Behandelter Abschnitt 2Tim 1,9-10
Verse 9 und 10: Nachdem uns der Apostel davor gewarnt hat, uns weder des Zeugnisses des Herrn noch eines solchen zu schämen, der von dieser höchsten Stellung des Herrn zeugt und für dieses Zeugnis Trübsal leidet, und nachdem er uns ermutigt hat, Trübsal zu leiden mit dem Evangelium, fährt er damit fort, uns an die Größe dieses Evangeliums zu erinnern, welches Kraft ist für solche, die errettet und berufen sind (1Kor 1,18.24).
Das Bewusstsein von der Herrlichkeit des Herrn und von der Größe des Evangeliums wird uns davor bewahren, uns des Zeugnisses zu schämen, und es wird uns zubereiten, Trübsal mit dem Evangelium leiden zu können.
Aus diesen Versen wird deutlich, dass die zwei großen Gegenstände des Evangeliums die Errettung und die Berufung sind. Auf der einen Seite verkündigt das Evangelium den Weg zur Errettung, und auf der anderen Seite stellt es uns vor, dass es der Vorsatz Gottes ist, durch den und für dessen Erfüllung wir gerettet worden sind. Wir neigen leicht dazu, das Evangelium auf die wichtige Frage unserer Errettung zu beschränken; aber dabei entgeht uns der weit tiefere Segen, der mit dem ewigen Vorsatz Gottes verbunden ist, und wir versagen darin, unserer himmlischen Berufung zu entsprechen.
Es ist offensichtlich, dass der erste große Gegenstand des Evangeliums unsere Errettung ist, und Gott möchte nicht, dass der Gläubige irgendwie in Ungewissheit darüber bleibt; deshalb lesen wir in der Schrift: „. . . der uns errettet hat. . . “ Die gesegnete Wirkung des Todes und der Auferstehung des Herrn Jesus Christus ist, den Glaubenden von dem Gericht zu befreien, das ihn seiner Sünden wegen hätte treffen müssen, und ihn von dem Zeitlauf dieser Welt zu befreien. So lesen wir, dass Er „sich selbst für unsere Sünden gegeben hat, damit er uns herausnehme aus der gegenwärtigen bösen Welt“ (Gal 1,4). Obwohl wir in dieser Zeit tatsächlich in der Welt sind, sind wir doch von ihrer Macht und ihrem Einfluss befreit und moralisch nicht von ihr.
Dies ist der erste Teil des Evangeliums, und die große Masse des Volkes Gottes scheint sich damit begnügen zu wollen. Dennoch verkündet das Evangelium noch weit größere Segnungen, denn es berichtet uns von der Berufung Gottes. Gott hat uns nicht nur errettet, sondern wir lesen, dass Er uns berufen hat mit heiligem Ruf. In dieser Stelle wird unsere Berufung als „heilige Berufung“ bezeichnet; an anderen Stellen wird von ihr als einer „himmlischen Berufung“ (Heb 3,1) und einer „Berufung Gottes nach oben“ (Phil 3,14) gesprochen.
Die Errettung befreit uns von unseren Sünden und von der dem Gericht verfallenen Welt; die Berufung verbindet uns mit dem Himmel und mit all den geistlichen Segnungen, die nach dem Vorsatz Gottes in den himmlischen Örtern in Christo für uns bereitet sind. Deshalb sind die Segnungen der Berufung Gottes „nicht nach unseren Werken“, auch nicht nach unseren Gedanken oder unseren Verdiensten, „sondern nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade“.
Es ist nicht nur so, dass unsere Schuld bezahlt worden ist und dass wir dem Einfluss und der Macht dieser Szene, in der diese Schuld aufgehäuft wurde, befreit worden sind; wir lernen zu unserem großen Staunen und unserer großen Bewunderung, dass nach dem Vorsatz Gottes für solche, die Ihn lieben, Dinge bereitet sind, die „kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, und in keines Menschen Herz aufgekommen ist“ (1Kor 2,9).
In der Berufung Gottes wird uns das Geheimnis Seines Herzens offenbart, wie Er vor unseren Blicken einen unermesslichen Ausblick himmlischer Segnungen enthüllt, und uns versichert, dass all diese Segnungen vor Grundlegung der Welt für uns bereitet worden sind. Wir lernen also, dass Gott einen festen Vorsatz zu unserem ewigen Heil gefasst hatte, lange bevor wir gesündigt hatten oder Schuld aufgehäuft hatten. Weder unsere schlechten Handlungen noch das Versagen der Versammlung in ihrer Verantwortlichkeit kann den Vorsatz Gottes abändern; genauso wenig wie wir ihn durch noch so gute Handlungen hätten herbeiführen können.
Dieser ewige Vorsatz ist jetzt durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus offenbart worden, „der den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium“. Indem Christus in den Tod gegangen ist, hat Er für den Glaubenden das auf diesem ruhende Urteil des Todes auf Sich genommen, und ihm eine neue Szene des Lebens und der Unverweslichkeit eröffnet.
Der Tod kann den Glaubenden nicht länger davon abhalten, diese Szene des Lebens und der Segnungen nach dem Vorsatz Gottes zu betreten. Nicht nur, dass die Seele vom Tod in das Leben übergegangen ist, sondern auch der Leib wird Unverweslichkeit anziehen (1Kor 15,53.54). Durch das Evangelium ist also ein Bereich des Lebens und der Unverweslichkeit ans Licht gebracht worden, der nie mehr durch Tod oder Verwesung verdorben werden kann. In der Kraft des Geistes können wir uns schon jetzt an dieser neuen Szene erfreuen.