Hat der Mensch nicht einen harten Dienst {O. eine Dienstzeit (eig. Kriegsdienst; dann auch: mühseliges Leben).} auf der Erde, und sind seine Tage nicht wie die Tage eines Tagelöhners?
Wie ein Knecht, der sich nach dem Schatten sehnt, und wie ein Tagelöhner, der auf seinen Lohn harrt,
so sind mir zuteilgeworden Monate der Nichtigkeit {O. Täuschung.} und Nächte der Mühsal mir zugezählt.
Wenn ich mich niederlege, so spreche ich: Wann werde ich aufstehen? Und der Abend dehnt sich, und ich werde des Umherwerfens satt bis zur Dämmerung.
Mein Fleisch ist bekleidet mit Gewürm und Staubkrusten, meine Haut zieht sich zusammen und eitert.
Meine Tage gleiten schneller dahin als ein Weberschiffchen und schwinden ohne Hoffnung.
Gedenke, dass mein Leben ein Hauch ist! Nicht wird mein Auge das Glück wieder sehen.
Nicht mehr wird mich schauen das Auge des mich Sehenden; richtest du deine Augen auf mich, so bin ich nicht mehr.
Die Wolke schwindet und fährt dahin; so steigt, wer in den Scheol hinabfährt, nicht wieder herauf.
Nicht mehr kehrt er zurück zu seinem Haus, und seine Stätte erkennt ihn nicht mehr.
So will auch ich meinen Mund nicht zurückhalten, will reden in der Bedrängnis meines Geistes, will klagen in der Bitterkeit meiner Seele.
Bin ich ein Meer oder ein Seeungeheuer, dass du eine Wache gegen mich aufstellst?
Wenn ich sage: Trösten wird mich mein Bett, mein Lager wird tragen helfen meine Klage,
so erschreckst du mich mit Träumen, und durch Gesichte ängstigst du mich,
so dass meine Seele Erstickung vorzieht, den Tod lieber wählt als meine Gebeine {D. h. wahrsch.: meinen zum Skelett abgemagerten Leib.}.
Ich verachte es – nicht ewig werde ich ja leben: Lass ab von mir, denn ein Hauch sind meine Tage!
Was ist der Mensch, dass du ihn hochhältst und dass du dein Herz {O. deinen Sinn.} auf ihn richtest
und alle Morgen ihn heimsuchst {O. dich um ihn kümmerst.}, alle Augenblicke ihn prüfst?
Wie lange willst du nicht von mir wegblicken, nicht von mir ablassen, bis ich meinen Speichel verschlucke?
Habe ich gesündigt, was tat ich dir an, du Beobachter der Menschen? Warum hast du mich dir zum Angriffspunkt gesetzt, dass ich mir selbst zur Last geworden bin?
Und warum vergibst du nicht meine Übertretung und lässt nicht vorübergehen meine Ungerechtigkeit {O. Schuld.}? Denn nun werde ich mich in den Staub legen, und suchst du nach mir, so bin ich nicht mehr.
Querverweise zu Hiob 7,4 Hiob 7,4
Wenn ich sage: Trösten wird mich mein Bett, mein Lager wird tragen helfen meine Klage,
Wie ein Schatten, wenn er sich streckt, gehe ich dahin, werde weggescheucht wie die Heuschrecke.
so erschreckst du mich mit Träumen, und durch Gesichte ängstigst du mich,
Du Elende, Sturmbewegte, Ungetröstete! Siehe, ich lege deine Steine in Bleiglanz {Eig. Stibium, womit die orientalischen Frauen ihre Augenlider schwarz färbten, um den Glanz der Augen zu erhöhen (hier als Mörtel gedacht).} und gründe dich mit Saphiren;
Die Nacht machen sie {D. h. die Freunde Hiobs.} zum Tag, das Licht soll näher sein als die Finsternis.
Die Nacht durchbohrt meine Gebeine und löst sie von mir ab, und die an mir nagenden Schmerzen ruhen nicht.
Am Morgen wirst du sagen: „Wäre es doch Abend!“, und am Abend wirst du sagen: „Wäre es doch Morgen!“, wegen der Furcht deines Herzens, womit du dich fürchten wirst, und wegen des Anblicks deiner Augen, den du erblicken wirst.
Müde bin ich durch mein Seufzen; jede Nacht schwemme ich mein Bett, lasse durch meine Tränen mein Lager zerfließen.
Du hieltest meine Augenlider offen; ich war voller Unruhe und redete nicht.
Meine Seele harrt auf den Herrn, mehr als die Wächter auf den Morgen, die Wächter auf den Morgen.