Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
Hierauf zog Jesus in Galiläa umher; denn in Judäa wollte er nicht umherziehen, weil die Juden ihm nach dem Leben trachteten;
es stand aber das jüdische Laubhüttenfest nahe bevor.
Darum sagten seine Brüder zu ihm: „Mache dich von hier auf den Weg und begib dich nach Judäa, damit deine Jünger (= Anhänger) auch dort die Werke sehen, die du tust;
denn niemand wirkt doch in der Verborgenheit, wenn er sich in der Öffentlichkeit geltend machen will. Willst du überhaupt solche Tätigkeit ausüben, so zeige dich der Welt öffentlich“ –
nicht einmal seine Brüder nämlich glaubten an ihn.
Da antwortete Jesus ihnen: „Meine Zeit ist noch nicht da; für euch freilich ist die Zeit immer gelegen.
Euch kann die Welt nicht hassen, mich aber hasst sie, weil ich von ihr bezeuge, dass ihr ganzes Tun böse ist.
Geht ihr nur zum Fest hinauf, ich gehe zu diesem Fest nicht hinauf, weil meine Zeit noch nicht erfüllt ist.“
So sprach er zu ihnen und blieb in Galiläa.
Als dann aber seine Brüder zum Fest hinaufgegangen waren, da ging auch er hinauf, jedoch nicht öffentlich, sondern ganz in der Stille.
Die Juden suchten nun während des Festes nach ihm und fragten: „Wo ist er?“
Und unter den Volksscharen war viel Gerede über ihn; die einen sagten: „Er ist ein guter Mann“; andere dagegen behaupteten: „Nein, er ist ein Volksverführer“;
doch niemand redete mit voller Offenheit über ihn aus Furcht vor den Juden.
Als aber die Festwoche schon zur Hälfte vorüber war, ging Jesus zum Tempel hinauf und lehrte.
Da wunderten sich die Juden und sagten: „Wie kommt dieser zur Schriftgelehrsamkeit, obwohl er doch keinen Unterricht in ihr erhalten hat (= nicht studiert hat)?“
Da antwortete ihnen Jesus mit den Worten: „Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat;
wenn jemand dessen Willen tun will, wird er inne werden, ob diese Lehre von Gott stammt oder ob ich von mir selbst aus rede.
Wer von sich selbst aus redet, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig, und bei dem findet sich keine Ungerechtigkeit (= verwerfliche Selbstsucht).
Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und doch erfüllt niemand von euch das Gesetz! Warum sucht ihr mich zu töten?“
Die Volksmenge antwortete: „Du bist von Sinnen! Wer sucht dich denn zu töten?“
Jesus antwortete ihnen: „Ein einziges Werk habe ich (hier in Jerusalem) getan, und ihr seid allesamt verwundert darüber.
Mose hat euch die Beschneidung gegeben – von Mose stammt sie freilich nicht, sondern von den Erzvätern –, und so beschneidet ihr denn einen Menschen (auch) am Sabbat.
Wenn (nun) ein Mensch am Sabbat die Beschneidung empfängt, damit das mosaische Gesetz nicht gebrochen wird: da wollt ihr mir zürnen, weil ich einen ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe?
Urteilt nicht nach dem äußeren Schein, sondern gebt ein gerechtes Urteil ab!“
Deshalb trachteten die Juden ihm um so mehr nach dem Leben, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen eigenen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte.