (stofflich) war, auch wenn er nicht länger für diese Erde bestimmt war (Lk 24,42-43).
War der Herr in der Lage Versuchungen zu erliegen?
Gehen wir an dieser Stelle zu einem anderen Thema über, das ebenfalls durch das Akazienholz vorgestellt wird: Die Versuchbarkeit unseres Herrn. Genau so, wie sich der Irrtum verbreitet hat, dass der Leib des Herrn körperlichen Schwächen und dem Tod unterworfen war, ist gelehrt worden, dass unser Herr in der Lage war, Versuchungen nachzugeben. Lasst uns zuerst festhalten, dass das absolut nicht stimmt. Wie könnte der, der völlig und ausschließlich gerecht war, eine moralische Natur besaß, die absolut und vollkommen göttlich war, für den der Gehorsam gegenüber Gott sein Leben ausmachte, fähig sein der Sünde zu erliegen? „Der Fürst dieser Welt kommt und hat nichts in mir“ (Joh 14,30).
Nun könnte der Einwand kommen, dass, obwohl Er der Sünde nicht erlegen war, Er doch hätte sündigen können. Und falls es für Ihn nicht möglich war – wozu dienten dann die Versuchungen überhaupt? Auf der anderen Seite könnten wir berechtigterweise fragen: Hätte Er der Sünde nachgeben können, wozu dann noch die Versuchung? Vielleicht hilft uns eine Veranschaulichung weiter. Es gibt Testverfahren, die dazu bestimmt sind Metalle zu entdecken, die so aussehen wie Gold, es aber nicht sind.
Diese Tests werden sowohl auf die echten Metalle als auch auf die Fälschungen angewandt, nicht um zu zeigen, dass das echte Metall dem Test nachgibt und zu Messing wird, sondern um das Gegenteil zu zeigen, nämlich dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist. Ebenso hat der Gläubige in Christus ewiges Leben und kann nie verderben, und doch wird das Bekenntnis Tests unterzogen, um die Wirklichkeit ans Licht zu bringen, das er es besitzt. Es ist unmöglich, dass Gold bei einem Test für Messing anschlagen würde und genauso unmöglich, dass ein wahrer Gläubiger wie ein bloßer Bekenner abfallen könnte. Wie viel weniger möglich ist es also, dass unser Herr Versuchungen hätte nachgeben können.
Der Gedanke kann jetzt aufkommen, dass ein wahres Kind Gottes doch der Versuchung nachgeben kann und warum dann nicht auch unser Herr? Warum ist es für ein Kind Gottes möglich der Versuchung nachzugeben? Die Anwesenheit der gefallenen Natur, des Fleisches. Hatte unser Herr das in sich? „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.“ (1Joh 3,9). Das wird von Gläubigen gesagt, als aus Gott geboren: Sollte etwa weniger für den Heiligen gelten?
Weiter könnte eingewandt werden, dass der nicht gefallene Adam imstande war der Versuchung nachzugeben, was ja auch schließlich der Fall war. Verhält es sich mit dem letzten Adam nicht ebenso? Wir haben bereits ausgeführt, dass die Menschheit des Herrn nicht genau der des Menschen vor dem Sündenfall entsprach. Als natürlicher Mensch hatte Er von Gott nur das erhalten, was die neue Geburt verleiht. Bei Ihm war sie in diesem Sinn aber nicht neu, außer als verglichen mit der Geburt aller übrigen Menschen. Er wurde nur einmal geboren und hatte es nicht nötig von neuem geboren zu werden.
Wir haben es bisher mit Absicht unterlassen die andere große Wahrheit der Gottheit unseres Herrn sowie der Vereinigung sowohl der göttlichen als auch der menschlichen Natur in einer Person vorzustellen. Damit werden wir uns in Verbindung mit dem Gold beschäftigen, wo wir das bestätigt finden werden, was wir eben gesehen haben. Doch auch ohne weiter auf diese Seite seiner Person einzugehen, sollten wir Klarheit über die absolute Unmöglichkeit haben, dass unser Herr Versuchungen hätte nachgeben können.
Verlieren wir etwas, wenn wir folglich feststellen, dass unser Retter weder sündigen konnte noch es tatsächlich tat? Wird der Fakt, dass Er mit unseren Schwachheiten Mitleid zu haben vermag, dadurch abgeschwächt, dass es „ausgenommen der Sünde“ war (Heb 4,15)? Ist er etwa weniger dazu in der Lage „denen zu helfen, die versucht werden“ (Heb 2,18)? Betrachten wir nun näher was es heißt, dass Er litt, als Er versucht wurde, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten.
Die drei Versuchungen des Herrn durch Satan in der Wüste
Zweifellos werden uns die besonderen Versuchungen durch Satan geschildert, um uns das Prinzip aller „menschlichen“ Versuchungen deutlich zu machen (vgl. 1Kor 10,13). Vielleicht haben wir bisher darüber hinweggelesen, dass es eine enge Übereinstimmung zwischen den drei Formen dieser Versuchungen und derjenigen gibt, der unsere Ureltern erlegen waren (vgl. Mt 4,1-11). Natürlich gab es auch deutliche Unterschiede. So befand sich der Herr nicht im Paradies, sondern in der Wüste und war nicht rundum mit allem versorgt, was Er brauchte, sondern war ohne Nahrung.
Die erste Versuchung des Herrn in der Wüste
Zuerst spricht ihn der Teufel als Sohn Gottes an, bzw. wirft später die Frage auf, ob Er das denn sei. Er ist hungrig und dennoch als der, welcher alle Dinge gemacht hatte, fähig, Steine in Brot zu verwandeln. Unser Herr befand sich jedoch als wirklicher Mensch auf der Erde und würde seine göttliche Macht nicht benutzen. Ja, eher würde Er Hunger leiden als der Versuchung nachzugeben und von seiner göttlichen Kraft Gebrauch zu machen. Hätte einer von uns Steine in Brot verwandeln können? Nein? So tat auch Er nicht etwas, was der Mensch nicht hätte tun können.
Die Frage Satans dreht sich letztlich darum, ob Gott wirklich für Ihn Sorge trägt oder nicht. Er hat zugelassen, dass Er leidet – warum sollte der Herr seinen Fall dann nicht in seine eigenen Hände nehmen? Ähnliches finden wir bei der Frage an Eva: „Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baum des Gartens?“ (1. Mose 3,1). Er streut damit Zweifel an der Güte und Liebe Gottes mit der Folge, dass sie den Fall in ihre eigenen Hände nimmt; verführt, doch nicht ohne dafür verantwortlich zu sein, weil sie sich von Gottes Wort abwendete und Satan ihr Ohr lieh. Sie litt (vorher) nicht, denn wie hätte sie auch leiden können, da ja Gott jedem Verlangen entsprochen hatte. Und so fällt sie und Adam mit ihr. Damit endete die erste Probe des ersten Menschen und zwar für immer. Er wird nie mehr in der Lage sein vor Gott zu stehen, es sei denn als schuldiger und verlorener Sünder.
