Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
Jakob aber blieb in dem Lande wohnen, in dem sich sein Vater als Fremdling aufgehalten hatte, im Lande Kanaan.
Dies ist die Geschichte Jakobs: Als Joseph siebzehn Jahre alt war, hütete er das Kleinvieh mit seinen Brüdern, und zwar war er als junger Bursche bei den Söhnen der Bilha und Silpa, der Frauen seines Vaters, und was man diesen (d.h. seinen Brüdern) Übles nachsagte, hinterbrachte er ihrem Vater.
Israel hatte aber Joseph lieber als alle seine anderen Söhne, weil er ihm in seinem Alter geboren war; und so ließ er ihm ein langes Ärmelkleid machen.
Als nun seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn lieber hatte als alle seine Brüder, fassten sie einen Hass gegen ihn und gewannen es nicht über sich, ein freundliches Wort mit ihm zu reden.
Einst hatte Joseph einen Traum und teilte ihn seinen Brüdern mit; seitdem hassten sie ihn noch mehr.
Er sagte nämlich zu ihnen: „Hört einmal diesen Traum, den ich gehabt habe!
Wir waren gerade damit beschäftigt, Garben draußen auf dem Felde zu binden, und denkt nur: meine Garbe richtete sich empor und blieb auch aufrecht stehen, eure Garben aber stellten sich rings im Kreise um sie auf und verneigten sich vor meiner Garbe.“
Da sagten seine Brüder zu ihm: „Du möchtest wohl gern König über uns werden oder gar Herrscher über uns sein?“ Seitdem hassten sie ihn noch mehr wegen seiner Träume und wegen seiner Reden.
Ein andermal hatte er wieder einen Traum, den er seinen Brüdern so erzählte: „Hört, ich habe wieder einen Traum gehabt! Denkt nur: die Sonne, der Mond und elf Sterne verneigten sich vor mir!“
Als er das seinem Vater und seinen Brüdern erzählte, schalt ihn sein Vater und sagte zu ihm: „Was ist das für ein Traum, den du da gehabt hast! Meinst du, ich und deine Mutter und deine Brüder sollen kommen und uns vor dir zur Erde verneigen?“
So wurden denn seine Brüder eifersüchtig auf ihn, sein Vater aber behielt das Wort (oder: Vorkommnis) im Gedächtnis.
Als nun seine Brüder einst hingegangen waren, um das Kleinvieh ihres Vaters bei Sichem zu weiden,
sagte Israel zu Joseph: „Du weißt, deine Brüder sind auf der Weide bei Sichem: komm, ich will dich zu ihnen schicken.“ Joseph antwortete ihm: „Ich bin bereit!“
Da sagte er zu ihm: „Gehe doch hin und sieh zu, wie es deinen Brüdern geht und wie es um das Vieh steht, und bringe mir Bescheid!“ So sandte er ihn aus dem Tal von Hebron, und Joseph kam nach Sichem.
Während er nun dort auf dem Felde umherirrte, traf ihn ein Mann; der fragte ihn: „Was suchst du?“
Er antwortete: „Meine Brüder suche ich; sage mir doch, wo sie jetzt weiden!“
Der Mann antwortete: „Sie sind von hier weggezogen; denn ich habe sie sagen hören: ‚Wir wollen nach Dothan gehen.‘“ Da ging Joseph hinter seinen Brüdern her und fand sie bei Dothan.
Als sie ihn nun von weitem sahen, machten sie, ehe er noch in ihre Nähe gekommen war, einen Anschlag auf sein Leben
und sagten zueinander: „Da kommt ja der Träumer her!
Nun wohlan! Wir wollen ihn totschlagen und in eine der Gruben (= Zisternen) werfen und dann sagen, ein wildes Tier habe ihn gefressen; dann werden wir ja sehen, was aus seinen Träumen wird!“
Als Ruben das hörte, suchte er ihn aus ihren Händen zu retten, indem er sagte: „Wir wollen ihn nicht totschlagen!“
Dann sagte Ruben weiter zu ihnen: „Vergießt kein Blut! Werft ihn in die Grube (= Zisterne) dort in der Steppe, aber legt nicht Hand an ihn!“ – er wollte ihn nämlich aus ihrer Hand retten und ihn dann wieder zu seinem Vater bringen.
Sobald nun Joseph bei seinen Brüdern angekommen war, zogen sie ihm seinen Rock aus, das lange Ärmelkleid, das er anhatte,
ergriffen ihn hierauf und warfen ihn in die Grube; die Grube war aber leer, es befand sich kein Wasser darin.
