Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
Da trat Juda an ihn heran und sagte: „Bitte, mein Herr! Lass doch deinen Knecht ein Wort an dich richten, mein Herr, ohne dass dein Zorn gegen deinen Knecht entbrennt, obgleich du so hoch stehst wie der Pharao!
Mein Herr hat vordem seine Knechte gefragt: ‚Habt ihr noch einen Vater oder einen Bruder?‘
Da antworteten wir meinem Herrn: ‚Wir haben noch einen alten Vater und einen noch jungen Bruder, der ihm im Alter geboren ist; dessen rechter Bruder ist tot, und so ist er ihm allein von seiner Mutter übriggeblieben und ist deshalb der Liebling seines Vaters.‘
Da befahlst du deinen Knechten: ‚Bringt ihn zu mir her, ich will ihn mit eigenen Augen zu sehen bekommen!‘
Da antworteten wir meinem Herrn: ‚Der Knabe kann seinen Vater nicht verlassen; denn wenn er seinen Vater verließe, so würde dieser sterben.‘
Aber du antwortetest deinen Knechten: ‚Kommt euer jüngster Bruder nicht mit euch her, so dürft ihr mir nicht wieder vor die Augen treten!‘
Als wir dann zu deinem Knecht, meinem Vater, zurückgekehrt waren, teilten wir ihm die Worte meines Herrn mit;
und als später unser Vater sagte: ‚Zieht wieder hin und kauft uns etwas Getreide!‘,
da antworteten wir: ‚Wir können nicht hinabziehen; nur wenn unser jüngster Bruder uns begleitet, wollen wir hinabziehen; denn wir dürfen uns vor dem Manne nicht sehen lassen, wenn unser jüngster Bruder nicht bei uns ist.‘
Da erwiderte uns dein Knecht, mein Vater: ‚Ihr wisst selbst, dass meine Frau mir nur zwei Söhne geboren hat;
der eine ist von mir weggegangen, und ich musste mir sagen: Sicherlich hat ihn ein Tier zerrissen!, und ich habe ihn bis heute nicht wiedergesehen.
Wenn ihr mir nun auch diesen noch wegnehmt und ihm ein Unglück zustößt, so werdet ihr mein graues Haar mit Jammer in die Unterwelt hinabbringen!‘
Käme ich jetzt also zu deinem Knecht, meinem Vater, heim und der Knabe wäre nicht bei uns, an dem doch sein ganzes Herz hängt,
und müsste er sehen, dass der Knabe nicht da ist, so würde er sterben, und deine Knechte hätten wirklich das graue Haar deines Knechtes, unsers Vaters, mit Herzeleid (42,38) in die Unterwelt hinabgebracht!
Weil nun dein Knecht sich bei meinem Vater für den Knaben verbürgt und gelobt hat: ‚Wenn ich ihn dir nicht zurückbringe, so will ich zeit meines Lebens vor meinem Vater schuldbeladen dastehen!‘,
so lass doch jetzt deinen Knecht anstatt des Knaben als Sklaven meines Herrn hierbleiben, den Knaben aber lass mit seinen Brüdern heimziehen!
Denn wie könnte ich zu meinem Vater zurückkehren, ohne dass der Knabe bei mir wäre? Ich könnte den Jammer nicht mitansehen, der meinen Vater träfe!“