Das Volk Gottes ist jetzt dagegen durch das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus, in seiner unendlichen Gnade, nahe gekommen. Sie befinden sich in der Welt und die Bosheit eines besiegten Feindes bedrängt sie in jeder denkbaren Weise, um ihre Gemeinschaft zu trüben und sie zur Unehre Gottes anzuleiten. Satan stellt hier also seine fadenscheinige Lüge vor, indem er behauptet, dass Gott sich nicht kümmert und schlägt vor, besser selbst für unsere Belange Sorge zu tragen. Wir werden dem Versucher nichts erwidern können, wenn wir die ewigen Worte seiner Liebe in Römer 8 vergessen: „Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“ (Röm 8,32). Und doch dürfen wir uns dann zum Herrn wenden und Ihn um Hilfe bitten.
Würde es uns wirklich helfen, wenn wir glaubten, dass Er Sehnsüchte, Gefühle oder Wünsche hatte, die „um ein Weniges“ dahin geführt hätten, dass „seine Füße abgewichen“ und Er der Versuchung erlegen wäre (vgl. Ps 73,2)? Wenn uns das tatsächlich eine Hilfe wäre können wir gewiss sein, dass Satan dahinter steht, und zwar mit dem Ziel uns dahin zu führen, die Sünde auf die leichte Schulter zu nehmen und gering von dem Heiligen Gottes zu denken. Satan arbeitet bei uns immer darauf hin, dass wir leicht über die Sünde denken, wogegen sie durch die Furcht Gottes und das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus stets in ihrer schrecklichen Wirklichkeit vorgestellt wird.
Manche mögen der Ansicht sein, dass das Mitleid derer, die selbst in Sünde gefallen sind für diejenigen, die versucht werden, hilfreicher ist als das Mitleid dessen, der in dieser Hinsicht nie gefehlt hat. Beachten wir aber, dass nicht so sehr ihr Mitleid hilfreich ist, sondern der Rat und Hinweis auf die befreiende Kraft Christi. Davon abgesehen ist der Versuch, unseren Herrn mit Sünde in Verbindung zu bringen Gotteslästerung (außer im Rahmen seines Sühnungswerkes, um sie hinwegzutun sowie seinem gegenwärtigen Dienst als Sachwalter im Himmel) und nur ein Deckmantel, aus dem Herrn einen Diener der Sünde zu machen. Wie können wir uns erdreisten, von Ihm als auf derselben Stufe zu denken, wie unsere sündigen Mitmenschen?
Im Grunde genommen besteht keine Notwendigkeit des Mitleids mit der Sünde. Sünde sollte weder geschont noch übersehen werden. Wir könnten ebenso gut eine Giftschlange großziehen und davon ausgehen, dass wir nicht gebissen werden, wenn wir uns danach sehnen, Mitleid für unsere Sünden zu erhalten. Sünde ist weder ein Missgeschick noch eine Schwachheit. Sie ist etwas Abscheuliches, das Gott hasst und Christus umbrachte. Wenn ihr stattgegeben wird, hieße das, Gott von seinem Thron zu stoßen und durch Satan zu ersetzen. Möchte Gott in unseren Herzen die Abscheu vertiefen, Ihm ungehorsam zu sein, d. h. zu sündigen.
Die zweite Versuchung des Herrn in der Wüste
Die nächste Form der Versuchung, der unser Herr durch Satan ausgesetzt wird, nämlich, sich von der Zinne des Tempels zu werfen, würde ein Missbrauch der Güte Gottes gewesen sein und stellt damit das Gegenteil der ersten Versuchung dar. Es ist möglich, dass Satans Gedanken dahin gingen, das geschriebene Wort zu seinen Gunsten auszunutzen. Außerdem könnte bei ihm der Gedanke aufgekommen sein, dass unser Herr sich in diesem Zug von seinem Volk als Messias bestätigen lassen wollte. Aber nichts dergleichen trat in die heiligen Gedanken Christi ein. Er war der Messias seines Volkes und sehnte sich danach, von ihnen wirklich als solcher anerkannt zu werden, doch musste das durch eine echte Verurteilung der Sünde sowie einer wahren Hinwendung zu Gott erfolgen und nicht etwa durch eine blendende Zurschaustellung von übernatürlicher Macht.
Der Herr vollbrachte willig und fortwährend Wunder, um zu zeigen, wer Er war und um den Bedürfnissen der Menschen zu entsprechen – jedoch niemals, um sich dem natürlichen Menschen einfach zu zeigen. Er ging auf dem Wasser, um seine Jünger zu erreichen und ihren Glauben zu befestigen. Nach seiner Auferstehung sehen wir zweitens, wie Er ihnen zeigt, dass es in seinem neuen Verhältnis keine materiellen Begrenzungen mehr gibt. Wenn wir so wollen gab Er ihnen Anschauungsunterricht, um ihnen deutlich zu machen, was auch auf sie zukam und bildete in ihren Herzen eine Vorstellung seiner Herrschaft über alle Dinge.
Worin bestanden nun die Leiden unseren Herrn, als Er den Versuchungen widerstand? Sicherlich war es nicht so, dass sein Wille oder Verlangen sich gegenüber Gott behaupten wollte, sondern vielmehr lehnte Er es ab, falsche Mittel einzusetzen, um zum gewünschten Ziel zu kommen. Die Mittel stießen Ihn völlig ab, auch wenn sie durch eine falsch zitierte Schriftstelle scheinbar gut abgesichert waren (Ps 91,11-12).
Das Ende selbst, d. h. sein geliebtes Volk zu erreichen und aufzuwecken, konnte Er nur begrüßen und tat das auch. Und war es für Ihn kein Schmerz warten zu müssen? Ähnlich dem Kummer, der Ihn später dahin führt, über Jerusalem in Tränen auszubrechen? Versetzen wir uns als Illustration in die folgende Lage: Der Sohn eines gottesfürchtigen Vaters ist zu Recht inhaftiert worden. Das Herz des Vaters sehnt sich nach seinem Sohn. Gerne wäre er bereit seine Strafe zu bezahlen, um ihm die Freiheit zurück zu schenken. Er verfügt aber nicht über die erforderlichen Mittel dazu. Allerdings eröffnet sich ihm die Möglichkeit, das Geld zu stehlen. In welcher Weise wirkt diese Gelegenheit jetzt auf den Vater? Bringt sie ihn dazu, zu stehlen? Nein, aber es schmerzt ihn sich von seinem Sohn abwenden zu müssen und die Versuchung fügt noch zu seinem Schmerz hinzu, indem es ihm deutlich macht, dass er seinem Kind nicht helfen kann. Es ist nur eine schwache Veranschaulichung und unsere armseligen Herzen haben sich leider so an eigenwillige Gedankengänge gewöhnt, dass wir uns nur ein schwaches Bild davon machen, wie völlig die Abscheu war, die unser heiliger Herr in Bezug auf Anregungen fühlte, seinem Vater ungehorsam zu sein.