Als sie sich dann niedergesetzt hatten, um zu essen, und in die Ferne schauten, sahen sie eine Karawane (d.h. einen Reisezug) von Ismaelitern, die aus Gilead herkamen und deren Kamele mit Tragakanth, Mastix und Ladanum beladen waren; sie wollten damit nach Ägypten hinabziehen.
Da sagte Juda zu seinen Brüdern: „Welchen Vorteil hätten wir davon, wenn wir unsern Bruder erschlügen und seine Ermordung verheimlichten?
Kommt, wir wollen ihn an die Ismaeliter verkaufen, aber nicht selbst Hand an ihn legen; er ist ja doch unser Bruder, unser Fleisch und Blut!“ Seine Brüder gingen auf den Vorschlag ein.
Als nun die midianitischen Kaufleute vorüberkamen, zogen sie (d.h. die Brüder) Joseph aus der Grube herauf und verkauften ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter; diese brachten Joseph dann nach Ägypten.
Als Ruben nun zu der Grube zurückkehrte und Joseph sich nicht mehr in der Grube befand, da zerriss er seine Kleider,
kehrte zu seinen Brüdern zurück und rief aus: „Der Knabe ist nicht mehr da! Wohin soll ich nun gehen?“
Hierauf nahmen sie Josephs Rock, schlachteten einen Ziegenbock und tauchten den Rock in das Blut;
dann ließen sie das lange Ärmelkleid durch einen Boten ihrem Vater überbringen und ihm sagen: „Dieses haben wir gefunden: sieh doch genau zu, ob es der Rock deines Sohnes ist oder nicht!“
Er sah es genau an und rief aus: „Es ist der Rock meines Sohnes! Ein wildes Tier hat ihn gefressen! Ja, ja, Joseph ist zerfleischt worden!“
Und Jakob zerriss seine Kleider, legte ein härenes Gewand (= Trauergewand) um seine Hüften und trauerte um seinen Sohn lange Zeit.
Alle seine Söhne und alle seine Töchter bemühten sich zwar, ihn zu trösten, aber er wies jeden Trost zurück und sagte: „Nein, im Trauerkleid will ich zu meinem Sohn in die Unterwelt hinabfahren!“ So beweinte ihn sein Vater.
Die Midianiter aber verkauften Joseph nach Ägypten an Potiphar, einen Hofbeamten des Pharaos, den Obersten der Leibwächter (eig. der Scharfrichter).
Du selber sollst über mein Haus gesetzt sein, und deinen Befehlen soll mein ganzes Volk sich fügen; nur den Besitz des Thrones will ich vor dir voraushaben.“
Außerdem ließ er ihn auf seinem zweiten Staatswagen fahren, und man rief vor ihm her aus: „Abrek!“ So setzte er ihn über das ganze Land Ägypten.
Als nun Jakob erfuhr, dass in Ägypten Getreide zu haben sei, sagte er zu seinen Söhnen: „Was seht ihr euch lange an?“
Dann fuhr er fort: „Wisset wohl: ich habe gehört, dass in Ägypten Getreide zu haben ist; zieht hinab und kauft uns dort Getreide, damit wir zu leben haben und nicht verhungern!“
So machten sich denn zehn von den Brüdern Josephs auf den Weg, um Getreide in Ägypten zu kaufen;
Nun war Joseph der Gebieter im Lande; er war es, der allem Volk im Lande (oder: der ganzen Bevölkerung der Erde) das Getreide verkaufte. Als nun die Brüder Josephs zu ihm kamen, verneigten sie sich vor ihm mit dem Angesicht bis zur Erde.
Sobald Joseph seine Brüder sah, erkannte er sie, gab sich ihnen aber nicht zu erkennen, sondern redete sie hart an und fragte sie: „Woher seid ihr gekommen?“ Sie antworteten: „Aus dem Lande Kanaan, um Lebensmittel zu kaufen.“
Wiewohl Joseph nun seine Brüder erkannt hatte, erkannten sie ihn doch nicht.
Da musste Joseph an die Träume denken, die er einst in Bezug auf sie geträumt hatte, und er sagte zu ihnen: „Kundschafter seid ihr! Ihr seid nur hergekommen, um zu erspähen, wo das Land offen steht!“
Sie antworteten ihm: „O nein, Herr! Deine Knechte sind gekommen, um Lebensmittel zu kaufen.
