Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
Es folgte ihm aber eine große Volksmenge, auch viele Frauen, die um ihn wehklagten und weinten.
Da wandte Jesus sich zu ihnen um und sagte: „Ihr Töchter Jerusalems, weint nicht über mich, weint vielmehr über euch selbst und über eure Kinder!
Denn wisset wohl: es kommen Tage, an denen man sagen wird: ‚Glücklich zu preisen sind die Unfruchtbaren und die Frauen, die nicht Mutter geworden sind und die kein Kind an der Brust genährt haben!‘
Dann wird man anfangen, den Bergen zuzurufen: ‚Fallet auf uns!‘ und den Hügeln: ‚Bedecket uns!‘ (Hos 10,8)
Denn wenn man dies am grünen Holze tut, was wird da erst am dürren geschehen?“
Es wurden aber außerdem noch zwei Verbrecher mit ihm zur Hinrichtung abgeführt.
Maria aber machte sich in jenen Tagen auf und wanderte eilends in das Bergland nach einer Stadt (im Stamme) Juda;
dort trat sie in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth.
Da begab es sich, als Elisabeth den Gruß der Maria vernahm, da bewegte sich das Kind lebhaft in ihrem Leibe; und Elisabeth wurde mit heiligem Geist erfüllt
und brach mit lauter Stimme in die Worte aus: „Gesegnet (oder: gepriesen) bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes!
Doch woher wird mir die Ehre (oder: das Glück) zuteil, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
Denn wisse: als der Klang deines Grußes mir ins Ohr drang, bewegte sich das Kind vor Freude lebhaft in meinem Leibe.
O selig die, welche geglaubt hat, denn die Verheißung, die der Herr ihr gegeben hat, wird in Erfüllung gehen!“
Darauf sprach Maria (vgl. 1.Sam 2,1-10): „Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter (oder: Heiland; Hab 3,18),
weil er die Niedrigkeit seiner Magd angesehen hat! (1.Sam 1,11) Denn siehe: von nun an werden alle Geschlechter mich selig preisen,
weil der Allmächtige Großes an mir getan hat (5.Mose 10,21). Ja, heilig ist sein Name (Ps 111,9),
und sein Erbarmen wird von Geschlecht zu Geschlecht denen zuteil, die ihn fürchten (Ps 103,17).
Er wirkt seine Kraft aus mit seinem Arm, er zerstreut, die da hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn (Ps 89,11)
er stürzt Machthaber von den Thronen und erhöht Niedrige (Ps 147,6; Hiob 5,11);
Hungrige sättigt er mit Gütern und lässt Reiche leer ausgehen (Ps 107,9; 34,11; 1.Sam 2,5.7-8).
Er hat sich Israels angenommen, seines Knechts, um der Barmherzigkeit zu gedenken (Jes 41,8; Ps 98,3),
wie er es unsern Vätern verheißen hat, dem Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit.“ (Mi 7,20; 1.Mose 17,7)
Maria blieb dann etwa drei Monate bei Elisabeth und kehrte hierauf in ihr Haus zurück.
Es war da auch eine Prophetin Hanna, eine Tochter Phanuels aus dem Stamme Asser, die war hochbetagt; nur sieben Jahre hatte sie nach ihrer Mädchenzeit mit ihrem Manne gelebt
und war dann Witwe geblieben bis (zum Alter von) vierundachtzig Jahren. Sie verließ den Tempel nicht und diente Gott mit Fasten und Beten bei Tag und bei Nacht.
Diese trat auch in eben dieser Stunde hinzu, pries Gott und redete von ihm (d.h. von dem Kinde) zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems (oder: Israels) warteten.
Kurze Zeit darauf begab es sich, dass Jesus nach einer Stadt namens Nain wanderte, und mit ihm zogen seine Jünger und eine große Volksschar.
Als er sich nun dem Stadttor näherte, da trug man gerade einen Toten heraus, den einzigen Sohn seiner Mutter, und die war eine Witwe; und eine große Volksmenge aus der Stadt gab ihr das Geleit.
Als der Herr sie sah, ging ihr Unglück ihm zu Herzen, und er sagte zu ihr: „Weine nicht!“
Dann trat er hinzu und fasste die Bahre an; da standen die Träger still, und er sprach: „Jüngling, ich sage dir: stehe auf!“
Da setzte der Tote sich aufrecht hin und fing an zu reden; und Jesus gab ihn seiner Mutter wieder (1.Kön 17,23).
Und siehe, eine Frau, die in der Stadt als Sünderin lebte und erfahren hatte, dass Jesus im Hause des Pharisäers zu Gaste sei, brachte ein Alabasterfläschchen mit Myrrhenöl
und begann, indem sie von hinten an seine Füße herantrat und weinte, seine Füße mit ihren Tränen zu benetzen und sie mit ihrem Haupthaar zu trocknen; dann küsste sie seine Füße und salbte sie mit dem Myrrhenöl.