Die dritte Versuchung des Herrn in der Wüste
Das tritt bei der dritten Versuchung besonders stark hervor, weil die Positionen so scharf hervorkommen. Es geht darum, jemanden außer Gott anzubeten (wobei Satan nicht sagt, dass er das sei), um im Gegenzug die Herrlichkeit des Königreiches und der Welt versprochen zu bekommen. Unser Herr stellt Satan unmittelbar bloß und verabschiedet ihn, denn Gott allein ist derjenige, dem alle Anbetung und jeder Dienst gebührt – alles andere widerstrebt seiner heiligen Seele.
Kommen wir noch einmal auf die Frage zurück, worin jetzt genau die Leiden bestanden, als Er versucht wurde. Wir haben bereits den Schmerz angedeutet, den eine reine Seele empfindet, die in irgendeiner Weise mit Bösem in Berührung gebracht wird. Wo die Reinheit absolut und vollkommen war muss der Schmerz umso intensiver gewesen sein. Wir härten uns selbst durch Gleichgültigkeit mehr ab, als wir manchmal denken. Bei Ihm sehen wir nichts dergleichen.
Das Angebot des Bösen war nicht nur eine Kränkung für Ihn, sondern beleidigte jeden Bereich seiner heiligen Natur, die für die Herrlichkeit Gottes eiferte. Für Ihn war die bloße Anwesenheit der Sünde ein tiefer Schmerz. In Gesellschaft mit jemandem zu sein, der fähig war, solche Angebote zu machen, war eine Qual. Ist es nicht sehr schmerzhaft für eine lautere Person, in eine Gesellschaft mit jemanden gestellt zu werden, der ein widerwärtiger Gotteslästerer ist und dazu anregt, ähnliche Sünden zu begehen? Und wäre es nicht noch schmerzhafter, wenn diese Person äußerlich ein anziehendes Verhalten an den Tag legte? Doch Satan bleibt Satan, auch wenn er die Gestalt eines Engels des Lichts annimmt.
Wem gehören die Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit? Gehörten sie Ihm nicht zu Recht? Konnte Er nicht einfach alles anerkennen, was anziehend und wunderbar war, außer dem, was mit Sünde behaftet war? Konnte Er nicht auf vielen Seiten herrlicher Prophezeiungen nachlesen, dass eines Tages alles Ihm gehören würde? Ja, Er konnte sogar in einem sehr realen Sinn daran denken, dass die ganze Schönheit der Natur und alle Herrschaftsgewalt Ihm einmal unterworfen sein würde. Doch selbst das konnte keine Anziehungskraft für sein Auge ausüben mit der Ausnahme, alle Dinge zur Herrlichkeit seines Vaters zu unterwerfen. Und Er durfte sich daran erinnern, ohne es auch nur einen Moment aus dem Gedächtnis zu verlieren, dass es das Geschenk des Vaters an Ihn sein würde: „Fordere von mir, und ich will dir die Nationen zum Erbteil geben und die Enden der Erde zum Besitztum“ (Ps 2,8).
Zu seiner Zeit und auf seine Weise würde sein Vater Ihm alles in die Hand geben. Deswegen wird Er nichts vorwegnehmen, wie Jakob es tat, noch irgendeine Lüge akzeptieren, egal wie beeindruckend sich die Macht und Herrlichkeit Ihm auch darstellen mochte. Er wusste (was der Mensch nicht wahr haben will), dass absolut nichts übrig bleibt, wenn man sich von Gott abwendet.
So bleibt Er auf dem Weg der Leiden und gibt dem Versucher nicht einen Moment nach. In einer Welt, in der sich alle gegen Gott stellen, bedeutet es zu leiden, wenn man gegenüber Gott treu ist. Unser Herr verlässt diesen Weg nicht und leidet dementsprechend, als Er versucht wird. Und Satan tut nichts, um Ihm auch nur etwas Erleichterung zu verschaffen.
Schlussworte
Obwohl es sehr unvollkommen war, haben wir uns nun länger bei der unverderblichen Menschheit unseres Herrn aufgehalten, die einzigartig und heilig ist. Wir haben gesehen, dass sie jeglicher Form der Versuchung ausgesetzt war, sei es körperlicher, seelischer oder geistlicher Art, wie es wohl bei dem dreimaligen Angriff Satans zum Ausdruck kommt, und doch blieb Er in jeder Versuchung makellos.
Es mag gut sein, die Aufmerksamkeit auf zwei Gesichtspunkte der Versuchung zu lenken, die im ersten Kapitel des Jakobusbriefs vorkommen: „Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt, da ihr wisst, dass die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt“ (Jak 1,2-3). „Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht; denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand. Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird“ (Jak 1,13-14).
Die erste Stelle spricht von Versuchungen, bzw. Prüfungen, die durch äußerliche Einflüsse zustande kommt; die zweite von den inneren Begierden und Lüsten. Der ersten Art war unser Herr zeit seines Lebens unterworfen, wogegen Er außerstande war, die zweite zu erleben. Möge jeder Gedanke vergehen, der seinen heiligen Namen damit in Verbindung bringt.