Wir alle sind Söhne eines Mannes, ehrliche Leute sind wir, deine Knechte sind keine Kundschafter!“
Doch er antwortete ihnen: „Nein, sondern ihr seid hergekommen, um zu erkunden, wo das Land offen steht!“
Sie erwiderten: „Wir, deine Knechte, sind zwölf Brüder, die Söhne eines Mannes im Lande Kanaan; der jüngste ist allerdings augenblicklich bei unserm Vater, und der eine ist nicht mehr da.“
Aber Joseph entgegnete ihnen: „Es ist doch so, wie ich euch gesagt habe: ihr seid Kundschafter!
Daran sollt ihr geprüft werden: Beim Leben des Pharaos: ihr sollt von hier nicht weggehen, wenn euer jüngster Bruder nicht hierher kommt.
Schickt einen von euch hin, dass er euren Bruder hole! Ihr anderen aber bleibt so lange gefangen, bis eure Aussagen geprüft sind, ob ihr mit der Wahrheit umgeht oder nicht! So wahr der Pharao lebt: ihr seid Kundschafter!“
Hierauf ließ er sie beisammen drei Tage lang in Gewahrsam nehmen.
sagten aber einer zum andern: „Wahrlich, das haben wir an unserm Bruder verschuldet! Denn wir sahen seine Seelenangst, als er uns anflehte, aber wir hörten nicht auf ihn; deshalb ist jetzt dieses Unglück über uns gekommen!“
Dann gab Joseph Befehl, man solle ihre Säcke mit Getreide füllen, ihr Geld aber einem jeden wieder in seinen Sack legen und ihnen auch Zehrung für den Weg mitgeben. Als das geschehen war,
Da erwiderte ihnen ihr Vater Israel: „Wenn es denn sein muss, so macht es folgendermaßen: Nehmt von den besten Erzeugnissen des Landes etwas in euren Säcken mit und überbringt es dem Manne als Geschenk: etwas Mastixbalsam und etwas Honig, Gewürzkräuter und Ladanum, Pistaziennüsse und Mandeln!
Außerdem nehmt an Geld den doppelten Betrag mit! Denn auch das Geld, das sich oben in euren Säcken wiedergefunden hat, müsst ihr wieder mit euch nehmen: vielleicht liegt ein Versehen vor.
Auch euren Bruder nehmt mit und macht euch auf den Weg und zieht wieder hin zu dem Manne!
Der allmächtige Gott aber lasse euch Erbarmen bei dem Manne finden, dass er euren andern Bruder wieder mit euch ziehen lässt und auch Benjamin! Ich aber – wie ich einstmals kinderlos gewesen bin, so habe ich auch jetzt wieder keine Kinder!“
Hierauf befahl er (Joseph) seinem Hausverwalter: „Fülle den Männern ihre Säcke mit Getreide, soviel sie fortschaffen können, und lege einem jeden sein Geld (wieder) oben in seinen Sack!
Meinen Becher aber, den silbernen Becher, sollst du dem Jüngsten oben in seinen Sack legen samt dem Gelde für sein Getreide!“ Jener tat nach dem von Joseph ihm erteilten Befehl.
Am andern Morgen, als es hell wurde, ließ man die Männer mit ihren Eseln ziehen.
Als sie aber kaum zur Stadt hinausgezogen und noch nicht weit gekommen waren, befahl Joseph seinem Hausverwalter: „Auf! Eile den Männern nach! Und hast du sie eingeholt, so sage zu ihnen: ‚Warum habt ihr Gutes mit Bösem vergolten?
Warum habt ihr den silbernen Becher gestohlen? Es ist gerade der Becher, aus dem mein Herr trinkt und mittels dessen er auch wahrzusagen pflegt. Ihr habt da schlecht gehandelt!‘“
Als er sie nun eingeholt hatte, sagte er diese Worte zu ihnen.
Da antworteten sie ihm: „O Herr, wie kannst du so etwas sagen? Es liegt deinen Knechten fern, so etwas zu tun!
Wir haben dir ja doch auch das Geld, das wir oben in unsern Säcken gefunden hatten, aus dem Lande Kanaan zurückgebracht: wie sollten wir da jetzt aus dem Hause deines Herrn Silber oder Gold gestohlen haben?
