Behandelter Abschnitt Hld 4,3
„Deine Lippen sind wie eine Karmesinschnur, und dein Mund ist zierlich“ (Hld 4,3a).
Wie der Strom der Gnade Gottes, der diese Welt durchfließt, mit dem Blut des Kreuzes gefärbt ist, so sollte auch die Unterhaltung des Gläubigen stets diesen Charakter tragen. „Ich hielt nicht dafür“, sagt Paulus, „etwas unter euch zu wissen, als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt“; und an einer anderen Stelle: „Von mir aber sei es fern, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus“ (1Kor 2,2; Gal 6,14). O möchte sich auch, um in der Sprache des Bildes zu reden, durch all unser Reden eine Karmesinschnur hindurch ziehen, damit es dem Geliebten stets wohlgefällig sei!
Als Jesaja die Herrlichkeit des Herrn schaute, wurde er zu dem Ausruf gebracht: „Wehe mir! denn ich bin verloren; denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen, und inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen wohne ich“ (Jes 6,5). Aber dann flog einer der Seraphim zu ihm, und in seiner Hand war eine glühende Kohle, die er mit der Zange vom Altar genommen hatte. Und er berührte den Mund des Propheten damit und sprach: „Siehe, dieses hat deine Lippen berührt; und so ist deine Ungerechtigkeit gewichen und deine Sünde gesühnt“ (Jes 6,7).
Die Karmesinschnur, die Rahab in ihr Fenster binden musste, redet ebenfalls laut und deutlich von der reinigenden und rettenden Kraft des Blutes Christi. Wir können uns hier nicht weiter über diesen Gegenstand verbreiten. Der Herr gebe uns aber, dass wir unsere Lippen vor allem bewahren, was ihnen ihre liebliche Frische in den Augen Jesu und unserer Mitpilger rauben könnte. „Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, so dass ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt“ (Kol 4,6).
„Wie ein Schnittstück einer Granate ist deine Schläfe hinter deinem Schleier“ (Hld 4,3b).
Das Herz der Granate wird hier als Bild der Schläfen der Braut benutzt. Der Granatapfel ist eine köstliche Frucht von scharlachroter Farbe, dessen weißrötliches Innere einen erquickenden, säuerlichen Saft enthält. Der Vergleich erweckt den Gedanken an Zartgefühl und Sittsamkeit, die sich in leichtem Erröten kundgibt. Ist der Gedanke richtig, so bedeutet er eine gesegnete Veränderung für das Haus Jakob, das die Braut ja bildlich darstellt.
Es gab eine Zeit, wo der Herr von Seinem Volke sagen musste: „Ich wusste, dass du hart bist, und dass dein Nacken eine eiserne Sehne und deine Stirn von Erz ist“ (Jes 48,4). Welch ein Wechsel! Welche Wunder vermag die Gnade zu bewirken. Statt jener Verhärtung und Verstockung erblickt der Herr jetzt in Seiner Geliebten das Bild demütiger Sittsamkeit und zarten Fühlens.