Vortrag 8: Der goldene Überzug der Bretter
Wir kommen nun zu dem Gold, das die Bretter völlig bedeckte. Zweifellos enthält es eine göttliche Belehrung für uns. Die Bretter, die Lade und alle Einrichtungsgegenstände in der Stiftshütte waren von außen nicht zu sehen und dementsprechend nur für die Priester und das Auge Gottes sichtbar. Für das Auge des Menschen blieb die göttliche Herrlichkeit unseres Herrn verborgen – nur der Glaube konnte sie unter dem Mantel seiner menschlichen Niedrigkeit wahrnehmen. Bei Gott verhält es sich jedoch genau umgekehrt. Das Akazienholz ist mit Gold überzogen – in den Tiefen seiner Erniedrigung sieht Er seinen Sohn, der Ihm gleichgestellt ist. Selbst am Kreuz ist es sein „Genosse“, der geschlagen wird (Sach 13,7). Aber betrachten wir die biblische Grundlage für die Annahme, dass Gold vorbildlich für die göttliche Herrlichkeit steht.21
Die Bedeutung des Goldes
Gold steht für alles, was für den Menschen wertvoll ist. In dieser Hinsicht stellt es die Schrift in einen Gegensatz zu den kostbaren Dingen Gottes. So sagt der Psalmist in Bezug auf die Rechte Gottes (d. h. seinen gerechten Wegen und Geboten, wie sie in seinem Gesetz zum Ausdruck kommen): „sie, die kostbarer sind als Gold und viel gediegenes Gold“ (Ps 19,11). Sprüche 8,10 bestätigt diesen Gedanken mit der Feststellung, dass die Erkenntnis (Gottes) auserlesenem, feinem Gold vorzuziehen ist. Gold ist das, wofür die Menschen arbeiten, für das sie ihre Kraft und Gesundheit einsetzen, die Ruhe und das Glück der Heimat aufgeben und selbst ihr Leben riskieren. Deshalb nennt die Schrift Habsucht (hier die Begierde nach Gold) auch Götzendienst (Kol 3,5), denn dadurch setzt der Mensch das Objekt seines Verlangens an die Stelle des Schöpfers. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Götzenbilder oft aus Gold gemacht wurden – dem nach menschlicher Einschätzung Wertvollsten überhaupt.
Gerade in dem Buch, aus dem wir erfahren, wie Gott das Gold zur Darstellung seiner Herrlichkeit einsetzt, lesen wir auch vom goldenen Kalb, das als Repräsentanz des Herrn hergestellt und angebetet wird, sodass Gottes heiliger Name mit Götzenanbetung verbunden wird. Dabei dient das goldene Kalb den Menschen nicht nur als ein Wahrzeichen der Gottheit, sondern sie beten es sogar tatsächlich als ihren Gott an (2Mo 32,3-4).
Derselbe Götzendienst wiederholt sich bei Gideon, einem der Befreier Israels. Aus den goldenen Ohrringen der besiegten Midianiter fertigt er ein Ephod an, das zum Mittelpunkt der Götzenanbetung und dabei öffentlich mit dem heiligen Namen Gottes verbunden wird (Ri 8,24-27). Bei der Teilung des Königreiches Israels sieht Jerobeam die Gefahr voraus, dass sein Volk zum Haus Davids zurückkehren könnte, wenn ihm gestattet würde, zur Anbetung nach Jerusalem zu gehen. Daher stellte er goldene Kälber zur Anbetung in Bethel und Dan auf (1Kön 12,26-33). Auch das große Bild, das Nebukadnezar zur Anbetung aufstellen ließ (Dan 3,1), war aus Gold. Es ist zweifellos ein Vorausbild auf den endgültigen Abfall, wenn das „Bild des Tieres“ angebetet wird und Gott in seiner Welt offen verleugnet wird. „Ihre Götzen sind Silber und Gold, ein Werk von Menschenhänden“, sagt der Psalmist (Ps 115,4) und in Jesaja 2,7-8 spricht der Prophet die Worte: „Sein Land ist voller Silber und Gold [. . . ] und sein Land ist voller Götzen“.
Die Wurzel des Götzendienstes ist, dass der Mensch das vergöttert, was er für das Kostbarste hält, wonach sich sein Herz ausstreckt und was seiner Ehre dient. Gott wird verdrängt und indem der Mensch das Götzenbild erhöht, erhöht er sich letztlich selbst. Eine schreckliche Erniedrigung ist die Folge, wie uns im ersten Kapitel des Römerbriefes vorgestellt wird (Röm 1,25).
Dennoch heißt es in 1. Mose 2,12 „das Gold dieses Landes ist gut“. Nur dann, wenn es zum Bösen missbraucht wird, entwickelt sich jegliches von Gott Geschaffene wiederum zu einer Quelle des Bösen. Da Gold das Kostbarste ist, das der Mensch besitzt, ist es zu Recht ein Symbol der göttlichen Vorrechte, die er fälschlicherweise einem Götzen gibt. Gold ist also ein Bild der Herrlichkeit Gottes, seiner Eigenschaften wie Gerechtigkeit, Heiligkeit, Weisheit, Macht, Güte und Wahrheit – alles Eigenschaften, welche die Reinheit, der Glanz und die Wertigkeit des Metalls nahelegen. Dass dies keine bloße Vermutung ist, wird in negativer Art und Weise deutlich, wie wir es eben vor uns hatten.
Unter Gottes Leitung wurde Gold nämlich auch dort verwendet, wo diese großartigen Tatsachen zum Vorschein kommen sollten. So war der Tempel Salomos als Gottes irdische Wohnstätte bis hin zum Fußboden mit Gold überzogen (1Kön 6,21-22.30). Und in der Beschreibung der himmlischen Stadt im Buch der Offenbarung wird gesagt, dass sie die Herrlichkeit Gottes hatte und dass sie „reines Gold, gleich reinem Glas“ war sowie ihre Straße „reines Gold, wie durchsichtiges Glas“ (Off 21,11.18.21). Geht es darum, die Erhabenheit Gottes dort zum Ausdruck zu bringen, wo Er sich in seiner ganzen Herrlichkeit offenbart, einer Herrlichkeit, die niemand vollständig erfassen kann, wird Gold als Bild verwendet. Wir sind also zu der Ansicht berechtigt, dass Gold ein Bild der göttlichen Herrlichkeit des Sohnes Gottes ist, so wie Akazienholz von seiner vollkommenen Menschheit spricht.
Die Gottheit des Herrn
Beschäftigen wir uns jetzt ein wenig mit seiner Gottheit. Dazu wenden wir uns dem zu, was das Wort Gottes selbst so deutlich darüber aussagt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eins, das geworden ist“ (Joh 1,1-3). Hier leuchtet das Gold hervor. Es ist der Schöpfer, denn „alles wurde durch dasselbe“. Es ist Gottheit, denn „das Wort war Gott“. Diesen Tatsachen können wir nicht entkommen und wir brauchen uns auch nicht zu fürchten von diesen Dingen vollumfänglich Gebrauch zu machen. Mehr noch: „Das Wort war bei Gott“.
Der Sohn wird als vom Vater unterschieden, aber in gesegneter Verbindung mit Ihm gesehen: Ich war Werkmeister bei ihm und „Tag für Tag seine Wonne, vor ihm mich ergötzend allezeit“ (Spr 8,22-31). „Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass Er, da Er reich (an göttlicher Herrlichkeit) war, um euretwillen arm wurde (2Kor 8,9). „Der, da Er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete (d. h. etwas Begehrenswertes), Gott gleich zu sein“, d. h. in der äußeren Herrlichkeit oder Zurschaustellung seiner Gottheit (Phil 2,6).