Bei wem von deinen Knechten (der Becher) gefunden wird, der soll sterben, und auch wir anderen wollen Sklaven meines Herrn werden!“
Er antwortete: „Gut! Es sei, wie ihr gesagt habt: bei wem er gefunden wird, der soll mein Sklave sein; ihr anderen aber sollt frei ausgehen!“
Da setzten sie jeder seinen Sack schnell auf die Erde nieder, und jeder öffnete seinen Sack.
Er aber fing an zu suchen; beim Ältesten fing er an, und beim Jüngsten hörte er auf: da fand sich der Becher im Sack Benjamins.
Da zerrissen sie ihre Kleider; ein jeder belud seinen Esel wieder, und sie kehrten in die Stadt zurück.
Als nun Juda und seine Brüder in das Haus Josephs gekommen waren – dieser war aber dort noch anwesend –, warfen sie sich vor ihm auf die Erde nieder.
Da sagte Joseph zu ihnen: „Was für eine Tat habt ihr da begangen! Wusstet ihr nicht, dass ein Mann wie ich sich auf Zeichendeutung versteht?“
Da antwortete Juda: „Was sollen wir zu meinem (oder: unserm) Herrn sagen? Was sollen wir reden und wie uns rechtfertigen? Gott hat die Schuld deiner Knechte ans Licht gebracht: wir (alle) gehören jetzt meinem Herrn als Sklaven, wir ebensogut wie der, in dessen Besitz der Becher gefunden worden ist.“
Joseph aber antwortete: „Fern sei es von mir, so zu verfahren! Nur der, in dessen Besitz der Becher sich gefunden hat, soll mein Sklave werden; ihr anderen aber mögt ungehindert zu eurem Vater zurückkehren!“
Da trat Juda an ihn heran und sagte: „Bitte, mein Herr! Lass doch deinen Knecht ein Wort an dich richten, mein Herr, ohne dass dein Zorn gegen deinen Knecht entbrennt, obgleich du so hoch stehst wie der Pharao!
Mein Herr hat vordem seine Knechte gefragt: ‚Habt ihr noch einen Vater oder einen Bruder?‘
Da antworteten wir meinem Herrn: ‚Wir haben noch einen alten Vater und einen noch jungen Bruder, der ihm im Alter geboren ist; dessen rechter Bruder ist tot, und so ist er ihm allein von seiner Mutter übriggeblieben und ist deshalb der Liebling seines Vaters.‘
Da befahlst du deinen Knechten: ‚Bringt ihn zu mir her, ich will ihn mit eigenen Augen zu sehen bekommen!‘
Da antworteten wir meinem Herrn: ‚Der Knabe kann seinen Vater nicht verlassen; denn wenn er seinen Vater verließe, so würde dieser sterben.‘
Aber du antwortetest deinen Knechten: ‚Kommt euer jüngster Bruder nicht mit euch her, so dürft ihr mir nicht wieder vor die Augen treten!‘
Als wir dann zu deinem Knecht, meinem Vater, zurückgekehrt waren, teilten wir ihm die Worte meines Herrn mit;
und als später unser Vater sagte: ‚Zieht wieder hin und kauft uns etwas Getreide!‘,
da antworteten wir: ‚Wir können nicht hinabziehen; nur wenn unser jüngster Bruder uns begleitet, wollen wir hinabziehen; denn wir dürfen uns vor dem Manne nicht sehen lassen, wenn unser jüngster Bruder nicht bei uns ist.‘
Da erwiderte uns dein Knecht, mein Vater: ‚Ihr wisst selbst, dass meine Frau mir nur zwei Söhne geboren hat;
der eine ist von mir weggegangen, und ich musste mir sagen: Sicherlich hat ihn ein Tier zerrissen!, und ich habe ihn bis heute nicht wiedergesehen.
Wenn ihr mir nun auch diesen noch wegnehmt und ihm ein Unglück zustößt, so werdet ihr mein graues Haar mit Jammer in die Unterwelt hinabbringen!‘
Käme ich jetzt also zu deinem Knecht, meinem Vater, heim und der Knabe wäre nicht bei uns, an dem doch sein ganzes Herz hängt,
und müsste er sehen, dass der Knabe nicht da ist, so würde er sterben, und deine Knechte hätten wirklich das graue Haar deines Knechtes, unsers Vaters, mit Herzeleid (42,38) in die Unterwelt hinabgebracht!