Als nun der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, dachte er bei sich: „Wenn dieser wirklich ein Prophet wäre, so müsste er wissen, wer und was für eine Frau das ist, die ihn da berührt, dass sie nämlich eine Sünderin ist.“
Da nahm Jesus das Wort und sagte zu ihm: „Simon, ich habe dir etwas zu sagen.“ Jener erwiderte: „Meister, sprich!“
„Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare (= Silberstücke) schuldig, der andere fünfzig;
weil sie aber nicht zurückzahlen konnten, schenkte er beiden die Schuld. Wer von ihnen wird ihn nun am meisten lieben?“
Simon antwortete: „Ich denke der, dem er das meiste geschenkt hat.“ Jesus erwiderte ihm: „Du hast richtig geurteilt.“
Indem er sich dann zu der Frau wandte, sagte er zu Simon: „Siehst du diese Frau hier? Ich bin in dein Haus gekommen: du hast mir kein Wasser für die Füße gegeben, sie aber hat mir die Füße mit ihren Tränen genetzt und sie mit ihrem Haar getrocknet.
Du hast mir keinen Kuss gegeben, sie aber hat, seitdem ich eingetreten bin, mir die Füße unaufhörlich geküsst.
Du hast mir das Haupt nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat mir mit Myrrhenöl die Füße gesalbt.
Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben, denn sie hat viel Liebe erwiesen; wem aber nur wenig vergeben wird, der erweist auch nur wenig Liebe.“
Dann sagte er zu ihr: „Deine Sünden sind (dir) vergeben!“
Da begannen die Tischgenossen bei sich zu denken (oder: untereinander zu sagen): „Wer ist dieser, dass er sogar Sünden vergibt?“
Er aber sagte zu der Frau: „Dein Glaube hat dich gerettet: gehe hin in Frieden!“
In der folgenden Zeit durchwanderte er dann das Land von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf, indem er öffentlich lehrte und die Heilsbotschaft vom Reiche Gottes verkündigte. In seiner Begleitung befanden sich die zwölf Jünger
sowie auch einige Frauen, die er von bösen Geistern und Krankheiten geheilt hatte, z.B. Maria, die Magdalena genannt wurde, aus der sieben böse Geister ausgefahren waren,
ferner Johanna, die Frau des Chuza, eines Verwalters des Herodes, und Susanna und noch viele andere, die ihnen mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln Dienste leisteten.
Als sie dann weiterwanderten, kam er in ein Dorf, und eine Frau namens Martha nahm ihn in ihr Haus auf.
Diese hatte eine Schwester namens Maria, die sich zu den Füßen des Herrn niederließ und seinen Worten zuhörte;
Martha dagegen ließ sich durch vielerlei Dienstleistungen für die Bewirtung in Anspruch nehmen. Nun trat sie zu ihm und sagte: „Herr, machst du dir nichts daraus, dass meine Schwester die Bedienung mir allein überlassen hat? Sage ihr doch, sie möge mir zur Hand gehen!“
Aber der Herr gab ihr zur Antwort: „Martha, Martha! Du machst dir [Sorge und] Unruhe um vielerlei;
aber nur eins ist nötig. Denn Maria hat das gute Teil erwählt: das soll ihr nicht genommen werden.“
Als er so redete, erhob eine Frau aus der Volksmenge ihre Stimme und rief ihm zu: „Selig (zu preisen) ist der Mutterschoß, der dich getragen, und die Brüste, die dich genährt haben!“
Da war gerade eine Frau anwesend, die schon seit achtzehn Jahren einen Geist der Schwäche hatte; sie war zusammengekrümmt und unfähig, sich ordentlich aufzurichten.
Als Jesus sie erblickte, rief er sie herbei und sagte zu ihr: „Frau, du bist von deiner Schwäche befreit!“
Dann legte er ihr die Hände auf, und sie richtete sich augenblicklich gerade empor und pries Gott.
Weil nun der Vorsteher der Synagoge unwillig darüber war, dass Jesus am Sabbat eine Heilung vollzogen hatte, sagte er zu der (versammelten) Menge: „Sechs Tage sind da, an denen man arbeiten soll; an diesen also kommt und lasst euch heilen, aber nicht (gerade) am Sabbattage!“
Der Herr aber antwortete ihm mit den Worten: „Ihr Heuchler (= Scheinheiligen)! Bindet nicht ein jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke?
Diese Frau aber, eine Tochter Abrahams, die der Satan nun schon achtzehn Jahre lang in Fesseln gehalten hat, die sollte von dieser Fessel am Sabbattage nicht befreit werden dürfen?“