Alle, die Gott angehören, geben Ihm göttliche Ehre. In gleicher Weise soll sie jedoch auch seinem Sohn erwiesen werden: „Damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der ihn gesandt hat“ (Joh 5,23). Und im Namen des einstmals gedemütigten Jesus, der jetzt „hoch erhoben“ ist, wird sich einmal jedes Knie (auch das seiner Feinde), beugen (Phil 2,10-11). Das Gold strahlt hier hell hervor, obwohl es eng mit dem Akazienholz verbunden ist.
Die Gottheit des Herrn im Alten Testament
Bekanntlich ist das im Alten Testament am häufigsten verwendete Wort für „Gott“ ein Plural: „Elohim“. Anschließend folgt jedoch immer ein Verb in der Einzahl. Es ist einmal als „Der Plural der Majestät“ erklärt worden. Aber sehen wir im Licht der zitierten und weiterer (noch folgender) Stellen nicht eine Vorschattung der göttlichen Personen in der Gottheit? In 1. Mose 1 wird vom Geist Gottes gesagt, dass Er über der Fläche der Wasser schwebt. Aus Johannes 11 und anderen Schriftstellen wissen wir, dass „das Wort“, der eingeborene Sohn, der „Schöpfer aller Dinge“ ist.
Wir können die drei göttlichen Personen (des einen Gottes) bereits in Verbindung mit der Schöpfung sehen. In 1. Mose 1,26 fassen sie gemeinsam den göttlichen Ratschluss „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis“ (1. Mose 1,26). Mit wem hätte Er sich besser auf Augenhöhe beraten können, als mit dem, der – zusammen mit dem ewigen Geist – immer bei Ihm und seine Freude war, und der, gelobt sei sein Name, seine Wonne bei den Menschenkindern hatte?
Was die Offenbarung und die Kenntnis über Gott angeht, bildete das Alte Testament die Zeit der Kindheit. Doch jetzt, wo wir das volle Licht der Offenbarung im Neuen Testament besitzen, können wir den goldenen Schimmer des göttlichen Sohnes durchgehend erkennen. Es war Christus selbst, der durch den Geist hinging und vor der Sintflut durch Noah den Menschen gepredigt hat, deren Geister jetzt im Gefängnis sitzen – welch ein ernster Gedanke! (1Pet 3,18-19). Wer kann die Andeutung der unendlichen Liebe Gottes in der Gabe seines eingeborenen Sohnes übersehen, wenn Er zu Abraham sagt: „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak“ (1. Mose 22,2)? Zweifellos war es genau diese Gelegenheit, bei der Abraham den Tag unseres Herrn sah und sich freute. Und als die Juden ihren Unglauben darüber zum Ausdruck bringen, dass dieser Mann Abraham vor ihnen gesehen haben könnte, bezeugt unser Herr seine absolute Gottheit mit den Worten „Ehe Abraham wurde, bin ich“. Er, der Ewige, in sich selbst bestehende Jehova (Joh 8,56-58).
Es war die Schmach des Christus, die Mose „für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens“ (Heb 11,26). Es war Christus, der sein erlöstes Volk in der Wüste als Fels begleitete und den sie durch ihren Unglauben versuchten (1Kor 10,4.9). Es war die heilige Person, die wir als den Christus Gottes kennen, die in Ägypten und während ihres Umherirrens bei ihnen war. Es war Gott, ja Gott der Sohn, der dort bei ihnen war. Das schließt die Gegenwart des Vaters und des Geistes natürlich nicht aus, stellt in diesem Zusammenhang jedoch den ewigen Sohn in den Vordergrund. Und so haben wir in der gesamten alttestamentlichen Geschichte nicht nur Vorausbilder und Prophezeiungen im Hinblick auf den Kommenden, sondern auch Andeutungen auf den Sohn, wenn die göttliche Gegenwart beschrieben wird.
In den Psalmen wird seine Gottheit klar und deutlich gelehrt. Der „König der Herrlichkeit“ wird in Psalm 24,7-10 als „Herr der Heerscharen“ verkündet. Aber dieser König der Herrlichkeit ist auch „mächtig im Kampf“ und identisch mit dem Sieger in Psalm 45, der mit seinem um die Hüfte gegürteten Schwert gesehen wird und dieser wiederum ist niemand anderes als „das Wort Gottes“ (Off 19,11–16). In Psalm 45 wird Er als Gott angesprochen: „Dein Thron, o Gott, ist immer und ewig“ (V. 7).
Wir haben also ein direktes Zeugnis der Gottheit des Sohnes. Dabei ist es der Messias, der an dieser Stelle vor uns kommt – sowohl Mensch als auch Gott. Es ist wunderbar zu sehen, wie das Gold die Form des Akazienholzes annimmt, über dem es liegt. Ja, die „Knechtsgestalt“ verschleierte in den Augen des Vaters nie die göttliche Herrlichkeit. Sie war stets vor Ihm. Vielleicht kommt das in unserem nächsten Zitat anschaulicher vor uns als in so gut wie jedem anderen Teil der Heiligen Schrift: „Er hat meine Kraft gebeugt auf dem Weg, hat verkürzt meine Tage. Ich sprach: Mein Gott, nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage!“ (Ps 102,24-25). Es steht außer Frage, auf wen sich diese Worte und auch der gesamte Psalm beziehen.
Das Zitat aus Psalm 102 im ersten Kapitel des Hebräerbriefes führt genau die Verse an, die direkt auf die oben zitierten folgen (d. h. V.26–28). Es ist das „Gebet eines Elenden, wenn er verschmachtet“ – wie in Gethsemane schüttet der Herr seine Seele mit starkem Schreien und Tränen aus. Er ist allein und leidet unter den Vorwürfen seiner Feinde. Vor allen Dingen aber sieht Er den Schrecken des göttlichen Zorns voraus – völlig unverdient für die Sünden anderer. Das Kreuz wirft sozusagen seine Schatten über den einsam Leidenden. Seine Tage sind gezählt, und wie dunkel ist es für Ihn, auf den der Tod keinen Anspruch hatte, mit der Strafe für Sünde verbunden zu werden, die nicht seine eigene ist!
Und war es für Ihn nicht völlig in Ordnung am Leben festzuhalten? War es nicht ein Zeichen Seiner menschlichen Vollkommenheit, dass Er dies tat, wenn Er diese Seite betrachtete? So spricht Er den Ewigen mit den Worten an: „Mein Gott, nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage!“. Seine Worte im Matthäusevangelium sind damit in einer Linie, beinhalten aber zweifellos noch mehr, wenn Er sagt: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber“ (Mt 26,39). Er wartet anschließend gewissermaßen auf die Antwort Gottes, die wir dann in den folgenden Versen finden.
