Jemand mag nun einwenden: „Aber ich habe so schwer geirrt. Ich weiß nicht, wie ich mich einem so heiligen Gott nähern soll, nachdem ich Ihn so entehrt habe.“ Sei gewiss, dass Gott jedem, der zur Umkehr bereit ist, ein Gebet in den Mund legen und damit jeder bußfertigen Seele seine Bereitschaft versichern wird, sein Gebet zu erhören:
Hos 14,3: Nehmt Worte mit euch und kehrt um zu dem HERRN; sprecht zu ihm: Vergib alle Ungerechtigkeit und nimm an, was gut ist, dass wir die Frucht unserer Lippen als Schlachtopfer darbringen.
Dieses von Gott verfasste Gebet verdient eine sorgfältige Betrachtung. Lasst uns deshalb eine Aussage nach der anderen in der Gegenwart des Herrn erwägen. „Vergib alle Ungerechtigkeit und nimm an, was gut ist {nimm uns in Gnade an}“ – so ruft der zur Umkehr bereite Mensch. Nachdem diese Dinge so lange geleugnet wurden, bis das Gewissen fast abgestumpft war, hat das Licht Gottes nun doch deutlich gemacht, wie sie in Wirklichkeit sind. Was folgt, ist eine Abscheu vor der Eigenwilligkeit, die so lange Zeit als etwas Geringfügiges abgetan wurde. Auf die Gleichgültigkeit folgen tiefe Übungen. „Vergib alle Ungerechtigkeit“ – das ist nun die Sehnsucht der Seele. Denn sobald jemand in die Gegenwart Gottes kommt, wird ihm die Sünde hassenswert. Es entsteht ein Bedürfnis nach Gnade. Daher der Ausruf: „Nimm uns in Gnade an.“ Welch eine Gnade, dass wir zu dem „Gott aller Gnade“ kommen dürfen!
Es kann keine Wiederherstellung geben, solange auch nur irgendeine Sünde als eine Kleinigkeit abgetan wird. Aber in dem Augenblick, in dem ein volles Bekenntnis abgelegt wird und man sich aufrichtig von aller Ungerechtigkeit abwendet, sichert uns das Wort Gottes unmittelbare Vergebung zu: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1Joh 1,9). Das ist der Grundsatz, der sowohl für einen verlorenen Sünder gilt, der Erlösung sucht, als auch für einen irrenden Gläubigen, der wünscht, in seiner Seele wiederhergestellt zu werden. Eine verurteilte Sünde ist eine getilgte Sünde. Nun kann sich die Seele von neuem an der Gemeinschaft erfreuen, die von dem Augenblick an unterbrochen war, als das Böse vom Gewissen zugelassen wurde. Aufgrund dieses Wissens – eines Wissens, das nicht auf Gefühlen, sondern auf dem Zeugnis der Heiligen Schrift beruht – entstehen in dem Herzen wieder Lobpreis und Anbetung, so „dass wir die Frucht unserer Lippen als Schlachtopfer darbringen“.
Nur dann, wenn unser Leben in den richtigen Bahnen verläuft und das Gewissen rein von Verunreinigungen ist, können wir Gott in Geist und Wahrheit anbeten. Nur dann kann der glückliche Gläubige seinen dankerfüllten Lobpreis ungehindert vor Gott ausschütten. Nur dann wird seine Anbetung wie Weihrauch aus einem Herzen aufsteigen, dem Christus alles bedeutet. In diesen Zustand wird auch Israel kommen, wenn es nach seiner züchtigenden Wanderschaft wieder in sein Land zurückgekehrt sein wird. Dann wird es sich in der Gegenwart dessen freuen, der in ihrer Mitte wohnen wird. Doch zuvor wird Israel durch den Geist des Gerichts von allem gereinigt werden, was es an dem vollen Dank für die Gnade Gottes gehindert hat.