Weil nun dein Knecht sich bei meinem Vater für den Knaben verbürgt und gelobt hat: ‚Wenn ich ihn dir nicht zurückbringe, so will ich zeit meines Lebens vor meinem Vater schuldbeladen dastehen!‘,
so lass doch jetzt deinen Knecht anstatt des Knaben als Sklaven meines Herrn hierbleiben, den Knaben aber lass mit seinen Brüdern heimziehen!
Denn wie könnte ich zu meinem Vater zurückkehren, ohne dass der Knabe bei mir wäre? Ich könnte den Jammer nicht mitansehen, der meinen Vater träfe!“
Da antwortete Juda: „Was sollen wir zu meinem (oder: unserm) Herrn sagen? Was sollen wir reden und wie uns rechtfertigen? Gott hat die Schuld deiner Knechte ans Licht gebracht: wir (alle) gehören jetzt meinem Herrn als Sklaven, wir ebensogut wie der, in dessen Besitz der Becher gefunden worden ist.“
Von David; ein Lehrgedicht (oder: eine Unterweisung, eine Betrachtung). Wohl dem (vgl. 1,1), dessen Missetat vergeben und dessen Sünde zugedeckt (= gesühnt) ist!
Wohl dem Menschen, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet und in dessen Geist kein Trug (oder: Falsch) wohnt!
Solange ich Schweigen übte, verzehrte sich mein Leib, weil es unaufhörlich in mir schrie;
denn bei Tag und bei Nacht lag schwer auf mir deine Hand: mein Lebenssaft verdorrte wie durch Sommergluten. SELA.
Da bekannte ich dir meine Sünde und verhehlte meine Verschuldung nicht; ich sagte: „Bekennen will ich dem HERRN meine Missetaten!“ Da hast du mir meine Sündenschuld vergeben. SELA.
Darum möge jeder Fromme zu dir beten, solange du dich finden lässt; wenn dann gewaltige Fluten daherstürzen – ihn werden sie nicht erreichen.
Du bist mir ein Schirm, bewahrst mich vor Unheil: mit Rettungsjubel wirst du mich umgeben. SELA.
„Ich will dich unterweisen und dich lehren den Weg, den du wandeln sollst; ich will dich beraten, mein Auge auf dich richten.
Seid nicht dem Ross, dem Maultier gleich, die keinen Verstand besitzen; mit Zaum und Gebiss musst du brechen ihren Trotz, sonst kommen sie nicht zu dir.“
Zahlreich sind die Leiden des Gottlosen; doch wer auf den HERRN vertraut, den wird er mit Gnade umgeben.
Freuet euch des HERRN und frohlockt, ihr Gerechten, und jubelt, ihr redlich Gesinnten alle!
Da vermochte Joseph nicht länger an sich zu halten vor allen, die um ihn her standen, sondern er rief aus: „Lasst jedermann von mir weg hinausgehen!“ So war denn niemand zugegen, als Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gab.
Er brach aber in ein so lautes Weinen aus, dass die Ägypter es hörten und auch das Haus des Pharaos Kunde davon erhielt.
Joseph sagte aber zu seinen Brüdern: „Ich bin Joseph! Lebt mein Vater noch?“ Seine Brüder vermochten aber nicht, ihm zu antworten: so bestürzt standen sie vor ihm.
Da sagte er zu seinen Brüdern: „Tretet doch nahe an mich heran!“ Als sie nun näher getreten waren, sagte er: „Ich bin euer Bruder Joseph, den ihr nach Ägypten verkauft habt!
Nun beunruhigt euch aber nicht und macht euch keine Vorwürfe darüber, dass ihr mich hierher verkauft habt! Denn um uns alle am Leben zu erhalten, hat Gott mich euch vorausgesandt.“
„Denn jetzt herrscht die Hungersnot erst zwei Jahre im Lande, und fünf Jahre stehen noch bevor, in denen kein Pflügen und kein Ernten stattfinden wird.
Darum hat Gott mich euch vorausgesandt, um das Fortbestehen eures Geschlechts auf Erden zu sichern und um euch, eine große Schar von Erretteten, am Leben zu erhalten.
So habt also nicht ihr mich hierher gebracht, sondern Gott; der hat mich dem Pharao zum Vater (= vertrauten Berater) gemacht und zum Herrn über sein ganzes Haus und zum Gebieter im ganzen Lande Ägypten.
Zieht nun eilends zu meinem Vater hinauf und meldet ihm: ‚So lässt dir dein Sohn Joseph sagen: Gott hat mich zum Gebieter von ganz Ägypten gemacht: komm zu mir herab, säume nicht!