Welche Antwort kann es auf solch eine Hingabe geben, die angesichts eines derartigen Todes sagen kann: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst“? „Du hast einst die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. Sie werden untergehen, du aber bleibst; und sie alle werden veralten wie ein Kleid; wie ein Gewand wirst du sie verwandeln, und sie werden verwandelt werden; du aber bist derselbe, und deine Jahre enden nicht“ (Ps 102,26-28).
Könnte es eine absolutere Erklärung der Gottheit dieses Heiligen geben? Er ist der Ewige, der Unveränderliche, der Schöpfer aller Dinge, die vergehen werden, während Er bleibt. Dieser Abschnitt zeigt, wie der Geist Gottes von Christus an Stellen spricht, wo wir es kaum vermuten würden. Das Zitat dieses Abschnitts in Hebräer 1 lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es der Sohn ist, der hier angesprochen wird (Heb 1,10-12).
Dieselbe göttliche Wahrheit – die Gottheit in Verbindung mit der Menschheit unseres Herrn – finden wir auch in den Propheten: „Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird seinen Namen Immanuel nennen“, „was übersetzt ist: Gott mit uns“ (Jes 7,14; Mt 1,23). Auch hier ist es Jesus – das Akazienholz – mit dem dieser göttliche Titel verbunden wird. „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter.
Und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst“ (Jes 9,5). „Ich kleide die Himmel in Schwarz und mache Sacktuch zu ihrer Decke. Der Herr, Herr, hat mir das Ohr geöffnet, und ich bin nicht widerspenstig gewesen, bin nicht zurückgewichen“ (Jes 50,3.5). Das ganze Kapitel ist eine wunderbare Darstellung dessen, der Gott ist, der sozusagen seine Hände an den Himmel legen konnte und der sich doch als gehorsamer Mensch Gott übergab und Schmach, Speichel und Tod erlitt. „Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da ich David einen gerechten Spross erwecken werden [. . . ] und dies wird sein Name sein, womit man Ihn nennen wird: „Der Herr, unsere Gerechtigkeit“ (Jer 23,5-6). „Und oberhalb der Ausdehnung, die über ihren Häuptern war, war die Gestalt eines Thrones wie das Aussehen eines Saphirsteins; und auf der Gestalt des Thrones eine Gestalt wie das Aussehen eines Menschen oben darauf“ (Hes 1,26). Nur Gott allein kann auf dem Thron Gottes sitzen, weshalb Er (d. h. Christus) in Daniel 7,9 „ein Alter an Tagen“ genannt wird. „Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her“ (Mich 5,1). Und in Sacharja 13,7 wird Er, wie wir bereits gesehen haben, der Genosse des Herrn genannt.
Was das Alte Testament angeht, kann es also keine Frage geben, ob der Messias, der Herr Jesus, im vollsten Sinn des Wortes göttlich – d. h. Gott – ist. Wie töricht ist deshalb der Versuch, die göttliche und menschliche Natur in der einen heiligen Person zu trennen! Er ist Mensch, ebenso wie Er vollkommen und stets Gott ist. Dieses Geheimnis besteht. Doch der Glaube beugt sich davor, indem er anerkennt, dass es Tiefen des Lichts gibt, die der Verstand eines Geschöpfes nicht ergründen kann. Stattdessen ruht es in seiner Abhängigkeit von einer Liebe, Weisheit, Macht und Barmherzigkeit, die die Erkenntnis übersteigt.
Die Gottheit des Herrn im Neuen Testament
Wenden wir uns damit dem Neuen Testament zu, um weitere Stellen zu zitieren, die die Gottheit unseres Herrn betreffen, „der das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn durch ihn sind alle Dinge geschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen. Und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen durch ihn“ (Kol 1,15-17). Welch ein wunderschöner Abschnitt, in dem uns der Herr als Mensch, als Bild des unsichtbaren Gottes, vorgestellt wird.
Christus war das Abbild der moralischen Wesenszüge Gottes in einer Weise, wie sie der erste Mensch nicht einmal zur Zeit seiner Unschuld widerspiegelte. Er ist auch das Haupt der ganzen Schöpfung, der Erstgeborene – nicht der Zeit, sondern der Stellung nach und von Rechts wegen. Und anschließend erfahren wir den Grund dafür: Er ist der Schöpfer aller Dinge. Wenn der Schöpfer in unendlicher Gnade Seinen Platz als Mensch in Seiner eigenen Schöpfung einnimmt, muss Er schon allein aus dem Grund das Haupt sein, weil Er ihr Schöpfer ist. Es mag seine volle göttliche Herrlichkeit nicht zur Schau stellen, dennoch kann Er sich nicht selbst verleugnen (2Tim 2,13), kann nicht aufhören, Gott zu sein. Hier wird die Blasphemie der „Kenosis“ deutlich – der Lehre, die besagt, dass unser Herr seine Gottheit abgelegt habe, bzw. dass sie bei seiner Geburt praktisch auf nichts reduziert wurde.
Wie böse ist doch der Verstand des Menschen, wenn er Gott nicht unterworfen ist und von Satan angeleitet wird. Was für eine schreckliche Lüge ist es doch, dass die „Erkenntnis von Gut und Böse“ den Menschen zu Gott machen könnte! Ungehorsam wird zur Gotteslästerung, wenn der Mensch an die Stelle Gottes gesetzt wird! Die unendliche Gnade Gottes gegenüber verdorbenen und widerspenstigen Sündern liegt jedoch darin, dass Er, Gott der Sohn, als wahrer Mensch auf den Schauplatz des Menschen herabstieg, um die Sünde zu beseitigen, indem Er sich selbst opferte.
Aber zurück zum Thema. Diese starke Kundgebung seiner Gottheit steht in Verbindung mit seiner Menschwerdung. Nicht nur das materielle Universum ist seine Schöpfung, sondern auch alle geistigen Wesen bis hin zu den höchsten Fürstentümern, sind Ihm durch die unermessliche Entfernung der Unendlichkeit unterlegen. „Alle Dinge sind durch ihn geschaffen (Kol 1,16), d. h. Er ist der Urheber ihres Seins, „und für ihn“, d. h. sie bestehen zu seiner Ehre.
Das Geschöpf kann niemals für sich selbst sein, ohne völlig zu Grunde zu gehen. Gott allein ist vollkommene Liebe und der Sohn ist der Mittelpunkt und das Ziel aller Dinge. Nur so kann die Schöpfung zu wahrem Segen gebracht werden. Hierin liegt nun das erstaunliche Werk der Erlösung. Müssen wir uns also wundern, dass Gott die Gottheit und die Menschheit des überaus Herrlichen, der gekommen ist, um dieses gewaltige Werk zu vollbringen, in seinem göttlichen Leben und der Einheit seiner Person miteinander verwoben hat?
