Du hast dein Volk durch die Hand Moses und Aarons wie eine Herde geleitet: Damit endet dieser Psalm. Der Psalmist schaut zurück auf das wunderbare Handeln Gottes mit Israel vom Auszug aus Ägypten bis zum Ende der Wüstenreise. Er vergleicht das Volk mit einer Herde, die Gott Selbst geleitet hat. Jakob spricht von dem Gott, der ihn geweidet hatte (1Mo 48,15). Es liegt das liebliche Bild eines Hirten und seiner Schafherde zugrunde. Und wie hat Gott sein Volk geführt in den 40 Jahren der Wüstenreise! Es ist eine der erstaunlichsten Tatsachen, dass Gott ein so großes Volk (vermutlich drei Millionen Menschen) 40 Jahre durch die Wüste geführt und erhalten hat. Niemals hat es dem Volk an Nahrung und an Wasser gefehlt, trotz allen Unglaubens und Versagens des Volkes. Gott blieb treu.
Wie hat Gott das Volk geführt? Durch die Hand Moses und Aarons. Beide Männer sind ein wunderbares Vorbild von dem Herrn Jesus. Moses als der Lehrer der Gerechtigkeit gab dem Volk das Wort Gottes; Aaron ist ein Bild von dem Herrn Jesus als Hoherpriester, der nun verherrlicht im Himmel ist (Heb 4,14-16). Alles, was wir für unseren Weg durch diese Welt brauchen, hat Gott durch den Herrn Jesus bereitet. Er ist das Wort Gottes (Joh 1,1), durch Ihn kennen wir Gott. Alles, was wir nötig haben, ist das Wort Gottes. Dadurch wachsen wir geistlich und lernen Gott immer besser kennen, seine Wege mit uns, mit der Welt, seine Liebe und sein Erbarmen mit den Seinen. Wir lernen in diesem Wort unsere herrliche Stellung kennen und unsere wunderbare Zukunft. Und wenn doch noch Schwachheiten da sind und manches Versagen unsererseits – wir haben einen Hohenpriester, der Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten. Er selbst ist in allem versucht worden wie wir, ausgenommen die Sünde. Er versteht uns vollkommen, denn Er ist Mensch geworden, Er ist den Brüdern gleich geworden, um uns helfen zu können in den Sachen mit Gott (Heb 2,16.17).
Möge Gott die Betrachtung dieses Psalms dazu benutzen, dass wir mehr über Ihn und sein Handeln mit uns nachdenken und vielleicht auch in der Lage sind, solchen zu helfen, die durch Schwierigkeiten gehen und Trost brauchen.
Ps 78,1
Einleitung
In diesem Psalm wird das Verhalten Israels anhand der Geschichte des ganzen Volkes durch die göttliche Weisheit erörtert, während zugleich sehr wichtige Grundsätze vorgestellt werden. Es hatte in früherer Zeit nicht nur eine Erlösung stattgefunden, zu der der Glaube seine Zuflucht nahm, sondern es war auch ein Zeugnis gegeben worden und ein Gesetz, um die Wege Israels zu leiten und zu dem Zweck, dass die Väter sie ihren Kindern kundtun sollten. Doch die Väter waren ein hartnäckiges und widerspenstiges Geschlecht gewesen. Nun, das Gesetz und das Zeugnis waren gegeben worden, damit die Kinder ihren Vätern nicht gleich werden möchten; aber sie waren ihnen gleich geworden, und ihre Geschichte wird hier beschrieben. Darum züchtigte Gott sie. Es gab eine direkte, offenbare Regierung hinsichtlich ihrer Wege. Trotz alledem fuhren sie fort zu sündigen. In dem Augenblick, als sie gestraft wurden, wandten sie sich zu Ihm zurück, aber sie heuchelten Ihm nur mit ihrem Mund, ihr Herz war nicht fest gegen Ihn, und sie hielten nicht treu zu seinem Bund. Er aber war barmherzig und vergab ihnen, Er gedachte daran, dass sie nur Fleisch waren.
Doch sogar nach den Wundertaten in Ägypten vergaßen sie Ihn; und als Gott sie in das Land Kanaan gebracht hatte, wandten sie sich dem Götzendienst zu. Als Gott das hörte, ergrimmte Er und verachtete Israel sehr. Auf der Grundlage dieser Regierung, unter dem Gesetz und dem Zeugnis, verbunden mit Gnade und Barmherzigkeit, wurde Israel gänzlich aufgegeben, die Wohnung Gottes verlassen, die Bundeslade der Gefangenschaft und den Händen der Feinde überliefert. Auch das Volk wurde dem Gericht preisgegeben.