Du sollst im Lande Gosen wohnen und in meiner Nähe sein, du, deine Kinder und Kindeskinder samt deinem Kleinvieh und deinen Rindern und deinem ganzen Hab und Gut.
Ich will dich daselbst versorgen, denn noch fünf Jahre wird die Hungersnot dauern, damit du nicht verarmst (oder: im Elend verkommst), du und dein Haus und alles, was du besitzest.‘
Ihr seht es ja mit eigenen Augen, und auch mein Bruder Benjamin sieht es mit eigenen Augen, dass ich persönlich es bin, der zu euch redet.
Berichtet also meinem Vater alle die hohen Ehren, die ich in Ägypten habe, und alles, was ihr gesehen habt, und bringt meinen Vater eilends hierher!“
Darauf fiel er seinem Bruder Benjamin um den Hals und weinte, und auch Benjamin weinte an seinem Halse;
dann küsste er alle seine Brüder und umarmte sie unter Tränen; nun erst vermochten auch seine Brüder mit ihm zu reden.
Als nun die Kunde von der Ankunft der Brüder Josephs in den Palast des Pharaos drang, war sie dem Pharao und seinen Dienern angenehm.
Daher sagte der Pharao zu Joseph: „Sage deinen Brüdern: ‚Tut also: beladet eure Lasttiere und zieht heim ins Land Kanaan,
holt euren Vater und eure Familien und kommt zu mir! Ich will euch den besten Teil des Landes Ägypten geben, damit ihr das Fett (= die vorzüglichsten Erzeugnisse) des Landes genießen könnt.‘
Du bist ermächtigt (ihnen zu sagen): ‚Tut also: nehmt euch aus Ägypten Wagen mit für eure Kinder und Frauen, lasst auch euren Vater aufsteigen und kommt hierher!
Lasst es euch um euren Hausrat nicht leid sein! Denn das Beste vom ganzen Land Ägypten soll euch zuteil werden.‘“
So taten denn die Söhne Israels also, und Joseph gab ihnen Wagen nach dem Befehl des Pharaos und außerdem Zehrung für die Reise.
Ihnen allen schenkte er, einem jeden, einen Festtagsanzug; dem Benjamin aber schenkte er dreihundert Silberstücke und fünf Festtagsanzüge.
Seinem Vater aber sandte er dementsprechend: zehn Esel, die mit den besten Erzeugnissen Ägyptens beladen waren, und zehn Eselinnen, die Getreide, Brot und Reisekost für seinen Vater trugen.
Alsdann entließ er seine Brüder, und sie zogen ab, nachdem er sie noch ermahnt hatte: „Erzürnt (oder: zankt) euch nicht unterwegs!“
So zogen sie denn aus Ägypten ab und kamen ins Land Kanaan zu ihrem Vater Jakob,
dem sie berichteten: „Joseph lebt noch und ist Gebieter über das ganze Land Ägypten!“ Aber sein Herz blieb kalt dabei, denn er glaubte ihnen nicht.
Als sie ihm aber alles erzählten, was Joseph ihnen aufgetragen hatte, und als er die Wagen sah, die Joseph geschickt hatte, um ihn zu holen, da kam wieder Leben in den Geist ihres Vaters Jakob,
so dass er ausrief: „Genug! Mein Sohn Joseph lebt noch! Ich will hinziehen und ihn noch einmal sehen, ehe ich sterbe!“
Da sagte er zu seinen Brüdern: „Tretet doch nahe an mich heran!“ Als sie nun näher getreten waren, sagte er: „Ich bin euer Bruder Joseph, den ihr nach Ägypten verkauft habt!
Als nun die Brüder Josephs sahen, dass ihr Vater tot war, sagten sie: „Wie nun, wenn Joseph feindselig gegen uns aufträte und uns all das Böse vergälte, das wir ihm zugefügt haben?“
Darum sandten sie zu Joseph und ließen ihm sagen: „Dein Vater hat uns vor seinem Tode folgende Weisung gegeben:
‚So sollt ihr zu Joseph sagen: Ach bitte, vergib doch deinen Brüdern ihr Vergehen und ihre Verschuldung, dass sie so übel an dir gehandelt haben!‘ So vergib uns nun doch unser Vergehen; wir sind ja doch auch Knechte (= Verehrer) des Gottes deines Vaters!“ Da weinte Joseph, als sie ihm das sagen ließen.