Wir haben die Erlösung in Ihm, der Gott und Mensch ist, durch das Blut dessen, der Gott und Mensch ist. Er hat alle Dinge mit sich versöhnt (Kol 1,20), denn Er ist Gott und Mensch, durch den Tod dessen, der Gott und Mensch ist. Und ihr, die ihr einst Feinde wart, hat Er, der Gott und Mensch ist, in dem Leib seines Fleisches versöhnt (Kol 1,21-22). Er, der das Haupt seiner Versammlung ist, ist Gott und Mensch. Die Verbindung mit seiner Schöpfung ist seine Menschheit, seine Menschwerdung. Die Verbindung mit dem sündigen Menschen geschah in seinem Tod. Alles erhält seinen Wert durch Seine Gottheit ohne die, das dürfen wir in aller Ehrfurcht sagen, keine Erlösung hätte bewirkt werden können.
Wenden wir uns erneut Hebräer 1 zu: „Welcher, die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit“ – das ist das Gold – „und der Abdruck seines Wesens seiend“ – das ist der Stempel, der die Münze prägt – „und alle Dinge durch das Wort seiner Macht tragend“ – Er ist der Gott der Vorsehung: „Alle Dinge bestehen durch ihn“ (wie in Kolosser 1). Das sind alles göttliche Attribute. Sie könnten keinem anderen als Gott zugeschrieben werden. Stellen wir uns einen absolut vollkommenen Menschen vor: Keine dieser Eigenschaften könnten ihm zugeschrieben werden. Es wäre Gotteslästerung, von einem solchen als „der Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und dem Abdruck seines Wesens“ zu sprechen und als von einem, „der alle Dinge durch das Wort seiner Macht trägt“.
Der nächste Teilsatz stellt uns das Geheimnis seines Todes unmittelbar vor Augen: „nachdem er durch sich selbst die Reinigung von den Sünden bewirkt hat“ (Heb 1,3). Dies geschah, indem sein Blut vergossen wurde. Aber wem gehörte das Blut? Wird an dieser Stelle die Person gewechselt? Wer und was ist dieser, wenn nicht der ewige Sohn Gottes, der Mensch wurde, um die Reinigung der Sünden zu bewirken? Seine Gottheit, die in einer sündlosen und vollkommenen Menschheit erkannt wurde, gab diesem Opfer einen unendlichen Wert. Es geschah durch Ihn selbst. Er, in der ganzen Fülle seiner Gottheit und seiner makellosen Menschheit, war der „Altar, der die Gabe heiligt“ (Mt 23,19). Welchen Wert hätte jedes andere Opfer?
All diese Stellen zeigen, wie diese Wahrheit über das Gold als der Gottheit des Sohnes, die ganze Schrift durchzieht. Wir haben nur einige wenige markante Stellen berührt, die von Gott als offenbart im Fleisch (1Tim 3,16) sprechen. Sogar wenn der Apostel Johannes über den sühnenden Tod des Herrn spricht, sagt er: „das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“ (1Joh 1,7). Dies ist der ewige Sohn Gottes, mit dem unsere Gemeinschaft ist (1Joh 1,2). Und derselbe Apostel schließt seinen ersten Brief später, nachdem er vom gekommenen Sohn Gottes gesprochen hat, damit ab, dass er sagt „Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1Joh 5,20).
Es ist also kein Götzendienst, wenn wir Ihn als Gott ansprechen. Im Gegenteil besteht das beste Heilmittel und die effektivste Vorbeugung darin, dass wir unser Herz Ihm auf diese Weise unterwerfen. Es ist der einzige Weg, auf dem „Kinder“ sich vor den Götzen hüten können (1Joh 5,21). Er ist „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm 9,5). Er ist „der Erste und der Letzte, der Lebendige“, der tot war und von Ewigkeit zu Ewigkeit lebendig ist (Off 1,17–18).
Unsere Kenntnis über die Gottheit des Sohnes entnehmen wir jedoch nicht nur „Beweistexten“, wie zahlreich und klar sie auch sein mögen, sondern diese Wahrheit durchzieht die ganze Schrift auf essentielle Art und Weise. Die beiläufigen Hinweise darauf kann man gar nicht zählen. Diese Wahrheit bildet den Grundton aller Harmonien des Wortes. Davon geht alles aus, dorthin kehrt alles zurück und ohne sie könnte es keine göttliche Harmonie geben. Wir können uns eher den Tag ohne die Sonne erklären als das Wort Gottes ohne den göttlichen Sohn.
Der Ort des Goldes
Aber wir müssen das weitere Studium dieses heiligen Themas nun dem demütig gesinnten Gläubigen überlassen, um einen anderen Gedanken aufzugreifen, den das Gold nahelegt. Wir haben gesehen, dass es in der Symbolik des Himmels, in welchem Er sich offenbart, eine herausragende Rolle spielt. Außer im Gericht konnte diese Erde, wo die Sünde ist, nicht der Ort für die Entfaltung der göttlichen Herrlichkeit sein. Deshalb verbarg der Sohn Gottes seine Herrlichkeit, als Er kam, um seinen Auftrag der Liebe auszuführen. Nach seiner Auferstehung erschien Er niemand anders als den Seinen.
Die Welt wird Ihn bis zu dem Tag nicht mehr sehen, an dem Er in Macht und Herrlichkeit als Richter der Lebenden und Toten erscheint. Dagegen sieht der Glaube Jesus bereits jetzt als mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (Heb 2,9). Der Ort für die Entfaltung des Goldes ist deshalb in der Herrlichkeit. Entsprechend schmückte es nur das Innere des Heiligtums. Der Glaube tritt jedoch mit Freimütigkeit ein und sieht Ihn auf dem Thron. Und jeder, der aus Gott geboren ist, glaubt, „dass Jesus der Sohn Gottes ist“ (1Joh 5,5). Es sind solche, welche die „Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes, Jesus Christus“ (Titus 2,13) lieben. Es kommt die Zeit, in der der Schleier für immer entfernt wird und die Herrlichkeit des Sohnes sowohl im Himmel als auch auf der Erde bis zum Ende ausstrahlen wird: „Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat die Herrschaft angetreten“ (Off 19,6).