Doch die Liebe des Herrn zu seinem Volk aufgrund der Gnade war nicht vermindert, und das Elend, in das sie geraten waren, ließ diese Liebe hervortreten. Er erwachte gleich einem Schlafenden und schlug seine Feinde von hinten und gab ihnen ewige Schmach. Aber das war ein Eintreten in Gnade aufgrund seiner Liebe zu seinem Volk. Es war nicht Segnung unter seiner Regierung aufgrund ihres erfüllten Gehorsams, sondern ein Eingreifen der Gnade, nachdem der Ungehorsam auf dem Grundsatz der Regierung, trotz des Mitgefühls und des Erbarmens Gottes, ein völliges Gericht herbeigeführt hatte. Unumschränkte Gnade trat jetzt auf den Schauplatz. Frühere Segnungen hatten Joseph zum natürlichen Erben gemacht; er besaß ein reiches und doppeltes Teil. Doch Gott erwählte Juda, Er erwählte Zion. Das gab diesem Ort seine Bedeutung. Es ist der Ort, wo sich die Liebe in Gnade zeigte als alles unter dem Gesetz versagt hatte, obwohl Gott mit der größten erbarmenden Langmut handelte. Er baute sein Heiligtum. Das wird nicht gerade als Gegenstand der erwählenden Gnade beschrieben, doch Gott erwählte David, als er in den niedrigsten Verhältnissen war, um sein Volk zu weiden.
In diesem außerordentlich schönen Psalm finden wir Grundsätze von größter Wichtigkeit. Israel, das betrachtet wird als auf der Grundlage der Regierung am Sinai gestellt, auf die Grundlage eines Gesetzes, das mit Barmherzigkeit vermischt war, hatte gänzlich gefehlt, war verabscheut und verworfen. Ein völliger Zusammenbruch war geschehen: Die Bundeslade, das Bindeglied zwischen Israel und Gott, die Stätte der Versöhnung und zugleich sein Thron, war in die Hände des Feindes geraten. Doch Gott, dessen unumschränkte Liebe zu seinem Volk in Macht zur Befreiung eingegriffen hatte, hatte Juda, Zion und David erwählt und in Gnade ein Band geknüpft, indem Er rettete, nachdem alles in Verfall geraten war. Der Glaube kann zu den erlösenden Taten Gottes, aber nicht zu dem Verhalten des Menschen unter dem Gesetz zurückkehren. Psalm 78 ist das Gegenstück zu Psalm 77. Doch all dieses wird in Israel mitgeteilt, um das, was die Gnade in den letzten Tagen bewirken wird, zum Vorschein zu bringen, nämlich die Wertschätzung des Gesetzes in ihren Herzen, die sie anleiten wird, es ihre Kinder zu lehren (vgl. 1Mo 18,17-19 und 2Mo 34).
Die Gnade brachte Israel wiederum unter die Bedingung des Gehorsams. Hier bringt die Macht Gottes Rettung, nachdem Israel sogar unter der Gnade gefehlt hat und das Gericht gekommen ist. Gott handelt nach seinen Gedanken der Liebe. Ausschließlich unter Gesetz hat Israel nie gestanden; die steinernen Tafeln sind nie in das Lager gekommen (vgl. 2Kor 3). Das Angesicht Moses glänzte erst, als er Gott gesehen hatte, nachdem er zum zweiten Mal auf den Berg gestiegen und in Gnade angenommen worden war, aber was Israel betrifft, so wurde es dieses zweite Mal wieder unter Gesetz gestellt. Gnade und Gesetz wurden eingeführt, und das bedeutete Tod und Verdammnis. Dies ist unmöglich, wenn ein Stellvertreter da ist; Doch diesen Platz konnte Mose natürlich nicht einnehmen. „Vielleicht kann ich Sühnung tun für eure Sünde“ (2Mo 32,30), sagte er; und auf dem Berg bat er Gott: „So lösche mich doch aus deinem Buch“ (2Mo 32,33). „Nein“, war die Antwort, „wer gegen mich gesündigt hat, den werde ich auslöschen“ (2Mo 32.33). Das war Gesetz und – wie wir hier sehen und wie in 2. Korinther 3 bestimmt erklärt wird – Tod und Verderben (JND).
Einteilung
Überschrift (V. 1)
Der Psalmist unterweist das Volk, das sie nicht die Fehler früherer Generationen wiederholen (V. 2–11)
Erinnerung an Gottes große Zeichen und Wunder in Ägypten (V. 12.13)
Die Wüstenreise – mit erneuter Einblendung der Wunder in Ägypten (V. 14–42)
Erinnerung an die Wunder und Zeichen Gottes in Ägypten (V. 42–51)
Auszug und Besitznahme des Landes (V. 53–55)
Das Volk im Land bis zur Zeit Davids (V. 56–64)
Die besondere Zeit unter der Regierung Davids (V. 65–72)
Vers 1
Ein Maskil {d.i. viell. Unterweisung (o. Lehrgedicht)}. Von Asaph. Horche, mein Volk, auf mein Gesetz {o. meine Lehre, o. meine Unterweisung}! Neigt euer Ohr zu den Worten meines Mundes: Asaph hat wichtige Erfahrungen in Psalm 73 aufgeschrieben. Er kann nun als Lehrer auftreten. Er wollte Gott nahen, seine Zuversicht auf den Herrn setzen und alle seine Taten erzählen (73,28). Das tut er in diesem Psalm.