So haben wir versucht, die Bedeutung des Akazienholzes und seines goldenen Überzugs aufzuzeigen – die unverderbliche Menschheit und die absolute Gottheit des Sohnes Gottes. Möge es bereits hier das Thema kostbarer Andachten sein und den Gegenstand unserer Anbetung bilden wie es einmal in Ewigkeit sein wird, wo die Herrlichkeiten Christi einerseits in allem, was vollkommen menschlich ist und andererseits in all dem, was absolut göttlich ist, in einer Person geschaut werden. Dort werden wir den Menschen sehen und uns an dem erfreuen, der gelebt, geliebt und gelitten hat und gestorben ist.
Oh, welch ein heiliges Geheimnis liegt darin! Wir schauen mit aufgedecktem Angesicht22 auf Ihn und erkennen Ihn als das Wort an, das Gott ist, Gott war und immer Gott sein wird! „Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen noch irgendein Gleichnis dessen, was oben im Himmel und was unten auf der Erde und was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen; denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott“ (2Mo 20,4.5). Gott wacht eifersüchtig darüber, einem anderen Seine Ehre zu geben, aber das unterstreicht nur die Tatsache, dass der Sohn eins mit dem Vater ist. Alle Bilder, die der Mensch machen könnte, können nur zur Eifersucht reizen. Dagegen haben wir im Sohn „das Bild des unsichtbaren Gottes“. Er wacht eifersüchtig über seinem Sohn, „damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“ (Joh 5,23).
„Du bist würdig, oh Lamm Gottes, und jedes Knie muss sich vor dir beugen“
20 Das Wort für Brett, Keresh, bedeutet ursprünglich „schneiden“, oder „in Stücke schneiden“, was andeutet, dass sie aus einem Sittim-Baum geschnitten worden waren. Mit einer Ausnahme in Hesekiel 27,6, wo es mit „Verdeck“ wiedergegeben wird, wird dieses Wort ausschließlich bei der Beschreibung der Stiftshütte benutzt und bedeutet Schnittholz. Das andere grundsätzliche Wort für Brett ist Tisch oder Tablett, was wegen seiner Geschmeidigkeit so genannt wird und bei der Beschreibung des kupfernen Altars Verwendung findet. An unserer Stelle deutet das benutzte Wort ein bearbeitetes Brett an, dass entweder komplett aus dem Baumstamm herausgeschnitten wurde oder auch zusammengefügt werden konnte. Vielleicht können wir so die Bretter an den Ecken besser verstehen. Der Gedanke der Zubereitung erinnert uns an die Worte in Bezug auf die Menschheit des Herrn in Hebräer 10,5: Einen Leib aber hast du mir bereitet – eigens und vollkommen passend für Ihn. Wie wir noch sehen werden beziehen sich die Bretter in erster Linie auf das erlöste Volk Gottes, das passend gemacht und durch seine Gnade dazu geformt wird, seine Wohnung zu bilden. Das Zuschneiden und Zubereiten der Bretter entspricht daher dem Aushauen der Steine des Tempels und weist in beiden Fällen auf die lebendigen Steine des wahren Tempels Gottes hin (1Pet 2,5).↩︎
21 Das Wort, das in Verbindung mit der Stiftshütte für Gold (zahab) verwendet wird, ist das gewöhnliche Wort, das im Alten Testament ca. 350 Mal vorkommt. Man nimmt an, dass die Wurzel dieses Wortes „hell“, bzw. „gelb“ bedeutet, da verwandte Wörter ebenfalls diese Bedeutung haben. Gold wird in der Schrift weniger mit Geld in Verbindung gebracht (was die Archäologie weitestgehend bestätigt), als vielmehr mit Zierelementen und Götzendienst. Stattdessen bildete Silber damals das Zahlungsmittel „gängig beim Kaufmann“ (1Mo 23,16). Zweifellos hortete man Gold auch als Vermögensgegenstand (vgl. Jos 7,21).
Hauptsächlich wurde es aber wohl dazu verwendet (abgesehen vom allgegenwärtigen Götzendienst für den es eingesetzt wurde), um Verzierungen herzustellen. Rebekka wurde vom Knecht Abrahams mit Gold geschmückt (1Mo 24,22) und Joseph wurde als Zeichen seiner Autorität eine goldene Kette umgelegt (1Mo 41,42). Von den Ägyptern wurden goldene Geräte gefordert (2Mo 12,25). Unter den Gegenständen, die Israel von den Midianitern erbeutete, befand sich goldenes Geschmeide: Armspangen und Handspangen, Fingerringe, Ohrringe und Spangen. Die Ismaeliter gaben Gideon auf dessen Bitte hin ihre goldenen Ohrringe (Ri 8,22-26). Die Philister fertigten goldene Bilder ihrer Plagen an (1Sam 6,4.8). Saul zog goldenen Schmuck über die Kleider der Töchter Israels (2Sam 1,24). Das Gewand der Tochter des Königs bestand aus Goldwirkerei (Ps 45,14) und war vermutlich von gleicher Art wie das Ephod des Hohenpriesters (2Mo 39,2.3).
Jeder seiner Freunde brachte Hiob einen goldenen Ring (Hiob 42,11). Trotz seines Schmucks mit goldenem Geschmeide würde das abtrünnige Israel von seinen Liebhabern geschmäht werden (Jer 4,30), wobei es Gott selbst war, der sie, bildlich gesprochen, damit ausgestattet hatte (Hes 16,13.17). Sein Glanz und seine Schönheit, seine Rost- und Anlaufbeständigkeit, seine leichte Bearbeitbarkeit und andere Eigenschaften machten es zu einem Synonym für Wertigkeit. Es ist bezeichnend, dass genau diese Eigenschaften ins Gegenteil verkehrt werden, wenn sie mit göttlichen Realitäten verglichen werden. „Euer Gold und Silber ist verrostet“ (Jak 5,3). Silber und Gold sind „vergängliche Dinge“, verglichen mit „dem kostbaren Blut Christi“ (1Pet 1,18.19).
In 1. Petrus 1,7 wird es „Gold, das vergeht“ genannt. So sollte auch der „Schmuck“ der Frauen nicht aus buchstäblichem Gold bestehen, sondern aus dem, was für Gott sehr kostbar ist, dem unvergänglichen Schmuck „des sanften und stillen Geistes“ (1. Petrus 3,3.4). In seiner vorbildlichen Bedeutung ist es das „im Feuer erprobte Gold“, das der Herr wertschätzt, und das nur von Ihm allein erlangt werden kann – von jeglichen Schlacken gereinigt.↩︎
22 Anmerkung des Übersetzers: Im englischen Original steht hier „with veiled faces“, d. h. mit verhüllten Angesichtern. Wir gehen allerdings davon aus, dass es sich um einen Druckfehler handelt und der Autor den Ausdruck aus 2. Korinther 3,18 verwenden wollte.↩︎